«Wir haben ein Finanzierungsproblem»

Die Agglomerationsgemeinde budgetiert 2016 einen fetten Gewinn. Doch die Momentaufnahme trügt: Um die Investitionsziele bis 2020 zu erreichen, muss sich die Gemeinde finanziell zur Decke strecken.

Münchenstein braucht mehr Einwohner: Auf dem Dreispitzareal und bald auch im Van-Baerle-Areal im Gstad entsteht Wohnraum im grösseren Massstab.  Foto: Edmondo Savoldelli
Münchenstein braucht mehr Einwohner: Auf dem Dreispitzareal und bald auch im Van-Baerle-Areal im Gstad entsteht Wohnraum im grösseren Massstab. Foto: Edmondo Savoldelli

Lukas Hausendorf

Dank Buchgewinnen steht Münchenstein 2016 ein Nettoertrag von rund 1,6 Millionen Franken ins Haus. Ohne Sondereffekte hätte der Voranschlag aber tiefrot ausgesehen und einen Aufwandüberschuss von 3,5 Millionen Franken enthalten. Vor allem dank der Auflösung einer Neubewertungsreserve von 4,8 Millionen Franken und Liegenschaftsveräusserungen steigt der Ertrag um sieben Millionen Franken. Auch die Steuerertragskraft der Gemeinde ist stark angestiegen und wird 2016 rund 4,4 Millionen über dem laufenden Jahr liegen.

«Weniger erfreulich ist, dass wir über drei Millionen Franken davon wieder abgeben müssen», meinte Gemeindepräsident Giorgio Lüthi (CVP) an der Gemeindeversammlung vom Montag. Denn: Die höhere Steuerertragskraft führt dazu, dass Münchenstein per 2016 zu den finanzstarken Gebergemeinden im horizontalen Finanzausgleich aufsteigt.

Das ist aus Sicht der Gemeinde ein sehr erfreuliches Zeichen. «Wir sind auf dem richtigen Weg», so Lüthi. Er verwies darauf, dass die Infrastruktur der Gemeinde auf 14 000 Einwohner ausgerichtet sei, aber nur knapp über 12 000 Menschen im Dorf wohnen. Die Neuzuzüger auf dem Dreispitzareal würden schon jetzt einen wichtigen Beitrag leisten, so Lüthi. Weniger erfreulich sind aber einige der relevantesten Kennzahlen im Budget. Der Selbstfinanzierungsgrad wie auch der Selbstfinanzierungsanteil sind im roten Bereich. Zur Deckung der geplanten Investitionen von 11 Millionen muss Münchenstein sechs Millionen Franken aufnehmen. «Das ist hundslausig», sagte Lüthi. Es sei aber auch schon schlimmer gewesen. Die Gemeindeversammlung verabschiedete den Voranschlag mit nur einer Gegenstimme unverändert. Und machte sich damit auch ein kleines Geschenk: Wohl wird am Steuerfuss nicht geschraubt, aber der Feuerwehrpflichtersatz sinkt um einen Punkt auf neun Prozent.

Münchenstein investiert massiv

Trotz eines Finanzbedarfs von 73,6 Millionen Franken bis ins Jahr 2020 will Münchenstein am aktuellen Steuerfuss von 61 Prozent festhalten. In der anlaufenden Planungsperiode werden vor allem im Bildungsbereich grössere Investitionen im Umfang von fast 30 Millionen Franken an. Zu Buche schlägt hier auch der Ausbau des nachschulischen Betreuungsangebots. «Viele unserer Leistungen sind freiwillig. Das kostet etwas. Aber es ist auch Standortqualität», so Lüthi. Weiter stehen Investitionen in die Strassen, Arealaufwertungen und ein neues Gemeindehaus an. Insgesamt summiert sich die Investitionsrechnung in den kommenden fünf Jahren auf 53,5 Millionen Franken. Weitere 20 Millionen Franken werden von einem Darlehen an das Alters- und Pflegeheim Hofmatt sowie dem Schuldenabbau getilgt. Die Verschuldung der Gemeinde steigt bis 2020 dennoch auf 67 Millionen Franken an, dem steht aber ein Eigenkapital von 65,3 Millionen Franken gegenüber. Die rasant steigende Verschuldung hatte einige kritische Voten an der Gemeindeversammlung zur Folge.

Viel Fremdkapital und Landverkäufe

Trotzdem ist die finanzielle Situation der Gemeinde nicht rosig. «Wir haben ein Finanzierungsproblem», sagte Giorgio Lüthi. Die Selbstfinanzierung beträgt denn auch nur magere 15,6 Millionen Franken. Die Gemeinde ist gezwungen, Geld auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen. Dies ist im Umfang von 34 Millionen geplant. Weitere 23,5 Millionen Franken sind einnahmeseitig durch Landverkäufe budgetiert. Dies entspricht 12,8 Prozent der Gesamtfläche des Finanzvermögens. Der Aufgaben- und Finanzplan der Gemeinde ist allerdings nicht verbindlich, Änderungen können jederzeit eintreffen.

Fest steht aber: Das Investitionsprogramm der kommenden fünf Jahre ist ambitioniert. Münchenstein wächst allerdings, womit auch die Ansprüche wachsen. Das Dreispitzareal und bald auch das Van-Baerle-Areal sind grössere Entwicklungsgebiete, auf denen auch Wohnraum im grösseren Massstab entstehen wird, was nicht zuletzt das Ertragspotenzial der Gemeinde beflügelt.

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