Roboter statt Lokomotiven
Die alten Fabrikhallen auf dem ehemaligen ABB-Areal sollen einem Kompetenzzentrum weichen. In Etappen sollen bis in zehn Jahren 750 Arbeitsplätze entstehen – bei einem Investitionsvolumen von bis zu 500 Millionen Franken.
Julia Gohl
In der Landwirtschaft lässt eine Brache neue Kräfte entstehen. Und genau das ist auch hier passiert», sagte der Baselbieter Regierungspräsident Thomas Weber diesen Montag in Arlesheim. Dabei hallten seine Worte von den Wänden. Denn für die Medienorientierung zum Kompetenzzentrum für Hightech-Firmen, das auf dem ehemaligen ABB-Areal entstehen soll, hatten sich die Veranstalter eine alte Industriehalle ausgesucht. «Sie muss leider abgerissen werden», erzählte Arealentwickler Hans-Jörg Fankhauser. Denn wo einst die Brown, Boveri & Cie. (BBC) an Loks schraubte, sollen bald Roboter arbeiten. Und wenn Fankhauser von den Visionen für das Kompetenzzentrum zu erzählen beginnt, scheint er die Wehmut über den Abriss der Halle zu vergessen, die seit 50 Jahren leer steht.
Das 35 000 Quadratmeter grosse Grundstück soll nur zu 50 Prozent bebaut werden. Dafür ist für das Kompetenzzentrum eine Höhe von 24 Meter und eine Nutzungsfläche von insgesamt gut 50 000 Quadratmetern für 750 Arbeitsplätze vorgesehen. Gebaut werden soll in Etappen über gut zehn Jahre verteilt. Insgesamt würden wohl 400 bis 500 Millionen Franken investiert. Die Baueingabe ist gemäss den Verantwortlichen für März 2017 vorgesehen, der Baubeginn für die erste Etappe dann Ende 2017. Erst muss allerdings die Genehmigung des im April dieses Jahres von der Gemeindeversammlung abgesegneten Zonenplans Siedlung der Gemeinde Arlesheim abgewartet werden. Diese befindet sich zurzeit noch in Einigungsverhandlungen mit Einsprechenden, man sei laut Arlesheimer Gemeindepräsident Markus Eigenmann jedoch zuversichtlich, dass der Regierungsrat die Pläne in den kommenden Wochen absegnen kann.
Platz für Industrie 4.0
«Wir wollen wirklich etwas Neues machen für eine neue Industrie mit neuen Arbeitsplätzen», sagte Thomas Staehelin an der Medienorientierung, an der er immer wieder präzisieren musste, welchen Hut er gerade aufhat. Denn Staehelin ist einerseits Verwaltungsrat der Stamm Bau AG, die vor rund drei Jahren auf das ehemalige ABB-Areal zog, und mit dem Wunsch, dem Kanton das Grundstück abzukaufen, die jetzige Entwicklung losgetreten hat. Er ist aber auch Verwaltungsratspräsident sowie gemeinsam mit seiner Frau Inhaber der Uptown Basel AG, die nun Grundeigentümerin ist. Aber auch als Präsident der Handelskammer beider Basel sprach er gestern vor den Medien.
Völlig neu soll das Kompetenzzentrum deshalb sein, weil es für die Industrie 4.0 geplant ist. Unter diesem Begriff wird die durch das Internet möglich gewordene zunehmende Vernetzung und Automatisierung von Arbeits- und Produktionsprozessen verstanden.
So sollen auf dem ehemaligen ABB-Areal einmal Roboter andere Roboter bauen, etwa für die Medizinaltechnik. Dafür soll im unteren Teil des Kompetenzzentrums eine hohe Produktionshalle errichtet werden, die je nach Bedürfnissen der untergebrachten Firmen mit einer Zwischendecke versehen werden kann. Die Gebäudetechnik kann nicht unter dem Zentrum verstaut werden, da aufgrund der Grundwassersituation nach vier Metern Tiefe Schluss ist. Deshalb ist ein Zwischengeschoss mit der Gebäudetechnik vorgesehen. Darüber bieten zwei Stockwerke Platz für Büros und Entwicklungsräume. Vorgesehen ist weiter ein Dachgarten und zwei Atrien. Im Moment prüfen die Verantwortlichen zusammen mit der ETH Zürich, ob das Gebäude komplett aus Holz gebaut werden kann.
Ein Musterbeispiel
«Dies ist ein Musterbeispiel für das Zusammenspiel zwischen öffentlicher Hand und Privaten für eine aktive Standortförderung», schwärmte gestern Theo Hartmann, Vizepräsident der Stamm Bau AG. Dem pflichtete auch Regierungsrat Weber bei: «Hier zeigen wir, wie man als Staat Entwicklung ermöglichen kann.» Das ehemalige ABB-Areal ist eines der wichtigsten Areale der Baselbieter Wirtschaftsoffensive, die auf anderen Arealen wie etwa Salina Raurica in Pratteln eher harzig läuft. Auch Arlesheims Gemeindepräsident Eigenmann freut sich: «Das ist genau, was wir mit unserer Ansiedlungsstrategie bezwecken.»
«Es war ein langer, komplexer Weg hierhin», so Staehelin. «Manchmal hat mich das Projekt an den Rand der Verzweiflung gebracht. Aber das jetzige Resultat ist sehr gut.» Er ist überzeugt, dass neben auserkantonalen Firmen auch internationale Unternehmen den Weg nach Arlesheim finden werden. Mit einem grossen Player sei man, so Fankhauser, bereits in Gesprächen.