Die pfeifenden Hochhäuser

Bläst ein starker Wind, peitscht ein gellendes Pfeifen durch gewisse Ortsteile in Dornach, Aesch und Reinach. Anwohnende sind sich sicher, dass der Lärm von den eben erst fertiggestellten Hochhäusern bei der Nepomukbrücke ausgeht.

Eben fertiggebaut: die drei Hochhäuser auf dem ehemaligen Stöcklin-Areal auf Aescher und Reinacher Boden. Foto: Kenneth Nars

Mit der Regenfront blies am Dienstagabend vor einer Woche ein kräftiger Wind durchs Birstal. Wie ein ohrenbetäubender Tinnitus heulte ein Pfeifen durch den unteren Dorfteil in Dornach. Auch in Aesch war das Phänomen zu ­hören. In den sozialen Medien beklagten sich die betroffenen Anwohnenden über den Lärm. Eine der Betroffenen ist Kim Ilg. Seit September dröhne bei starkem Wind immer wieder dieses Pfeifen her­über. Für sie steht ausser Frage, wo die Luftturbulenzen einen unangenehmen Ton verursachen: Er stamme von den eben fertiggebauten Hochhäusern auf dem Stöcklin-Areal ennet der Birs. Seit über 30 Jahren wohne sie in Dornach, und das Pfeifen sei erst jetzt aufge­kommen, als die Hochhäuser mit zwölf Stockwerken fertiggebaut seien. Mehrfach meldete sich Ilg bei der Investorenfirma HRS. Bislang ohne Echo.

Am Dienstagabend vor einer Woche wandte sich Ilg im Dornacher Dorfchat an die Bevölkerung. «Es kann doch nicht sein, dass wir jedes Mal, wenn Wind aufkommt, diesem Lärm ausgesetzt sind», schrieb Ilg. Ein von ihr aufgenommenes Video untermauert, wie penetrant das Pfeifen zu hören ist. Auf Anfrage sagt sie: «Das halbe Dorf steht nachts im Bett. Auf dem Balkon habe ich 85 Dezibel gemessen, im Haus drinnen 65 Dezibel. Das ist enorm.»

Auch bei den Behörden aufgelaufen

Ilg kennt zwei Personen, die eben erst in eines der neuen Hochhäuser gezogen sind. Interessanterweise sei das Pfeifen dort weniger stark zu hören als gegenüber in Dornach. «Wenn sie das Fenster offen haben, tönt es, als würde ein Zug vorbeifahren», hätten sie ihr erzählt. Ilg vermutet daher, der Durchzug zwischen den beiden Max Towers und einem dritten danebenstehenden Turm würde das Pfeifen verursachen.

Nicht bloss bei der Bauherrin HRS hat sich Ilg gemeldet. Sie hat auch die Gemeinden Reinach und Aesch angeschrieben. Aus Aesch erhielt sie keine Antwort. Gemeindeverwalter Roman Cueni sagt auf Anfrage: «Dieses E-Mail wurde noch am selben Tag an die HRS weitergeleitet mit der Bitte um eine kurze Stellung­nahme. Leider haben wir von Seiten HRS bisher keine Rückmeldung erhalten.» Grundsätzlich müsse sich die Bauherrin solcher Probleme annehmen. Reinach verwies Ilg an die Fachstelle für Lärmschutz des Kantons. Doch auch diese habe geantwortet, dafür sei sie nicht zuständig. «Niemand weiss, wer wirklich dafür verantwortlich ist.»

Der Dornacher Gemeindepräsident Daniel Urech weiss um die Lärmklagen im Dorf, die mit der neuen Wohnsiedlung zusammenhängen. Er wolle mit den Präsidien der Nachbargemeinden und dem Kanton Kontakt aufnehmen, sagt er. Der Solothurner Regierungsratskandidat hatte sich gegenüber der bz bereits kritisch zur neuen Überbauung auf der anderen Seite der Birs geäussert: «Die massiven Kubaturen, wie sie derzeit in unserer Nachbarschaft in Aesch auf dem ehemaligen Stöcklin-Areal realisiert werden, taugen nicht als Vorbild für unsere Gemeinde.» Insgesamt entstehen auf dem Wohnareal Aere, durch das die Gemeindegrenze zwischen Aesch und Reinach verläuft, 250 Wohnungen.

HRS will Messungen durchführen

Hans Klaus, Sprecher der Bauherrin der grossen HRS-Überbauung, sagt auf Anfrage: «Wir nehmen die Sache ernst und werden die Situation beurteilen.»

Dass durch Wohntürme ein Pfeifen verursacht werden könne, sei bekannt. In Zürich gebe es dieses Phänomen bei ­bestimmten meteorologischen Gege­benheiten auch hin und wieder mal. Um dies möglichst zu vermeiden, hätten Bau­physiker auch für das Stöcklin-Areal die Luftströme errechnet und mit den Hochhäusern simuliert.

Klaus gibt aber auch zu bedenken, dass die Bauten und deren Umgebung noch nicht fertiggestellt sind. HRS kündigt Messungen an, um dem aus der Bevölkerung gemeldeten Problem auf den Grund zu gehen. «Manchmal lässt sich der Klang mit kleinen Massnahmen, wie etwa einer Bepflanzung, beheben oder optimieren», sagt Klaus. Sollte sich jedoch heraus­stellen, dass das Pfeifen nur bei einer seltenen Wetterlage entsteht, gelte es, die Bevölkerung entsprechend zu infor­mieren.

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