Dem Leid ein Gesicht geben

Mit einer Plakataktion will Gastro Dorneck-Thierstein auf die Not des Gastgewerbes aufmerksam machen. Der Gastro-Lockdown bedroht die Existenzgrundlagen vieler Familien.

Coronaconform und doch geschlossen: Roger Henz, Vizepräsident des Gastro Solothurns, Präsident des Gastro Dorneck-Thier-steins und Wirt des Restaurants Frohsinn in Nunningen fordert Unterstützung für das Gastrogewerbe. Foto: Gaby Walther
Coronaconform und doch geschlossen: Roger Henz, Vizepräsident des Gastro Solothurns, Präsident des Gastro Dorneck-Thier-steins und Wirt des Restaurants Frohsinn in Nunningen fordert Unterstützung für das Gastrogewerbe. Foto: Gaby Walther

Er kenne nichts anderes. Aufgewachsen im Familienbetrieb, führt Roger Henz seit 2012 das Restaurant Frohsinn in Nunningen. Seit einem Jahr ist der gelernte Koch Präsident von Gastro Dorneck-­Thierstein und Vizepräsident von Gastro Solothurn. Statt nur ein paar Anlässe zu organisieren, ist er in der neuen Rolle nun mit echten Problemen konfrontiert. «Täglich bekomme ich Anrufe von Wirten, die Auskunft brauchen und in finanziellen Schwierigkeiten stecken», erzählt Henz. Seit letztem März ist gerade auch im Gastrogewerbe viel Flexibilität gefragt. Lockdown, hohe Schutzvorgaben und unterschiedlich erlaubte Öffnungszeiten sorgten für stetig neue Anpassungen. «Von Oktober bis Dezember musste ich viermal neue Regeln umsetzen. Einige Wirte sind wütend, denn nicht alle Massnahmen erschliessen sich einer Logik», erklärt Henz. Wirklich schwierig sei es aber, finanziell über die Runden zu kommen. Eine grosse Hilfe wäre eine Mietzinsreduktion, wie dies beispielsweise in Basel-Stadt der Fall sei. Den Covid-­19-Kredit hätten zwar viele angenommen. Doch da kaum Einnahmen fliessen, sei der Kredit zum Teil aufgebraucht und es bleibe ein hoher Schuldenberg. «Den Ausfall werden wir nie aufholen können. Nebst dem Weihnachtsgeschäft fällt nun auch die wichtige Zeit der Fasnacht weg», fügt Henz an. Schwierig sei die Situation aber auch für die Angestellten. Zwar würden sie Kurzarbeitszeitentschädigung erhalten. Doch der Lohn des Servicepersonals sei klein. Mit nur 80 Prozent Lohn und ohne Einnahmen des Trinkgelds sei es schwierig, durchzukommen. «Die Situation ist in jedem Betrieb unterschiedlich. Hilfe brauchen aber alle, und zwar nicht nur die Härtefälle, sondern auch jene, welche zum Beispiel durch Take-away Einnahmen hatten. Damit konnten gerade einmal die Betriebskosten gedeckt werden.»

«Es muss schnell und unkompliziert Geld gesprochen werden, wenn eine Konkurswelle mit grossen Auswirkungen für alle Betroffenen verhindert werden will», schreibt auch Nicole Ditzler, Gemeindepräsidentin von Fehren und Betreiberin des Schlössli Pubs in Büsserach, in einem offenen Brief an Solothurns Regierungsrätin Susanne Schaffner. «Lasst die Branche nicht sterben, es steckt so viel mehr dahinter als nur das Servieren von Essen und Trinken. Es ist auch ein sozialer Auftrag und viele Existenzen sind davon abhängig.»

Kulinarikwanderung, Website für Take-away und Plakataktion

Roger Henz wartet aber nicht nur ab, sondern sucht nach möglichen Lösungen für die 60 Mitglieder von Gastro Dorneck-Thierstein. So lancierte er zusammen mit dem neuen jungen Vorstand im Sommer das Angebot «Kulinarik-Wanderung Schwarzbubenland». Das Konzept wird in der Region nun ausgebaut und, sobald die Restaurants wieder öffnen dürfen, weitergeführt (www.kulinarikwanderung.com). Als Weiteres haben sie eine Website aufgebaut, auf der die Mitglieder ihre Take-away-Angebote darbieten können (www.gastro-schwarzbubenland.ch). «Wir lassen uns nicht unterkriegen. Wir kämpfen für unsere Leidenschaft, Familien und Betriebe», ist dort zu lesen. Um genau das geht es auch bei der dritten Aktion. Hinter jedem Betrieb stehen Menschen. Diesen will Henz ein Gesicht geben. Durch die Plakate, auf welchen die betroffenen Menschen der Betriebe zu sehen sind, soll die Bevölkerung das grosse Leid der Personen und Familien hinter den Restaurantschliessungen und die Bedrohung ihrer Existenz erkennen. «So setzen wir gemeinsam ein Zeichen», sagt Henz und hofft, dass Bund und Kantone mehr Unterstützung fürs Gastgewerbe anbieten werden. «Wir wollen nicht betteln, aber wir brauchen unbedingt Hilfe.»

Weitere Artikel zu «Thierstein», die sie interessieren könnten

Thierstein16.10.2024

Die Schule Gilgenberg steckt in einer Krise

Die Mitglieder der Schulleitung sowie die Finanzverwalterin der Schule Gilgenberg haben gekündigt. Friedrich Wüthrich, Präsident des Zweckverbandes Schule…
Thierstein16.10.2024

Mehr als nur Fasnacht

Die Fasnachtsclique «Litzlerchnertsch» gestaltet seit 53 Jahren die Dorffasnacht in Kleinlützel. Fasnacht wird das Hauptthema des Vereins bleiben. Weitere…
Thierstein09.10.2024

Mut zu riskanten Gratwanderungen

Die in Breitenbach wohnhafte Trompeterin und Alphornistin Jennifer Tauder-Ammann führt musikalisch ein Patchwork­leben zwischen Musikschule, Dirigaten,…