«Wir profitieren von viel Erfahrung»

Spitex-Anbieterin Acura hatte um die Gunst der Gemeinden geworben und ist von der Bildfläche verschwunden. Simone Benne, Geschäftsleiterin der Spitex Thierstein-Dorn­eckberg, erklärt auf Anfrage, warum sich ihre Organisation im Konkurrenzkampf durch­setzen konnte.

Simone Benne: Geschäftsleiterin Spitex Thierstein- Dorneckberg
Simone Benne: Geschäftsleiterin Spitex Thierstein- Dorneckberg

«Wochenblatt»: Die Acura hatte der Spitex Thierstein- Dorneckberg das Leben schwer ge- macht. Es wurde mit harten Banda- gen gekämpft. Die Gemeinden waren hin- und hergerissen. Die Vorstellung, Konkurrenz belebt das Geschäft, war sehr verlockend. Jetzt ist die Acura in Liquidation. Warum war das Alte besser als das Neue? 
Simone Benne: Die Verantwortlichen der Acura wollten mir damals erklären, wie eine Spitex-Organisation zu führen sei. Ich habe immer gesagt, dass man eine solche komplexe Organisation nicht einfach aus dem Ärmel schütteln kann. Es braucht Erfahrung und ein gutes Netzwerk, es braucht anständige Anstellungsbedingungen, Bescheidenheit und Ehrlichkeit. Das Acura-Management konnte sich gut verkaufen. Es wollte sich ein Stück vom Kuchen abschneiden und etwas verdienen. Warum sonst ist die Acura in die Gegend gekommen? Für mich war das alles durchschaubar. Viel Schein, aber nichts dahinter. Diese Rechnung kann nicht aufgehen. Es gibt sicher kleinere Organisationen, welche in der Region Pflege, respektive Betreuung anbieten. Ich würde dies nicht als Konkurrenz ansehen. Die Spitex Seeblick war eine Zeit lang auch in der Region aktiv. Sie kam jedoch in die Schlagzeilen wegen mangelhafter Arbeitsbedingungen sowie falscher Abrechnungen gegenüber der Krankenkasse. Die Aurca war im «Wochenblatt» unter der Publikation Spitex und Pro Senectute immer noch aufgeführt, obwohl es keine Leistungsverträge mehr mit der Acura gibt. Denn sie befindet sich in Liquidation.

Sind nun wieder alle Gemeinden zurück bei der Spitex Thierstein-Dorneckberg? 
Die Acura hatte die Aufträge von Erschwil und Himmelried per Ende 2019 der Firma Vitassist übergeben. Dies ist eine Organisation aus Lenzburg, die auch eine Zweigstelle in Basel hat. Von den Gemeinden Erschwil und Himmelried wurden wir nicht kontaktiert. Ich gehe davon aus, dass Vitassist die Pflege übernimmt. Ob die Organisation allen Anforderungen genügt, sei dahingestellt. Wir haben weiterhin Klienten in Erschwil und Himmelried. Mit Grindel haben wir seit Anfang dieses Jahres wieder einen Leistungsvertrag – wie mit den restlichen Gemeinden.

Acura hatte mit einem wachsenden Markt gerechnet. Was sagen Sie zur Entwicklung der Fallzahlen? 
Wir stellen seit mehreren Jahren insgesamt eine erhöhte Nachfrage nach Spitex-Leistungen fest. Dies führe ich einerseits auf die älter werdende Bevölkerung zurück (ca. 60 Prozent unserer Klientel ist über 80 Jahre alt) und andererseits auf die teilweise sehr frühe Entlassung nach Hause nach einem Spitalaufenthalt. Teilweise ist nach einem kurzen Aufenthalt zu Hause (kurz heisst ein paar Stunden bis wenige Tage) gleich wieder eine ­Spitaleinweisung nötig. In Büsserach leisten wir seit ein paar Jahren am meisten Stunden. 

Was bedeutet dies finanziell für die Gemeinden? 
Seit 2019 können wir in den Gemeinden, mit denen wir keinen Leistungsvertrag haben, einen reduzierten Betrag über die Clearingstelle des Kantons abrechnen.  Durch verschiedene Massnahmen konnten wir die Beiträge der Gemeinden in den letzten fünf Jahren stetig senken. Im Jahr 2019 haben wir die Gemeindebeiträge nachträglich um 30 Prozent reduziert, da wir so gut gearbeitet haben. Dies war ausserordentlich. Wir sind gut organisiert, haben eine langjährige Erfahrung in unserem Gebiet, sind gut vernetzt, ­finanziell und personell stabil.

Dann zahlte sich für die Einwohner­gemeinde die Treue aus? 

Ja, auf jeden Fall. Acura hatte uns damals vorgeworfen, wir hätten ein Monopol. Letztlich hat es für die Gemeinden und die hilfsbedürftigen Personen viele Vorteile, wenn eine erfahrene Organisation in diesem weitläufigen Gebiet zuständig ist. Die Menge machts. Wir können die Touren so planen, dass die Anfahrtswege kurz sind. Die Fixkosten fallen bei einer hohen Anzahl Leistungsstunden nicht ins Gewicht. Das Leistungsangebot ist attraktiv. Spezialleistungen wie Palliative Care, Psychiatrie-Spitex sowie das Wundmanagement durch eine Wundexpertin gehören seit vielen Jahren zu unserem Standard. Einwohner, die solche Hilfe benötigen, müssen nicht hin und her telefonieren, um dann vielleicht trotzdem keine Hilfe zu erhalten. Sie erhalten sie von uns, und zwar ohne Wartezeit. Diese Leistungen sind für die Gemeinden bezahlbar, weil unsere Organisation eine gewisse Grösse hat. 

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