«Der Streit ist fruchtbar»

Der Solothurner Landammann Remo Ankli gastierte an der 1. August Feier in Bärschwil.

Gastredner Remo Ankli: Die Trachtengruppe Bärschwil hatte den Regierungsrat zur Feier eingeladen.Foto: Bea Asper
Gastredner Remo Ankli: Die Trachtengruppe Bärschwil hatte den Regierungsrat zur Feier eingeladen.Foto: Bea Asper

Schlötterlinge, Handgreiflichkeiten und Geschrei: Während der Sommersession kommt es im Nationalratssaal zu tumultartigen Szenen», zitierte Regierungsrat Remo Ankli aus einem Zeitungsartikel der Neuen Zürcher Zeitung. Abgespielt habe sich dies 1930. «Damals hat der Schaffhauser Nationalrat Walther Bringolf seinen Tessiner Kollegen Ruggero Dollfus als Lügner bezeichnet. Worauf ihm dieser im Nationalratssaal eine klatschende Ohrfeige verpasst hat.» Der Solothurner Landammann Ankli ging in seiner 1. August Rede den Fragen der politischen Streitkultur nach. Er hatte der Trachtengruppe Bärschwil gerne seine Teilnahme an der Nationalfeier zugesagt und liess sich das fröhlich-besinnliche Programm mit Urschweizer-Klängen von Handorgel und Alphorn sowie die Volkstanz-Vorführungen der Trachtengruppe Seewen nicht entgehen. Der direkte Kontakt mit der Bevölkerung ist ihm ein Herzensanliegen, und das Schwarzbubenland gefällt dem freisinnigen Politiker so gut, dass er auch seine Ferien zu Hause in Beinwil verbrachte.

Zu Handgreiflichkeiten, führte Ankli aus, komme es heutzutage in den Streitgesprächen der Schweizer Politik nicht mehr. Doch Worte zielten manchmal unter die Gürtellinie. «Moralisch sind wir heute nicht auf der besseren Seite.» Er plädiere grundsätzlich auch nicht für Harmonie und gutes Einvernehmen im politischen Prozess – gerade der Solothurner Politik würde es guttun, wenn etwas weniger Bedürfnis nach Harmonie herrschen würde. Ankli: «Jene politischen Weichenstellungen, um die man ernsthaft gerungen hat, sind echte Fortschritte und auch von Dauer.» Doch eben, beim Streiten sollte es darum gehen, einander zuzuhören. Dies ist das Element der Schweizer Geschichte, welches heute wie auch vor 536 Jahren Gültigkeit hatte. Damals waren sich die alteidgenössischen Orte in den Haaren gelegen. «Der Durchbruch zu einer dauerhaften und gütlichen Beilegung von dieser eidgenössischen Krise ist auf der Tagsatzung in Stans im November und Dezember 1481 erzielt worden.» Und wohl nicht zuletzt dank des Ratschlages von Niklaus von Flüe ist der Bürgerkrieg zwischen Stadt und Land ausgeblieben. Man hatte sich darauf besinnt, einander zuzuhören – «die grösste Form der Liebe im Himmel und auf Erden ist der Gehorsam» – wobei damals mit diesem Wort das Horchen, respektive das Zuhören gemeint war. Die historische Gestalt Bruder Klaus war ein angesehener Ratgeber, seine Meinung war gefragt selbst vom mächtigen Herzog von Mailand, berichtete Ankli und kam zum Schluss: «Aufeinander losen bedeutend einander zu achten». Dies sei das Gegenteil von «den andern verachten oder verächtlich machen.» Wenn man dem Gegenüber die Achtung und den Respekt entziehe, wenn man den Andern gering schätze, dann zerstöre man die gemeinsame Grundlage, auf der man sich treffen könne. «Die Meinung des Andern ist zu akzeptieren als eine Äusserung, die ihr Recht hat und einen Teil der Wahrheit enthalten kann. Ein guter Streiter nimmt sein Gegenüber ernst und geht auf die vorgebrachten Argumente ein. Der politische Streit ist furchtbar, die politische Auseinandersetzung führt unser Land, unsere Heimat, unser Gemeinwesen weiter.»

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