Einwohnerrat zur Debatte
Hat die Gemeindeversammlung ausgedient? In Münchenstein hat das Jungpolitikerbündnis «The Next Generation» eine neuerliche Diskussion über den Einwohnerrat entfacht.
Lukas Hausendorf
Münchenstein und der Einwohnerrat; eine innige Liebesbeziehung ist das nicht. Von 1972 bis 1979 hatte die Birsecker Gemeinde schon einmal ein Kommunalparlament, das dann aber aufgrund einer Volksinitiative der CVP wieder abgeschafft wurde.
Damit haben sich im Dorf längst nicht alle abgefunden. Der Grünliberale Daniel Altermatt kämpft schon seit Jahren für die Wiedereinführung der repräsentativen Demokratie in Münchenstein. Im November 2006 konnte er das Geschäft an die Urne bringen, fand dafür aber keine Mehrheit. Jetzt nimmt der Einwohnerrat einen neuen Anlauf. Das Jungpolitikerbündnis «The Next Generation», hinter dem Adil Koller (SP) und Filip Winzap (BDP) stehen, haben eine neue Debatte um die Einführung der ausserordentlichen Gemeindeorganisation losgetreten.
Parteien stellen sich der Diskussion
Mitte März luden sie Vertreter aller Ortsparteien zu einem «Runden Tisch» ein, um eine «sachliche Diskussion» zum Thema zu führen. Ausser der SVP, die ihre Generalversammlung am selben Abend abhielt, waren alle Parteien vertreten.
Der Tenor dieser ersten Vernehmlassung ist durchmischt. «Es gibt eine breite Front der Linken und Grünliberalen, die dafür sind», sagt Filip Winzap. Bei den Bürgerlichen sei aber noch Skepsis vorhanden. Klar dagegen ist bislang einzig die SVP. «Direkte Demokratie ist immer noch besser», spricht sich Präsident Paul Schindler für die Gemeindeversammlung aus.
Die FDP zeigt sich da aufgeschlossener. «Wir werden uns der Diskussion konstruktiv stellen und mit Freude daran teilnehmen», sagt Präsident David Meier. CVP-Präsident Thomas Argast vertritt die Position, dass durch den Einwohnerrat ein Stück direkte Demokratie verloren ginge. Parteiintern wurde das Thema aber noch nicht diskutiert. Und in den eigenen Reihen findet sich mit Gemeindepräsident Giorgio Lüthi denn auch ein starker Befürworter des Einwohnerrats, der an der Gemeindeversammlung schon länger ihre Manipulierbarkeit kritisiert.
Unabhängig vom Aktionismus von «The Next Generation» wird der Gemeinderat bald darüber befinden, ob das Kommunalparlament in die Legislaturziele aufgenommen wird. «Wir werden das seriös anschauen», verspricht Lüthi.
Das Bevölkerungsargument
Die Wissenschaft wüsste bereits eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob in Münchenstein die Gemeindeversammlung ausgedient hat. Politologische Untersuchungen empfehlen Kommunen ab einer Einwohnerzahl von 10 000 den Systemwechsel. Dies auch, weil die Aufgaben der Gemeinde dann bedeutend komplexer werden, wenn sie zunehmend städtischere Strukturen bekommen.
In Münchenstein schreitet die Urbanisierung mit dem Bau des Dreispitzquartiers denn auch rasch voran.
Da ist das Repräsentanz-Problem der Gemeindeversammlung, die auch in Münchenstein zumeist nur eine 1-Prozent-Politik ist, beinahe nebenrangig. «Die Behandlung von komplexen Planungsgeschäften oder Gesetzesvorlagen überfordert die Teilnehmer einer Gemeindeversammlung oft», meint SP-Co-Präsident Dieter Rehmann. Er glaubt, dass durch die professionelleren Strukturen eines Einwohnerrats auch Bruchlandungen wie beim Personal- oder Parkierreglement vermieden werden könnten.
Systemwechsel frühestens 2016
«The Next Generation» wird bis im Herbst mit den partizipierenden Ortsparteien ein Diskussionspapier erarbeiten, das als Faktenbasis für die Entscheidungsfindung in Sachen Einwohnerrat dienen soll. Dann soll relativ rasch entschieden werden, ob daraus ein Vorstoss oder eine Initiative werden oder das Vorhaben ganz auf Eis gelegt werden soll. Der Gemeinderat kommt den beiden initiativen Jungpolitikern möglicherweise noch zuvor, sollte er sich entscheiden, den Einwohnerrat zum Legislaturziel zu machen. Was nichts daran ändert, dass das Gemeindeparlament frühestens 2016 eingeführt werden kann. Zeit zu diskutieren bleibt also noch.