Aadie «Pfäffigerli»: Der Höhepunkt vor der Fasnacht ist Geschichte
Nach zehn Jahren ist vergangene Woche das letzte «Pfäffigerli» über die Bühne gegangen. Mit 14 Schnitzelbängg feierten die Pfeffinger einen fulminanten Abschluss.
Vor zehn Jahren hatte Carola Kaiser mitten in der Nacht eine Blitzidee: Sie träumte von einer Vorfasnachtsveranstaltung in Pfeffingen. «Wir haben die Idee schnell ‹z Faade gschlage› – Freunde und Verwandte waren von Anfang an als Helfer mit an Bord», sagt Ehemann Daniel Kaiser. Was die beiden aus dem Einfall machten, stiess jahrelang auf helle Begeisterung. 2015 fand das erste «Pfäffigerli» in Böbs’ Dorfschüre statt – und seither ist der Schnitzelbangg-Abend ein absoluter Geheimtipp im Baselbiet.
Am vergangenen Schmutzigen Donn-schtig ging nun die letzte Ausgabe des «Päffigerli» über die Bühne. In Böbs’ Dorfschüre kamen noch einmal Stammgäste zusammen, die dem Anlass seit der ersten Stunde treu gewesen waren. Es war, als träfe sich eine grosse Familie zum Fest – ein freudiges Wiedersehen da, heitere Zurufe dort. Gleichzeitig schwang da eine sanfte Melancholie mit.
Dass Carola und Daniel Kaiser aufhören wollen, bedauerten viele der «Bänggler». Dr Schnitzelfritz etwa änderte kurzerhand seinen Refrain: «Juppeidi und juppeida, mir hätt es au gärn anderscht gha, juppeidi und juppeida, me cha nid alles ha!» Darauf folgte ein bissiger Vers zur Tempo-30-Abstimmung in der Gemeinde ob Aesch:
«Dr Däni und d Carola fiire das Joor 10 Mol ‹Pfäffigerli›, jo, das isch woor! / I sag: Machet no zwänzg Joor! Dr Dänni wär schissig, / jo weisch, denn wär z Pfäffige wenigschtens öbbis mol drissig!»
Von Landvögten und Gemeindeverwaltern
Die Dichte an lokalen Versen war am «Pfäffigerli» erfreulich hoch. So bewegten die Bänggler etwa die Biodiversität oder die fehlenden Schaukästen in Aesch, genauso wie die Rivalität zwischen Aesch und Pfeffingen. Aber auch die Verwaltungen der beiden Gemeinden bekamen ihr Fett weg. So dichtete die junge Aescher Schnupfnase:
«Z Aesch und z Pfäffige chunnsch ammen ins Studiere: Wäär duet äigedlich die bäide Döörffer regiere? / Jo, Landvögt hed me gha im Mittelalter, hüt säisch däänen äifach Gmäinsverwalter.»
S Wöschwyb, ebenfalls ein Aescher Bangg, zeigte sich ähnlich bissig:
«D Aaschlaagchäschte hed me yynegnoo.Käi Chnoche wäiss, was z Aesch duet goo. / Jetz dien si d News – me chaas begryffe – z Neu Aesch vo de Dächer pfyffe!
Käi Gmäiniroot bloogt s schlächte Gwüsse, / die penne und wäi gar nüt wüsse!»
S Elfi-Glöggli aus Basel teilte ebenfalls gegen die pfeifenden Hochhäuser auf dem Stöcklin-Areal aus, auch wenn der Seitenhieb nach dem Refrain das Publikum überlegen liess, bevor es in schallendes Gelächter ausbrach:
«Das Zwüscheliedli het e bekannte Komponischt us Aesch extra komponiert, dass mes guet cha pfiffe – dä heisst Max Towers.»
Nach den lokalen Wunderlichkeiten wechselte der Bangg auf die internationale Bühne. Zur Wahl des amerikanischen Präsidenten sang er:
«Muess e Profigolfer ins Gfängniss, denn het me in iglocht. / Liiferet e Kurier an die falsch Adrässe, hetr sich verbrocht. / Steckt e Schöfer mit dr Härde im Morascht, hetr sich verschlampt. / Und Amerika het sich gottsjämmerligg vertrampt.»
