Fliesst zu viel Geld auf die Schiene?
Brauch die Strasse mehr Geld? Und wenn ja, wie viel? Das Podium des Pfeffinger Forums zeigte, dass die Begehrlichkeiten weit höher sind als die Bundesmittel. Die Lösung der Probleme bedingt auch eine Veränderung der Mobilität.
Lukas Hausendorf
Ist Autofahren zu günstig?», fragte Diskussionsleiter Philipp Hammel eingangs des Podiums zum Thema Verkehr und Umwelt. Arbeit und Verkehr seien immer weiter auseinandergedriftet, das müsse einfach wieder näher zusammen, meinte Nationalrätin Regula Rytz (Grüne) aus Bern. Umgekehrt befand der Aargauer Fuhrhalter und Nationalrat Ulrich Giezendanner (SVP), dass die Mineralölsteuer nicht zu teuer sei. Nur werde das Geld nicht optimal verteilt. Jetzt wird sie erneut um vier Rappen steigen, um die NAF-Vorlage zu finanzieren. Nur: reicht das Geld? «Die Einnahmen aus der Steuer werden tendenziell sinken», warf der Tessiner Nationalrat Fabio Regazzi (CVP) ein. Die Autos würden effizienter und brauchen weniger Treibstoff.
Dafür fliesst durch den NAF auch Geld auf die Schiene, sehr zum Gefallen von Regula Rytz und sehr zum Missfallen von Giezendanner – und der Mehrheit im Publikum. «Was nützen Ihnen die Milliarden dort, wenn Sie in Dornach immer im Stau stehen?», warf er rhetorisch in die Runde. 82 Prozent des Binnenpersonenverkehrs finde nämlich auf der Strasse statt. Rytz konterte: «Wer Strassen sät, erntet Stau», ein Zitat aus einer Studie von Ökonomen der Credit Suisse – «Bürgerliche Ökonomen», wie Rytz nachschob. Vielmehr sollten Autos effizienter genutzt und Arbeitszeiten flexibilisiert werden. «Es braucht ein intelligenteres Verkehrsmanagement.» Das konnte Regazzi nicht stehen lassen. Zuletzt seien zur Zeit der Mondlandung Strassen gebaut worden, frotzelte er. Er plädiere hingegen dafür, aufzuhören, die Strasse gegen die Schiene auszuspielen. «Es geht um Komplementarität. Wir brauchen leistungsfähige Schienen und Strassen.»
Beide Basel politisch einig
Nachdem die Bundespolitiker im grossen Bogen die Verkehrsproblematik im Grundsatz kontrovers debattiert hatten, konnten sich dann auch die Verkehrsdirektoren beider Basel in die Diskussion einklinken. Sabine Pegoraro (FDP) nutzte ihr Heimspiel sogleich, um zu versprechen, das Möglichste zu machen, um die Bauzeit des Schänzli-Tunnels noch weiter nach unten zu drücken. Zugleich kritisierte sie das Bundesamt für Strassen, deren Sanierungskonzepte, «plakativ ausgedrückt, aus dem letzten Jahrtausend stammen» würden. Es brauche für solche Sanierungen Redundanzen. Entlastung könnte auch die A98 in Deutschland bringen. Praktisch parallel zum Rhein verläuft eine vierspurige Autobahn, die, so Pegoraro, der Nutzung mangle. «Frau Bundesrätin Leuthard, könnten Sie da mal in Berlin vorstellig werden?»
Tatkräftige Unterstützung erhielt Pegoraro von ihrem Basler Amtskollegen Hans-Peter Wessels (SP), der beim Rheintunnel die Zusammenarbeit mit Baselland und dem Astra lobte. «Das grösste Problem bei solchen Projekten sind die juristischen und politischen Risiken», gab er zu bedenken. Einsprachen könnten heute solche Projekt jahrelang verzögern, auch wenn politisch Einigkeit bestehe. «Je besser wir als Region zusammenstehen, desto schneller kommen wir vorwärts», hängte er an. Da müsse die Region besser werden. Eine kleine Spitze gegen den Landkanton, wo es Skepsis gegenüber dem Rheintunnelprojekt gibt, wenngleich keine wirkliche Opposition.
Und die Umwelt?
«Ihr habt beste Beziehungen! Der Baselbieter Regierungspräsident Thomas Weber war Direktor beim Astra», warf Giezendanner dazwischen. «Ihr zeigt die ganze Zeit, wie es nicht geht.» Es könne doch nicht sein, dass es 20 Jahre brauche für so ein «Tunnelli». Giezendanner hatte die Lacher auf seiner Seite. Derweil suchte Regula Rytz den philosophischen Ansatz und fragte die Runde, ob es denn ein Naturgesetz sei, dass der Verkehr immer zunehme. Ein Gedanke utopischer Natur. Mindestens an diesem Pfeffinger Forum. Das Thema Umwelt wurde von der Strasse links liegen gelassen. «Umweltfreundliche Mobilität kein Thema. Verpasste Chance», twitterte die Baselbieter Nationalrätin Maya Graf nach dem Anlass.