Milde Lüfte tragen Zugvögel südwärts

Wie jedes Jahr versammelten sich am vergangenen Sonntag Familien, Ornithologen und Vogelfreunde auf dem Gupf, um die vorbeifliegenden Zugvögel zu beobachten und zu zählen. Ringeltauben, Stare, Buchfinken und viele andere machten sich auf die lange Reise.

Wo ist der Turmfalke?: Naturfreunde beim Beobachten der in den Süden ziehenden Vögel. Foto: Jürg Jeanloz
Wo ist der Turmfalke?: Naturfreunde beim Beobachten der in den Süden ziehenden Vögel. Foto: Jürg Jeanloz

Acht Waldkäuze waren zu hören, als Theo Walser, Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins Erschwil, bei Sonnenaufgang den Gupf erklomm. Fast unheimlich ertönte ihr lang gezogenes «Huhuhu», mit welchem sie ihr Revier abstecken und verteidigen. Zu hören waren auch der Zaunkönig und der Grünspecht, ein Zeichen, dass auf dem Gupf die Natur noch im Gleichgewicht ist.

Angenehmes Flugwetter

«Wir haben gutes Flugwetter», erklärte Walser, der mit seinem Feldstecher immer wieder den Himmel absuchte, um Vögel zu erkennen. Eindrucksvolle Wolken hingen über dem Land, es blies ein angenehm warmer Wind. Damit flogen die Vögel wesentlich tiefer als bei Sonnenschein und sie nutzten den Wind, um mühelos nach Süden zu kommen. Besonders die Mäusebussarde und Rotmilane kreisten über dem Gupf und boten ein fesselndes Spektakel. Aber auch die Gäste freuten sich über die günstigen Verhältnisse, auch wenn einmal ein paar Tropfen fielen. Immer wieder liessen sich Vögel auf den umliegenden Grasflächen nieder, um nach Nahrung zu suchen und sich kurz zu erholen. Paul Walser konnte mit seinem Standfernrohr eine gelbe Schafsstelze erkennen, die auf dem Feld gemütlich nach Insekten pickte. Die Schafsstelze mit ihrem wippenden Schwanz ist ein Bodenbrüter und hat es in der Schweiz wegen der Überbauung besonders schwer.

Strichliste

Der Schreibende staunt immer wieder, wie Ornithologen und Fachleute die Vögel und ihr Geschlecht aus weiter Entfernung oder nach ihren Gesängen erkennen können. «2 Kernbeisser, eine Misteldrossel, 3 Wiesenpieper», tönte es in die Runde, derweil Theo Walser die Meldungen in eine Liste mit Jassstrichen eintrug. Am Sonntag wurden 1820 Buchfinken, 547 Ringeltauben, 27 Turmfalken und weitere 60 Arten gezählt. Natürlich werden auch Vögel notiert, die bei uns bleiben. So wurden 49 Eichelhäher, 3 Grünspechte, 2 Rabenkrähen und weitere Arten festgehalten. Nicht erfasst werden können Vögel wie die Singdrossel oder Grasmücke, die nachts ziehen, um Luftturbulenzen auszuweichen, und am Tag Nahrung suchen. 27 Rauchschwalben, typische Langstreckenzieher, wurden gezählt, obschon sie uns eigentlich früher verlassen sollten.

Gefährdete Vögel

Die Vogelpopulationen und ihre Ausbreitung verraten viel über den Zustand unserer Natur. Verlust des Lebensraums durch Überbauung, intensive Landwirtschaft, Insektensterben und Besetzung des Lebensraums durch Erholungssuchende führen zu starker Dezimierung der Arten. Aber auch auf ihrem langen Weg sterben sie aus Erschöpfung, Nahrungsmangel oder illegaler Jagd. Die Klimaerwärmung hat zur Folge, dass immer mehr Vögel hierbleiben oder nur noch nach Südeuropa anstatt Afrika ziehen. Tragen wir also Sorge zu unserer Natur, damit wir auch noch in den nächsten Jahren das faszinierende Schauspiel der ziehenden Vögel erleben können.

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