Wie man ein Hirschgeweih im Dreck in einen spektakulären Kalender verwandeln kann

Woher kommen wir? Eine grosse Frage. Ein Teil der Antworten kann Jürg Sedlmeier mit seinem Wissen über unsere Vorfahren, die Steinzeitmenschen, geben.

Grosser Klimawandel: Jürg Sedlmeier erzählt von Jägerinnen, grossen Wanderungen und Birkenpollen.
Grosser Klimawandel: Jürg Sedlmeier erzählt von Jägerinnen, grossen Wanderungen und Birkenpollen.

Wie kann etwas ungeheuer spannend sein, das sich vor 14000 Jahren abspielte? Wenn es Jürg Sedlmeier erzählt! Seit 40 Jahren beschäftigt sich der Archäologe mit Feuersteinen. Aus Silex, wie die Fachleute diese Steine nennen, machten die Steinzeitmenschen Messer, Speerspitzen, Äxte. Nun hat Sedlmeier den Steinzeitmenschen der Eiszeit ein Buch gewidmet. Am letzten Freitag war in Grellingen die Vernissage seines Werkes «Die letzten Wildbeuter der Eiszeit». «Die Zeit vor 14600 bis 11600 Jahren war ungeheuer spannend», erklärte Sedlmeier. Denn gegen Ende der letzten Eiszeit wandelte sich die Landschaft in unserer Gegend stark und das brachte einen enormen Entwicklungsschub bei den Menschen.

Bislang war der Boden nur von Flechten, Moosen, Gräsern und Zwergsträuchern bedeckt gewesen. Die Menschen konnten in dieser arktischen Landschaft Wildpferde und Rentiere deshalb mit dem Speer jagen. Dann wurde es etwas wärmer. Damit kamen Föhren und Birken auf. «Im Wald sind Speere nutzlos. Die Menschen mussten lernen, mit Pfeil und Bogen Hirsche zu jagen. Sie mussten sich eine ganz neue Jagdtechnik zulegen. Dieser ungeheure technische Wandel ist spektakulär», erklärte Sedlmeier.

Frauen auf der Jagd

Wir können uns die Frage nicht verkneifen: Stimmt es, dass die Jagd nur Männersache war? Sedlmeier schüttelt den Kopf: «Viele meiner Kollegen sind dieser Meinung. Doch dem stimme ich nicht zu. Wir haben genügend völkerkundliche Belege, dass auch Frauen sehr gute Jägerinnen sein können.»

Wie muss man sich denn diese Jagd vorstellen? «Die Menschen haben während diesen letzten 3000 Jahren der Eiszeit sehr viele Hirsche gegessen», so Sedlmeier. Sobald an einem Ort das Jagdglück nachliess, wanderten die Gruppen weiter. Nach ungefähr einem Monat zogen sie bis 50 Kilometer weiter und waren so ständig unterwegs. Dabei durchstreiften die Gruppen grosse Gebiete. Man kann nachweisen, dass die Menschen nicht nur im ganzen Jurabogen herumkamen, sondern auch das Mittelland, die Voralpen und die Alpen frequentierten.

Aus Dreck wird ein Sensationsfund

Eindrücklich ist auch das Kapitel über den Dittinger Steinbruch Schachlete. 1996 fand der Bildhauer Marcel Plösser in einem Felsspalt ein Hirschgeweih, das in der Erde steckte. 14000 Jahre lag es unbeachtet da und plötzlich war die Hölle los: Plösser alarmierte die Archäologie Baselland.

Diese sperrte die Fundstelle ab, um sie zu untersuchen. Und eine dreckgefüllte Felsspalte entwickelte sich so zu einem spektakulären archäologischen Fund, der für weitere Untersuchungen enorm wichtig sein wird. Denn den Forscherinnen und Forschern gelang es, diese Dreckspalte in einen äusserst wertvollen Kalender zu verwandeln, mit dem sie andere Fundorte datieren können.

Sie konnten das Alter der gefundenen Knochen der Hirsche und Birkhühner feststellen, die in diese Spalte ohne Zutun des Menschen hineingestürzt waren und dort verendeten. Zudem hat Lucia Wick, Botanikerin an der Universität Basel, die Pollen von 120 Erdproben untersucht. Damit kann der Wandel in der Vegetation und im Klima belegt werden. «Diese Untersuchungen waren sehr aufwendig. Für jede Probe brauchte ich einen ganzen Tag», so Wick.

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