Selbsthilfe für das Leben mit Brustkrebs
Die Reinacherin Barbara Kundert hat den Verein Tavola Rosa Basel für Frauen mit Brustkrebs gegründet. Letztes Jahr wurde er mit dem Freiwilligenpreis ausgezeichnet. Und am Sonntag ist er am Basler Frauenlauf dabei.
Stefania Giuffrida bekam während der Schwangerschaft mit ihrem zweiten Kind im Mai des vergangenen Jahres die Diagnose Brustkrebs. Weil die Zeit drängte, wurde ihr Baby per Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Vier Wochen später wurde der Tumor operativ entfernt. «Man hatte ihn zum Glück früh entdeckt, weshalb die Operation einfach war.» Trotzdem musste sich die 36-Jährige einer Strahlentherapie unterziehen und wird für die nächsten fünf Jahre ein Medikament einnehmen. «Das ist mit Nebenwirkungen verbunden, die sehr unterschiedlich sein können. In meinem Fall sind es Gelenkschmerzen, Wallungen oder unruhiger Schlaf.» Nach der Bestrahlung war Stefania Giuffrida keineswegs sicher, ob sie das Medikament überhaupt nehmen soll. «Man bekommt viele verschiedene Informationen, die schwer einzuordnen sind.» Bereits im Spital wurde sie auf den Verein Tavola Rosa aufmerksam gemacht, der von Brustkrebs oder gynäkologischen Tumoren Betroffenen Austausch bietet.
Kein Opfer sein
Die Reinacherin Barbara Kundert ist Präsidentin und Mitbegründerin des vor zwei Jahren gegründeten Vereins Tavola Rosa Basel, der unter anderem Treffen in der Region Basel für Frauen mit der Diagnose Brustkrebs anbietet. Ziel sei es, Betroffene aus der Isolation herauszuholen. «Zwar haben die Menschen, die zu uns kommen, meist Familie und einen Freundeskreis. Aber mit der Erkrankung ist man letztendlich allein. Deshalb ist es wichtig, Menschen zu treffen, die Ähnliches erleben», sagt die 56-Jährige, die vor 20 Jahren selbst an Brustkrebs erkrankte. «Ich lebte im Ausland, profitierte von einer Gruppe. Als ich in die Schweiz zurückkam, war es mir ein Anliegen, einen Verein für Frauen mit der Diagnose Brustkrebs zu gründen. Freundinnen haben mich dabei unterstützt.»
Der auf diese Weise entstandene Verein hat sich seither einen Namen gemacht – im vergangenen Jahr hat er den Baselbieter Freiwilligenpreis erhalten. Obwohl ihre eigene Erkrankung schon 20 Jahre zurückliegt, zieht Barbara Kundert noch heute die Energie für ihr Engagement aus dem Gefühl, etwas zurückzugeben. «Wer schwer erkrankt ist, hat irgendwann genug davon, ständig Opfer zu sein. Man möchte aktiv werden. Jetzt kann ich anderen Frauen helfen, ihnen Tipps geben. Das gibt ein gutes Gefühl.»
Für Stefania Giuffrida war die Bekanntschaft mit dem Verein von grosser Bedeutung: «Wenn um sechs Uhr abends meine Batterien leer sind, verstehen Betroffene genau, was ich meine, wie ich mich fühle. Aussenstehende würden mir vielleicht raten, mich einfach kurz etwas hinzulegen. Aber so einfach ist es nicht.» Neben Verständnis und Austausch hat die Mutter bei Tavola Rosa Basel Freundinnen gefunden.
Laufen für Betroffene
«Keine Frau soll das Spital verlassen, ohne unseren Namen zu kennen», betont Kundert. Die Spitäler seien heute offener für Selbsthilfeangebote, als dies früher der Fall war. Im Idealfall würden sich Frauen gleich nach ihrer Diagnose melden. «Das kann helfen, sich besser in der neuen Situation zurechtzufinden.» Viele kämen aber erst, wenn die Behandlung abgeschlossen sei. «Die Gesellschaft erwartet, dass man wieder funktioniert wie zuvor. Das ist aber nicht möglich. Nach einem Brustkrebs werden die Karten neu gemischt.»
Neben dreimal im Monat stattfindenden Treffen organisiert Tavola Rosa Aktivitäten wie Töpfern oder Kochen, bietet Wochenendausflüge oder Kurse an. Am kommenden Sonntag ist Tavola Rosa zudem am Basler Frauenlauf präsent. «Wir sind froh um jede Person, die für unsere Sache mitlaufen möchte. Jede Frau darf sich melden, unabhängig davon, ob sie bei uns Mitglied ist, ob sie betroffen ist oder nicht», sagt die Präsidentin. Ziel sei es, am Basler Frauenlauf ein starkes Zeichen für das Leben mit Brustkrebs zu setzen.