«Hallo, ich bin ein Mensch, keine Krankheit»

Domenico Sposato hat einen Dokumentarfilm über fünf Nutzerinnen und Nutzer der Werkhalle des VSP Baselland in Münchenstein gedreht. Am Freitagabend ist Première.

Filmstill: Einer der fünf Sympathieträger, die Einblicke in ihr Leben geben.  foto: ZVG
Filmstill: Einer der fünf Sympathieträger, die Einblicke in ihr Leben geben. foto: ZVG

Thomas Brunnschweiler

Es gibt viele Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung, die mitten unter uns leben – und es sind mehr als man denkt. Und vielen sieht man es nicht an. Für den Verein für Sozialpsychiatrie Baselland ist es wichtig, dass solche Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können und eine Tagesstruktur erhalten, die ihnen Halt und Wertschätzung vermittelt. Die Werkhalle auf dem Walzwerk-Areal ist ein Angebot mit einer breiten Palette von Freizeitaktivitäten und angepassten Arbeitsstellen.

Protagonisten sind wichtig

Wie sieht der Alltag der Menschen aus, die hier arbeiten, essen, reden und Beziehungen knüpfen? Domenico Sposato, ursprünglich Lehrer, heute Student der Kulturwissenschaft und passionierter Fotograf, hat sich in einem Film der Realität von fünf Menschen angenommen, die alle die Angebote der Werkhalle nutzen oder genutzt haben. Der Film entstand im Rahmen des Lizenziats von Sposato, das den Schwerpunkt visuelle Anthropologie hat. Sposato geht es also darum, den Alltag sichtbar zu machen, ohne aber das Geschehen zu werten. Für ihn waren und sind die fünf Menschen – drei Männer und zwei Frauen – nicht Studienobjekte, sondern die Protagonisten eines Dokumentarfilms, der ohne Kommentare aus dem Off auskommt. Die fünf Menschen leben in unterschiedlichen Wohnformen und haben ganz verschiedene Biografien. Alle werden jedoch vom VSP in irgendeiner Form unterstützt.

Ein halbes Jahr lang hat Sposato gefilmt. In dieser Zeit haben sich spannende Gespräche und Begegnungen ergeben, aber der Filmemacher fühlte sich nie als Eindringling. «Die Unterstützung vor Ort war sehr gross, besonders auch von der Geschäftsleitung», sagt Sposato. Ansprechpartnerin in der Werkhalle war für ihn Lea Classen, Sozialpädagogin und Kulturmanagerin. Sposato regt mit seinem Werk einen Diskurs an, der zur Enttabuisierung psychischer Erkrankungen beiträgt.

Enttabuisierung

Domenico Sposato war bereits bei einer kleinen Fotoausstellung in die Aktivitäten der Werkhalle involviert, wo seine Videoinstallation bei den Nutzern gut ankam. Es ist für ihn ein Glücksfall, dass er sein Lizenziat im Zusammenhang mit einem Film abschliessen kann. Professor Walter Leimgruber, Ordinarius und Leiter des Seminars für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie, ist Mentor des Projekts. Sposato sagt: «Für mich war es wichtig, dass es zwischen mir und meinen Protagonisten eine gute Vertrauensbasis gab. Einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Spielfilm und Dokumentarfilm gibt es nicht. Beides ist eine geschlossene Einheit.»

 Für Sposato sind die fünf Menschen Sympathieträger, die zeigen, wie man mit einem sehr schwierigen Schicksal zurande kommen kann. Der Filmemacher zeigt Geschichten, wie sie überall und jederzeit passieren. Depressionen, das Borderline-, Burn-out-Syndrom sowie Psychosen können schliesslich jeden treffen. Auch deshalb ist der Besuch dieses Films empfehlenswert.
Première des Films «Werkhalle – Porträts von fünf Nutzerinnen und Nutzern der Werkhalle des VSP Baselland», Freitag, 9. März 2012, 19.00 Uhr, Tageszentrum Werkhalle, Tram-strasse 66, Münchenstein.

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