Erste Nagelprobe für die kommunale Mehrwertabgabe
Das Läckerli-Huus will keine Mehrwertabgabe bezahlen und hat gegen den Beschluss der Münchensteiner Gemeindeversammlung Beschwerde erhoben. Ein Präzedenzfall bahnt sich an.
Lukas Hausendorf
Schon an der Gemeindeversammlung im vergangenen September zeichnete sich ab, dass die Einführung der Mehrwertabgabe in Münchenstein ein Geschäft ist, über das am Ende möglicherweise nicht nur der Souverän, sondern auch und vor allem Richter entscheiden werden. Als Baselbieter Pioniergemeinde in dieser Sache musste man in Kauf nehmen, auch zum Präzedenzfall zu werden. Schliesslich machte Läckerli-Huus Besitzerin Miriam Blocher schon im Vorfeld deutlich, dass sie mit den Plänen des Gemeinderats gar nicht einverstanden ist. Schliesslich ist sie eine der Hauptbetroffenen.
Durch den Umzug ihrer Läckerlifabrikation nach Frenkendorf wird der alte Produktionsstandort in Münchenstein umgezont. Die Wertsteigerung, welche die Parzelle durch diese planungsrechtliche Aufwertung erfährt, hatte Blocher, die das Land verkaufen wird, offenbar schon fest einkalkuliert. Und sie will diesen Gewinn auch weiterhin nicht mit der Gemeinde teilen. Wie die «Basler Zeitung» am Montag schrieb, geht sie nun juristisch gegen die Abgabe vor. Es geht dabei um einen nicht unerheblichen Betrag. Ein Viertel des Planungsgewinns müsste sie der Gemeinde abgeben, welche das Geld wiederum in die Erschliessung des Landes reinvestieren würde. Bei Einzonungen würde sogar eine Abgabe von 40 Prozent fällig.
Damit sieht sich die Christoph-Merian-Stiftung konfrontiert, deren Land am Dychrain nach Einführung der Mehrwertabgabe vom Ackerland zur Wohnzone wurde. Die CMS hat sich damit aber abgefunden. Blocher steht mit ihrem Widerstand indes nicht alleine da. Sie darf sich auf die Rückendeckung der abgabefeindlichen Wirtschaftskammer und der Kantonsverwaltung stützen. Kantonsplaner Martin Kolb warnte Münchenstein schon im Sommer vor der Einführung der kommunalen Mehrwertabgabe, die einer kantonalen gesetzlichen Grundlage entbehre. Der Kanton seinerseits hat noch maximal fünf Jahre Zeit eine Mehrwertabgabe einzuführen. Dies schreibt das Raumplanungsgesetz des Bundes vor.
Der Richter soll sprechen
Der Münchensteiner Gemeinderat sieht das aber anders und stützt sich dabei auf das eidgenössische Raumplanungsgesetz, das vergangenen März vom Volk angenommen wurde. Zudem, führt Gemeindepräsident Giorgio Lüthi ins Feld, gebe es sowohl im Kantons- wie im Gemeindegesetz keine Rechtsnorm, die Münchenstein die Mehrwertabgabe verbiete. Zumal es sich dabei im juristischen Sinne nicht um eine Steuer handelt, wie schon das Bundesgericht festgehalten hat. Die Regierung wird aber dennoch im Sinne der Beschwerdeführerin Miriam Blocher entscheiden, alles andere wäre eine Überraschung. Und kommen dabei nicht ganz neue Argumente auf den Tisch, wird Münchenstein das Verdikt vor dem Kantonsgericht anfechten.
Bei der aktuell unklaren Gesetzeslage ist für die Gemeinde klar, dass nur ein Richterspruch eine endgültige Antwort über die Rechtmässigkeit einer kommunalen Mehrwertabgabe geben kann. Vorderhand muss der Gemeinderat aber zuerst Blochers Beschwerde abweisen. Und das wird er. So sicher, wie das Amen in der Kirche.