Zahlen die Gemeinden im Birstal zu viel? Initiative will neuen Finanzausgleich

Für die Agglo-Gemeinden ist der Finanzausgleich zu hoch. Sie lancierten eine Initiative, weil der Kanton nicht eingesprungen ist.

Gemeindeinitiative: Markus Eigenmann, Gemeindepräsident von Arlesheim, will den Kompromiss zwischen den Gemeinden und dem Kanton zur Revision des Finanzausgleichsgesetzes retten. Foto: Roland Schmid

Für die Unterbaselbieter Gemeinden ist das Problem ein altes: Sie zahlen zu viel in den horizontalen Finanzausgleich. Dieses Jahr sind es 76 Millionen Franken – zu viel für die Gemeinden im Speckgürtel um Basel. Mit dem Geld wird den strukturschwächeren Gemeinden – vorwiegend im Oberbaselbiet und Laufental – unter die Arme gegriffen. Der Versuch, das Ausgleichsniveau per Gesetzesrevision zu senken, scheiterte jedoch. Der Kanton sistierte die Vorlage einseitig. Nun stosse die Interessengemeinschaft (IG) der Gebergemeinden mit einer Gemeindeinitiative nach, um den erlangten Kompromiss zu retten, wie der Arlesheimer Gemeindepräsident Markus Eigenmann ausführt.

Der Ressourcenausgleich ist in seiner Höhe schweizweit selten und gründet in der Struktur des Landkantons mit den wirtschaftlich starken Gemeinden vor den Toren Basels und den ländlichen mit starkem Gewerbecharakter. So weit, so unbestritten. Um den Forderungen aus dem Unterbaselbiet Rechnung zu tragen, erarbeitete der Kanton mit den Gemeinden eine Vorlage, um die Last der Gebergemeinden zu senken.

Damit diese mehrheitsfähig ist – die überwiegende Anzahl der Gemeinden sind Empfänger –, sollte der Kanton einen Teil der Ausfälle aufseiten der Empfänger über den vertikalen Finanzausgleich kompensieren. Dazu zählen der Lastenausgleich (23 Millionen Franken), der in den Bereichen Bildung, Soziales und Siedlungsfläche die ungleichen Belastungen zwischen den Gemeinden auffangen soll, sowie die Kompensationsleistungen, welche Aufgabenverschiebungen wie das sechste Primarschuljahr und die Ergänzungsleistungen an die Gemeinden abgelten.

Der Kanton verabschiedete sich aus der Finanzdiskussion

Im März stoppte der Kanton die fast fertige Vorlage, nachdem sich eine Verschlechterung der Finanzlage abzeichnete. Die Gemeinden fühlten sich vor den Kopf gestossen. Der Kanton erntete Unverständnis. Laut der Finanz- und Kirchendirektion (FKD) ist es nicht Sache des Kantons, die Ausfälle beim horizontalen Finanzausgleich zwischen den Gemeinden zu finanzieren. Ohne das Einspringen des Kantons hätten sich die Empfängergemeinden auch nicht kooperativ gezeigt.

Die Gemeindeinitiative will die Abschöpfung reduzieren, den Lastenausgleich und zusätzlich zur sistierten Vorlage die Kompensationszahlungen an die Teuerung anpassen. Die Geber müssten somit jährlich 8 Millionen Franken weniger zahlen, für den Kanton würden sich einmalig Mehrausgaben von mehreren Millionen Franken ergeben, um rückwirkend die Teuerung seit 2015 zu berappen – zusätzlich zu den jährlich steigenden Kosten ab 2026.

Die Forderungen gehen gemäss FKD sogar über den sistierten Vorschlag hinaus, den die Regierung bereits abgelehnt hat. Bei den Gebergemeinden tönt es anders: «Unser Vorschlag ist eine Minimalforderung und absolut vertretbar», sagt Eigenmann. Besonders bei den Primarschulen mit ihren steigenden Personalkosten sei das Kostenwachstum offensichtlich.

Die Regierung stellt sich auf den Standpunkt, dass bei der Verschiebung einer Aufgabe die Verantwortung für die Kosten entfalle. Nach dem Prinzip: Wer zahlt, der befiehlt. Dieser Grundsatz ist auch aus Sicht der Gemeinden weitestgehend unbestritten. Das Problem besteht jedoch darin, dass bei der letzten Revision des Finanzausgleichsgesetzes (2015) für den Lastenausgleich und die Kompensationszahlungen ein fixer Geldbetrag eingesetzt wurde.

Der Ist-Zustand weist

 

«methodische Fehler» auf

Begründet wurde dies mit der stabilen Kostenentwicklung in den Vorjahren. Was nicht weiter verwundert, herrschte doch in der Vor-Pandemie-Ära mit Negativzinsen kaum Inflation. Eigenmann bezeichnet dies als «methodischen Fehler», der korrigiert werden müsse. Der Kanton profitierte doppelt: «Einerseits durch die weiterhin bei ihm anfallenden steigenden Steuererträge, andererseits bleibt er von den steigenden Kosten für die abgegebenen Ausgaben verschont», so Eigenmann.

Die Gemeinden müssen sich durchaus vorwerfen lassen, dass sie bei der letzten Revision den «methodischen Fehler» nicht bemerkten. Gemäss der Finanzdirektion haben die Gemeinden dem Ansatz zugestimmt. Eine Praxisänderung von einer fixen Kompensationszahlung zu einem Steuerfusstransfer sei Gegenstand der Diskussionen und in einem zweiten Schritt geplant gewesen. In einem solchen System würde der Kanton für eine abgegebene Aufgabe seinen Steuerfuss um einen bestimmten Prozentsatz senken, damit die Gemeinden ihren um den gleichen Satz erhöhen könnten. So bleibt die Steuerlast für die Bevölkerung die gleiche, die Gemeinden könnten jedoch von den steigenden Steuereinnahmen profitieren, was gemäss Regierung auch gerechter wäre.

Mit den Forderungen der Initiative werde laut FKD diese Lösung unterlaufen. Die Initiative sei deshalb problematisch und wenig zielführend. Gemäss Markus Eigenmann habe die IG gar keine andere Wahl gehabt, da sich nach mehrmaligem Nachfragen beim Kanton kein weiterer Fahrplan abzeichnete. Die Aufnahme des Steuerfusstransfers wäre für das Gefäss der Gemeindeinitiative zu komplex gewesen, so Eigenmann. Mit der Sistierung der Vorlage habe man gemäss Eigenmann bereits viel Zeit verloren: Bis zu einer allfälligen Umsetzung der Initiative wird es weitere zwei Jahre dauern. Sobald fünf Gemeinden zugestimmt haben, werde die Initiative eingereicht, sagt Eigenmann. Arlesheim, Allschwil und Binningen haben bereits Ja gesagt, es folgen Therwil, Pratteln und Oberwil. Das Zustandekommen dürfte reine Formsache sein.

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