Donald Trump kam erwartungsgemäss bei fast allen Bänggen schlecht weg. S Daameryschli etwa dichtete:
«Sii, dä Donald Trump isch immer no kai Scheene, am liebschte duet är Fraue, eb si wänn oder nit, ‹verweene›. / S Melania duet är im Bett sit langem nimm begligge, will jeedi Nacht dä Elon Musk im Bettgrääbli duet ligge.»
Und S spitzig Ryssblei machte es knackig kurz: «Dr Musk und dr Trump fliegen uf e Mars ... – so, das war’s!»
«Ain an d Schnuure ghaue»
Zwischen den vier Gängen wurden den Gästen jeweils vier Bängge nacheinander «serviert». Dass der Zeitplan dabei fast auf fünf Minuten genau eingehalten wurde, ist wohl der akribischen Planung der Organisatoren zu verdanken. Nach der Hauptspeise jedenfalls widmete sich d Schnapsbagge wieder nationalen Themen. Der Untergang der Credit Suisse etwa weckte starke Emotionen:
«Ych bi am letschtmeeglige Daag in e Filiale von ere CS, ha nimm gschloofe, s hett mi ploggt. / Ob s Gäld sicher uff e UBS-Konto kunnt, han ych e Junge, Dynamische mit Gel-Frisur gfrogt. / ‹Aber nadyyrlig›, hett dä gsait, ‹Si wisse, unsere oberschte Kaderlyt ka me vertraue.› / Do han ych noodänggt und em ain an d Schnuure ghaue.»
S Källerdiirli giftelte derweil gegen einen Basler Betrieb:
«Ich ha do e Witz, jetzt miend ir loose, bi däm mached ir eich vor Lache in d Hoose. / Vor Vergniege draied ir grad am Rad, ok, jetzt bring en, sin dr barat? / ‹Mir bringe sie haim, durch Wind und Schnee: Dangge firs Vertraue – Iri BVB.›»
Ein Schimmer Hoffnung
Je älter der Abend wurde, desto euphorischer, aber auch emotionaler wurden Publikum, Bängge und Helfer. Die Organisatoren Carola und Daniel Kaiser erhielten Dankesreden, Umarmungen und gutes Zureden: «Chömet, machet doch nomol e Joor!», hiess es von allen Seiten. Das Ehepaar war sichtlich gerührt ob des vielen Lobs.
Die beiden leidenschaftlichen Fasnächtler hatten das «Pfäffigerli» über die Jahre stets weiterentwickelt. Von Anfang an war die Qualität der Bängge hoch, das Ambiente in der mit Räppli, Larven und Fasnachtsbändeli geschmückten Dorfschüre urchig-schön, das Menü passend zum Abend. So entwickelte sich das «Pfäffigerli» zur beliebtesten Vorfasnachtsveranstaltung im Baselbiet. Dies zumindest attestierten die anwesenden Bänggler dem Anlass – auch jene, die aus der Stadt angereist waren. Dass alle Ausgaben des «Pfäffigerli» jeweils restlos ausverkauft waren, bestätigt dieses Urteil.
Für Carola und Dänni Kaiser – aber auch für das gesamte Helferteam – gab es am Ende langen Applaus und Standing Ovations. Nicht nur, weil es das letzte «Pfäffigerli» war; nein, auch weil das diesjährige Programm ein fulminanter Höhepunkt in den zehn Jahren dieses Schnitzelbangg-Abends war. 14 Formationen sangen, dichteten und spielten mit unglaublicher Qualität ihre Verse – so viele wie noch nie zuvor.
«Wir haben viel Zeit in die Organisation investiert, haben unzählige Bänggler kennengelernt, waren viel unterwegs. Es war eine wunderbare Zeit. Aber jetzt brauchen wir eine Pause», sagte Carola Kaiser am Ende des Abends. Ob es wirklich das Ende war? «Vorerst schon», sagt sie bei der Verabschiedung lachend und lässt damit einen Schimmer Hoffnung, dass in Pfeffingen dereinst vielleicht doch wieder «Värsli brünzlet wärde».