Den «Speckgürtel» plagen finanzielle Sorgen
Den grossen Agglomerationsgemeinden rund um Basel geht es finanziell schlecht. Fürs kommende Jahr sehen die meisten hohe Defizite vor. Das lässt sich kaum ändern, wie der Arlesheimer Gemeindepräsident erklärt.
Noch haben nicht alle Baselbieter Gemeinden ihre Budgets für das kommende Jahr präsentiert. Doch im Unterbaselbiet zeichnet sich ein klarer Trend ab: Das kommende Jahr wird rabenschwarz oder buchhalterischer ausgedrückt: tiefrot. Fast alle grösseren Gemeinden im Agglomerationsgürtel rechnen mit einem Verlust, meist in Millionenhöhe.
Am dunkelsten sind die Aussichten in Reinach. Bereits im Oktober kommunizierte der Gemeinderat, er rechne mit einem Verlust von rund 7 Millionen Franken – mehr als doppelt so viel, wie für das laufende Jahr 2024 vorgesehen ist. Er machte die «massiv höheren Kosten» in der Bildung und der Gesund-heit» geltend. Nicht viel besser sieht es in Allschwil aus. Dort rechnet man mit einem Minus von 5,4 Millionen Franken, ebenfalls fast eine Verdoppelung gegenüber dem Voranschlag 2024.
Knapp 2 Millionen Franken soll der Verlust in Muttenz betragen, dies bei einem Aufwand von knapp 100 Millionen Franken. In Pratteln stellte der Gemeinderat neulich nüchtern fest: «Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen.» Trotz bereits eingeleiteter Massnahmen dürfte die Gemeinde 2025 ein Minus von einer Million Franken schreiben.
Unter den grösseren Gemeinden nur zwei Ausnahmen
In dieser schwarzen Serie gibt es nur wenige Ausnahmen. Münchenstein sieht einen Gewinn von 0,6 Millionen Franken vor, Arlesheim 0,8 Millionen Franken. An anderen Orten hingegen ist bereits von einer Steuererhöhung die Rede. In der Tiefsteuergemeinde Bottmingen etwa bereitet der Gemeinderat die Stimmberechtigten seit Monaten darauf vor. Er prognostiziert für nächstes Jahr eine Lücke von 2,2 Millionen Franken.
«Dort, wo die Anzahl Schülerinnen und Schüler steigt und zugleich die ältere Bevölkerung zunimmt, kann eine Steuererhöhung nötig sein», sagt der Arlesheimer Gemeindepräsident Markus Eigenmann. Für ihn ist der entscheidende Faktor für die roten Zahlen die Demografie: Einerseits werden die Menschen immer älter, das bringt höhere Beiträge der Gemeinden mit sich, etwa für die Spitex sowie die Alters- und Pflegeheime «Die Agglomeration ist attraktiv für ältere Menschen», sagt Eigenmann. «Sie ist gut erschlossen, und es gibt viele Gesundheitseinrichtungen.»
Andererseits wird in den Gemeinden, in denen die Bevölkerung wächst, neuer Schulraum nötig, «und der bringt teure Investitionen mit sich», so der Freisinnige. Diese demografische Entwicklung habe man zwar voraussehen können. Jetzt seien einige Gemeinden aber vom Tempo überrascht worden. «Und in beiden Bereichen, Alter und Schulraumplanung, kann man nicht viel machen, um sie zu steuern.»
Wenig Unterstützung dürfen die geplagten Gemeinden vom Kanton erwarten. Denn der kämpft bekanntlich bereits mit seinem eigenen defizitären Haushalt. «Primär muss jede Gemeinde für sich schauen», sagt Eigenmann. Seine Hoffnung liegt jetzt in der Revision des Finanzausgleichs. Am Dienstag reichten sieben Gemeindevertreter eine Initiative ein. «Diese würde sicher Planungssicherheit und eine Entlastung bringen.»
Einsparmöglichkeiten sieht Eigenmann bei den Versorgungsregionen fürs Alter und generell in einer noch stärkeren überkommunalen Zusammenarbeit, obwohl diese im Unterbaselbiet bereits so weit ausgebaut ist wie sonst nirgends im Kanton. Die Birsstadt will in diese Richtung aktiv werden, wie er sagt: «Wir wollen aus einer übergeordneten Perspektive untersuchen, wo es weiteres Synergiepotenzial gibt.»
Manche Gemeinden im Unterbaselbiet fahren bewusst eine Wachstumsstrategie, fördern also mit Bauprojekten das Bevölkerungswachstum. Erwartungsgemäss sausen die Kinderzahlen in die Höhe – mit entsprechendem sofortigem Raumbedarf an den Schulen. Vom Wachstum erhofft man sich dann höhere Steuereinnahmen. «Aber es dauert immer einige Zeit, bis sich diese auf die Rechnung auswirken», sagt Eigenmann. «Und es wird sich zeigen, ob die Rechnung unter dem Strich aufgeht.»