Schotter und Teer sorgen für Kopfschütteln
Die Überbauung an der Ecke Bruggstrasse/Hauptstrasse ist ein Eingangstor zum Dorfzentrum von Reinach. Seine karge Begrünung bewegt die Gemüter.
Es ist ein regnerischer Tag. André Schneider steht kopfschüttelnd vor dem Neubau an der Ecke Bruggstrasse/Hauptstrasse. «Alle reden von Biodiversitätsmassnahmen. Warum sieht es denn hier so trist aus?», fragt der Innenarchitekt aus Reinach enttäuscht und blickt auf eine geschotterte Fläche. Einzelne grüne Halme spriessen hervor, junge Bäume stehen noch etwas verloren vor dem Gebäude, das der Axa Leben AG gehört.
Grund für Schneiders Enttäuschung ist die Gestaltung des Aussenraumes. Nachdem der Neubau 2022 abgeschlossen worden war, bestand die Fläche davor vor allem aus einem: Teer. Kurzerhand zeichnete Schneider Pläne für eine alternative Bepflanzung vor dem Haus. «Mit einer begrünten Allee und vielen Sitzmöglichkeiten hätte man diesen Strassenabschnitt doch aufwerten können.» Die niedrigen und kargen Betonelemente würden kaum zum Verweilen an der stark befahrenen Strasse einladen, findet Schneider und ergänzt: «Aus der Bevölkerung habe ich viel Zuspruch erhalten.»
Die Bedenken aus der Bevölkerung erreichten auch den Einwohnerrat. Jörg Burger (FDP) reichte im März 2023 ein Postulat ein, in dem er bemängelt, dass der Biodiversität, der Kühlung durch Grünbewuchs und der Wasserversickerung nicht genügend Rechnung getragen worden sei. Vom Gemeinderat wollte Burger deshalb wissen, ob eine Umgestaltung des Aussenraumes machbar wäre, wer dazu in die Pflicht genommen werden könnte und welche Kosten verursacht würden. «Jeder, der etwas baut, wird dazu angehalten, möglichst viele Massnahmen für die Biodiversitätsförderung oder gegen Hitzeinseln zu treffen. Aber hier, am Eingang des Dorfes, scheinen diese Grundsätze nicht zu gelten», moniert Burger.
Die Lösung: Schotterrasen und ein neuer Baum
Der Quartierplan der Überbauung stammt aus dem Jahr 2017. Er ging durch alle öffentlichen Instanzen und wurde an einer öffentlichen Mitwirkung vorgestellt. Auch die Sachkommission Bau, Umwelt und Mobilität (BUM) segnete das Vorhaben ab. Burger ist Mitglied der BUM und bestätigt dies. Er habe sich von den Visualisierungen blenden lassen, sagt der Einwohnerrat heute. Der Gemeinderat hat das Postulat inzwischen für die nächste Einwohnerratssitzung vom 18. März traktandiert und es zur Abschreibung empfohlen. Dem Wochenblatt liegen die Erläuterungen vor. Darin erklärt der Gemeinderat, dass in der Zwischenzeit Massnahmen zur Entsiegelung getroffen worden seien, denn: Die Gestaltung sei zwar mit den Quartierplanvorschriften konform, wirke aber «aus heutiger Sicht und mit einem verstärkten Fokus auf stadt-/mikroklimatische Aspekte tatsächlich etwas überholt». Die Gemeindeverwaltung habe deshalb schon vor der Einreichung des Postulats mit der Generalplanerin HRS Möglichkeiten gesucht, um die Flächen zu entsiegeln.
Daraus resultieren nun jene Sickerflächen, die mit Schotterrasen befüllt wurden. Eine stärkere Begrünung sei nicht möglich, denn die Zufahrt für die Feuerwehr müsse gewährleistet bleiben. Auf Humus könnten Einsatzfahrzeuge nicht zu stehen kommen, Büsche und Sträucher würden diese ebenfalls behindern. Der reich bebilderte Bericht zeigt ausserdem, dass inzwischen ein zusätzlicher Baum gepflanzt wurde. «Klar ist, dass die gepflanzten Bäume erst mit fortschreitendem Wachstum ihre spürbare mikroklimatische und sichtbare ästhetische Wirkung entfalten und die Situation dadurch anfänglich noch etwas karg wirkt», heisst es im Bericht. Zudem sei die Hauptbegrünung im Innenhof des Neubaus erfolgt – tatsächlich spriessen dort verschiedentlich Pflanzen, Büsche und Gras.
André Schneider ist von den Massnahmen wenig überzeugt. «Für mich ist das eine Verschlimmbesserung, das Ganze ist nicht durchdacht», kritisiert er. Für weitere Projekte erhofft er sich von der Gemeinde, dass der Natur mehr Wertschätzung entgegengebracht wird.
Ob über die Sache über kurz oder lang wohl Gras wachsen wird?