Private Planungsvorteile sollen Allgemeinheit zugutekommen
Münchenstein will als erste Baselbieter Gemeinde eine Mehrwertabgabe einführen, die auf Grundstücksgewinne erhoben wird. Eine effiziente Massnahme zur Allokation von Bauland, die bei Eigentümern auf Skepsis stösst.
Die Schweiz verfügt über genügend Baulandreserven, nur liegen sie am falschen Ort, nämlich meistens in peripheren Gebieten, wo sie nicht gebraucht werden. Ein klassisches Allokationsproblem mit dem die Raumplanung zu Kämpfen hat.
Die Revision des Raumplanungsgesetzes, dem das Schweizer Stimmvolk im Frühling deutlich zugestimmt hat, will dem mit einer Mehrwertabgabe von mindestens 20 Prozent begegnen, die auf Planungsgewinne erhoben wird, die aus Ein-, Um- oder Aufzonierungen realisiert werden. Die Profite solcher raumplanerischer Aufwertungen – das sind jährlich mehrere Milliarden Franken – strichen bislang vollumfänglich die Eigentümer ein. Durch Rückzonungen verursachte Planungsminderwerte müssen hingegen vollumfänglich von den Gemeinden entschädigt werden. Die Fachzeitschrift «Die Volkswirtschaft» ortete in dieser Asymmetrie eine der Hauptursachen für das Problem der überdimensionierten Bauzonen. Über die Mehrwertabgabe können die Gemeinden nun aber an den privaten Planungsvorteilen partizipieren und gleichzeitig die ineffiziente Baulandhortung unterbinden. Die Kantone haben nun fünf Jahre Zeit für diese Vorgabe umzusetzen.
Münchenstein geht voran
Solange möchte Münchenstein nicht warten und will bereits an der nächsten Gemeindeversammlung im September eine kommunale Mehrwertsabgabe in der Höhe von 50 Prozent ab einem Planungsgewinn von 100 000 Franken einführen. Der frühe Zeitpunkt ist bewusst gewählt. Münchenstein bereitet zurzeit eine Zonenplanrevision vor, die teilweise zu substanziellen Wertsteigerungen von Landflächen führen werden. Der Gemeinderat misst dabei einer attraktiven Gestaltung der Freiflächen und einer Verbesserung der Verkehrserschliessung eine zentrale Bedeutung bei. Die Kosten dafür sollen über eine zeitnahe Einführung der Mehrwertabgabe gedeckt werden. Bereits im September wird der Dychrain eingezont, womit die rund 11000 Quadratmeter grosse Parzelle eine Wertvervielfachung erlebt, an der die Gemeindekasse gerne partizipieren möchte. «Die Mehrwertabgabe muss also parallel beschlossen werden ansonsten fehlen der Gemeinde für wichtige Aufwertungsprojekte wie auch die direkte Verkehrserschliessung des Dychrains die Mittel», erklärt Gemeindepräsident Giorgio Lüthi.
Skepsis bei Eigentümern
Betroffen von dieser ersten grossen Mehrwertsabgabe wäre die Christoph Merian Stiftung, der das Land am Dychrain gehört. «Grundsätzlich haben wir Verständnis für das Anliegen der Mehrwertsabgabe», sagt ihr Sprecher Toni Schürmann. Die CMS kennt die Abgabe auch schon aus Basel-Stadt, wo sie 1977 eingeführt wurde. Der Teufel steckt allerdings im Detail. Im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens, das am 1. Juli endet, monierte die Stiftung zwei Punkte. Zum einen wird der Zeitpunkt der Fälligkeit dieser Abgabe kritisiert, zum anderen verlangt die CMS, dass Leistungen des Grundeigentümers berücksichtigt werden müssen. Die jetzt vorliegenden Ergänzungsbestimmungen zur Mehrwertabgabe im Zonenplanreglement sind laut Schürmann «noch nicht der Weisheit letzter Schluss».
Offene Fragen hat auch der Hauseigentümerverein Münchenstein. Etwa, was das für institutionelle Anleger und Genossenschaften bedeuten würde. Und vor allem ob Einfamilienhausbesitzer tatsächlich nicht betroffen sind, wie der Gemeinderat in seinen Erläuterungen zum Mitwirkungsverfahren schreibt. «Nach unseren eigenen Berechnungen ist in den meisten Fällen etwas fällig», sagt Vorstandsmitglied André Schenker. Hauptsächlich stösst sich der HEV aber an der Höhe der Abschöpfung, die beim gesetzlichen Minimum von 20 Prozent festzusetzen sei und dem Zeitpunkt ihrer Einführung. «Die Gemeinde sollte die kantonale Regelung abwarten», fordert Schenker. Das Vorpreschen führe am Ende noch zu einer Rechtsunsicherheit.
Öffentliche Info
Ausgeschlossen werden kann tatsächlich nicht, dass der klassische Einfamilienhausbesitzer gar nicht von der Mehrwertabgabe tangiert wird. In 99 Prozent der Fälle sei das aber nicht der Fall, meint Giorgio Lüthi. Zu den Fragen, die im Mitwirkungsverfahren gestellt wurden, darf er aber noch keine Stellung beziehen. Die Antworten werden aber nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der Bericht zum Mitwirkungsverfahren werde bereits am 2. Juli in Angriff genommen. Eine öffentliche Informationsveranstaltung, an der die Resultate präsentiert werden, soll unmittelbar nach den Schulferien stattfinden.