Die Jagd ist nur ein Teil der Jägerei — dahinter steckt jedoch mehr als Schiessen und Töten

«Unsere Jäger schiessen Tiere tot.» Diese Aussage scheint in der Bevölkerung verbreitet zu sein. Ob das so stimmt und ob das alles ist? Ein Tag mit den Jägern des Jagdvereins Blauenstein.

Nach erfolgreichem Jagdtag: Die erlegten Tiere werden mit einem Ritual geehrt. Fotos: Martin Staub

Nach erfolgreichem Jagdtag: Die erlegten Tiere werden mit einem Ritual geehrt. Fotos: Martin Staub

Erfolgreicher Abschuss: Wildschweine verursachen enorme Landschäden.

Erfolgreicher Abschuss: Wildschweine verursachen enorme Landschäden.

Die Wetterprognosen für diesen kühlen Novembertag verheissen nichts Gutes. Trotzdem, Jäger, eine Jägerin, Gastjäger, Treiber und der eingeladene Schreibende des «Wochenblatts» treffen sich pünktlich um 8 Uhr bei der Jagdhütte Blauenstein in Kleinlützel. Man stärkt sich mit Kaffee und Gipfeli und lässt sich durch Jagdleiter Antonio Guarneri über die vorgesehenen Gebiete des heutigen Jagdtages informieren. Drei Treibjagden in verschiedenen Regionen des 1634 Hektaren grossen Jagdreviers sollen bis am späten Nachmittag für reichlich erfülltes Weidmannsheil sorgen.

Tatsächlich lässt Petrus die rund 30 Personen an diesem Samstag das ganze Spektrum an Wetterkapriolen erleben: Wind, Schneetreiben, Regen und Sonne. Fünf erfahrene Treiber sollen auf einer vorgegebenen Linie die Tiere — zu dieser Zeit vorwiegend Schwarzwild — aus ihren Verstecken «auf die Beine bringen». Unterstützt, wie üblich, von einigen gut dressierten Jagdhunden. Nach genauer Anleitung durch den Jagdleiter verteilen sich Treiber und Jäger in das jeweils definierte Jagdgebiet. Bei einem Jäger stehend, darf der Schreibende drei Treibjagden erleben. Ohne direkten Kontakt mit Wild zwar, dafür mit umso mehr Informationen über das Jagen und die vielen Aufgaben eines ausgebildeten Jägers, die weit über das Erlegen von Wildschweinen, Rehen und weiteren Wildtieren in unseren Wäldern hinausgehen. Präsident Marcel Wyser lässt es sich nicht nehmen, die wichtigsten Pflichten der Jägerinnen und Jäger für Laien verständlich festzuhalten: «Ein Jäger oder eine Jägerin hilft der Natur, klärt auf (Wildbestand), reguliert Populationen, achtet auf Schonzeiten, erfüllt Hegepflichten, hilft mit, Natur- und Lebensräume zu erhalten, trägt zur Vermeidung von Wildschäden bei, arbeitet mit Landwirten zusammen, geht gegen den Mähtod von Jungwild vor und setzt Massnahmen zur Verhinderung von Wildunfällen.»

Voraussetzung für die Ausbildung

Fredy Dreier, ein langjähriges Mitglied des Kleinlützler Jagdvereins, klärt beim zugeteilten Standplatz den Journalisten weiter auf über Regeln, über Rituale und auch über die Voraussetzungen für die anforderungsreiche Jägerausbildung, was an diesem Tag ausnahmslos alle Teilnehmenden bestätigen: «Man muss sehr viel lernen, um nach frühestens zwei Jahren den Jagdpass durch den Kanton zu erhalten.»

Die Rituale, welche am frühen Abend dank erfolgreicher Abschüsse von einem Reh und sechs Wildschweinen zelebriert werden, beeindrucken. Die zurückgekehrten Jagdteilnehmer bilden ein Bett mit Tannenzweigen, um darauf die erlegten Tiere nach genauen Regeln in eine Reihe zu legen. Jedes Tier wird ehrfurchtsvoll mit einem Tannenzweiglein auf seinem Korpus geehrt. Zwei brennende Finnenkerzen und eine besinnliche, genau definierte Einlage durch zwei Jagdhornbläser geben der Zeremonie den würdigen Rahmen. Ein Jungjäger, der an diesem Tag sein erstes Wildschwein erlegt hat, wird mit einigen Tropfen Wildschweinschweiss getauft.

Mehr als Schiessen und Töten

Zur Leidenschaft der Jägerinnen und Jäger sagt Marcel Wyser, Präsident des Jagdvereins Blauenstein: «Die moderne Jagd ist viel mehr als das Schiessen und Töten von Tieren. Jäger helfen mit, die Biodiversität in unsere Kulturlandschaft zu erhalten und zu erhöhen. Sie helfen, Konflikte mit Land- und Forstwirtschaft zu vermeiden, und sie betreiben ein zeitgemässes Naturmanagement. Es braucht das Engagement der Jäger, um die Kulturlandschaft als Lebensraum für unsere Wildtiere zu erhalten. Ihr wertvoller, ja sogar unbezahlbarer Beitrag für die Erhaltung der Natur ist wichtig, um den weiteren Verlust an Vielfalt unserer heimischen Wildtiere zu verhindern.»

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