Niklaus Brantschen: ein Meister des Sowohl-als-auch
Die Reformierte Kirchgemeinde lud letzten Freitag zum Gespräch mit dem Jesuitenpater und Zenmeister Niklaus Brantschen ins Kirchgemeindehaus. Das Interesse war gross.
Edmondo Savoldelli
Nicht in einem Vortrag sollte sich an diesem Abend Niklaus Brantschen präsentieren, sondern in den Anworten auf die von der Pfarrerin Tabitha Walther gestellten Fragen konnten die fast 70 Zuhörer den religiösen Lehrer kennenlernen. Das Thema, das dem Abend vom vorbereitenden Team «Frauen und Mütter, Männer und Väter» gegeben worden war, hiess: «Beten, wie geht das»?
Niklaus Brantschen ist 1937 in Randa im Zermattertal geboren. Er studierte Philosophie und Theologie in München, Fourvière/Lyon und Tübingen. Seine Zen-Ausbildung erhielt er in Japan, die Bestätigung des Meistergrades von Glassman Roshi. Zusammen mit Pia Gyger, Psychologin und Zenmeisterin, gründete er im Bildungshaus Bad Schönbrunn das Lasalle-Institut für Zen – Ethik – Leadership. Auch Pia Gyger war an diesem Abend anwesend und brachte sich mit Beiträgen in die Diskussion ein.
Was ihn denn geprägt habe, wollte Tabitha Walther wissen. «Berge, hohe Berge», war die zunächst knappe Antwort von Brantschen. «Berge sind stille Meister und schaffen schweigsame Schüler», zitierte er Goethe. Beten hat der kleine Niklaus von seinem Vater gelernt, wenn er beobachtete, wie dieser in der Kirche die Hände faltete und dazu murmelnd die Lippen bewegte. «Das ist Beten», hielt Brantschen fest. Ob denn Beten ein Gespräch mit Gott sei, wollte eine Zuhörerin wissen. «Ja, aber Gott antwortet nicht. Er geht nicht auf Diskussionen ein», antwortete Brantschen. Beten mache uns menschlich, erklärte er, denn weder Tiere noch Engel würden beten.
Christen, Buddhisten, Mystiker
Ob er denn jetzt Christ oder Buddhist sei? «Ich bin Niklaus Brantschen», liess sich der Theologe nicht festlegen. Zen, was Meditation bedeute, sei etwas ganz Natürliches. Die Erfahrung des Atems führe zur Erfahrung der Einheit mit allem und zur Präsenz. «Oder versuchen Sie mal, voraus- oder nachzuatmen», verwies er die Anwesenden auf das Bewusstsein im Jetzt, welches zu einer mystischen Erfahrung werden könne.
Diese mystische Erfahrung sei der Ansatzpunkt, die Rechthaberei der verschiedenen Religionen zu überwinden. Zenmeister seien interessiert an den Erfahrungen der deutschen und spanischen Mystiker. Den Auftrag Christi, «Liebet eure Feinde», könne man auch im Mitgefühl des Zen üben.