Vom Milchkästchen zur schlauen Box
Dank digitaler Innovation entfällt das Warten auf den Paketlieferdienst und die Abholung des Pakets an der Poststelle.
In Erschwil produziert, in Nunningen beschichtet und schliesslich in Büsserach zusammengebaut und vermarktet, verkauft die Huber AG jährlich bis zu 60000 Brief- und Paketfachanlagen. Zu den Grosskunden gehören Coop, OBI und Hornbach. Doch haben Briefkästen im Zeitalter von E-Mail überhaupt eine Zukunft? Mit dieser Frage beschäftigte sich auch Markus Lisser. Vor zehn Jahren übernahm er die Firma und beweist mit dem neusten Projekt, dass Innovation im Bereich Briefkasten durchaus möglich ist. Die Firma investierte vor drei Jahren in die Entwicklung einer Software, um eine elektronische Paketfachanlage anbieten zu können. Pakete sollen sicher empfangen oder hinterlegt werden. Eine zukunftsträchtige Idee, denn angetrieben auch durch die Coronakrise erlebt der Onlinehandel seit eineinhalb Jahren einen enormen Boom. Die Arbeitsgruppe Wirtschaft des Forums Schwarzbubenland liess sich letzte Woche durch den Betrieb führen und sich das neue Produkt erklären.
Öffnen via QR-Code
Unter dem Namen «SchlaueBox» sind Paketfachanlagen entstanden, die sich via App oder QR-Code öffnen und verschliessen lassen. Die Huber AG biete die «SchlaueBox» als Kombination mit dem Briefkasten für Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser oder auch als Citylösung an. So gewann die Firma vor drei Jahren das Pilotprojekt in Smart City Lab Basel und stellte in den Quartieren St.Johann und beim Claraplatz eine Anlage mit programmierbaren Boxen zu Testzwecken auf. «Es stecken mehrere Überlegungen hinter dem Projekt. Einerseits wird der Lieferwagenverkehr im Quartier reduziert. Anderseits müssen Pakete nicht nochmals zugestellt oder am Postschalter abgeholt werden. Verhindert werden auch Diebstähle, da das Paket nicht vor der Türe, sondern sicher in der Box deponiert wird», erklärt Bereichsleiter Simon Widmer.
Wahlen hat als erste Gemeinde eine SchlaueBox
Auch für Gemeinden kann ein solches System der Bevölkerungen einen Mehrwert bringen. Zwei Gemeinden in der Schweiz — eine davon ist Wahlen — haben diesen Vorteil erkannt und bieten eine solche Dienstleistung an. «Vor einem Jahr haben der damalige Gemeindepräsident Willi Asprion und ich diese Anlage bei der Huber AG gesehen und waren sofort begeistert», erklärt Wahlens Gemeindeverwalter Urs Halbeisen. Wegen Corona arbeiteten die meisten Gemeindeangestellten im Homeoffice und die Öffnungszeiten der Gemeinde waren stark eingeschränkt. «Unabhängig von der Uhrzeit und den Schalteröffnungszeiten können wir in einer Box wichtige Gegenstände wie Akten oder Schlüssel für Einwohnerinnen und Einwohner bereitlegen. Wer sein Paket zur Box liefern lässt, umgeht das Warten auf den Paketlieferdienst und die Abholung des Pakets an der Poststelle in Laufen», zählt Halbeisen die Vorteile auf. Die Anschaffung des Kastens mit den 17 unterschiedlich grossen Boxen kostete die Gemeinde 20000 Franken. Inzwischen nutzen seit Februar rund 30 Personen das System in Wahlen. «Die Anmeldung und Handhabung ist ganz einfach. Gerne geben wir auch Auskunft und helfen beim Registrieren.» Wird ein Paket in der Box nach vier Tagen nicht abgeholt, kann Halbeisen als Administrator die Box öffnen und das Paket bis zur Abholung auf der Gemeindeverwaltung deponieren. «Bereits wurde ich von anderen Gemeinden und auch von der Migros auf das System angesprochen», fügt Halbeisen an.
Tatsächlich sind die Einsatzmöglichkeiten für die Boxen noch lange nicht ausgeschöpft. Im Shoppingcenter West in Bern bietet die Anlage den Läden und Einkaufenden einen Mehrwert, indem ausserhalb der Ladenöffnungszeiten Waren abgeholt oder zurückgebracht werden können. «Im Moment sind wir im Bereich Kühl- und Tiefkühlboxen am Tüfteln», erklärt Produktmanager Marco Lisser. Denn heute bestehe das Problem, dass bei Lebensmittellieferungen die Kühlkette unterbrochen wird.
Nebst der digitalen Innovation bleibt das Kerngeschäft der Huber AG der Bau und Vertrieb von Briefkästen. Im letzten November hatte die Firma 80 Tonnen Blech gekauft. «Wir haben zum Glück ein grosses Lager, sodass wir von der aktuellen Rohstoffknappheit bis jetzt verschont blieben», erklärt Markus Lisser.