Einwohnerrat spaltet Gemeinde
Heute Donnerstag entscheidet die Gemeindeversammlung über ihre Abschaffung. In den Parteien sind die Meinungen gemacht, die Mehrheitsverhältnisse aber alles andere als klar.
Die Abstimmung über die Änderung der Gemeindeordnung zur Einführung eines Einwohnerrats bewegt die Gemüter in Münchenstein. Vergangene Woche meldete sich nun auch alt Gemeindepräsident Walter Banga (FDP) aus dem Ruhestand zu Wort und empfahl den Stimmbürgern eindringlich den Status quo. «Ich empfehle Ihnen, unsere Rechte und Freiheiten nicht leichtfertig preiszugeben», schliesst er sein Plädoyer für die Gemeindeversammlung, die nach wie vor die richtige Institution für Münchenstein sei. Dies nicht zuletzt wegen der eher mitgliederschwachen Dorfparteien. Somit dürfe man die Beurteilung der Entscheide, welche der Legislative zustehen, nicht einfach den «wenigen Parteigängern» überlassen. Bangas Argumentation verfing auch in seiner Partei, die sich vor Monaten sehr offen der Debatte über die Vor- und Nachteile der repräsentativen Gemeindedemokratie stellte. An ihrer Mitgliederversammlung entschied sie sich mit grossem Mehr für ein Nein. Dem Nein-Lager gehören auch die SVP und das Komitee Pro Münchenstein an. Die bürgerlichen Reihen sind aber nicht geeint. Die CVP ist grossmehrheitlich für den Systemwechsel. Gemeindepräsident Giorgio Lüthi (CVP) machte denn auch nie einen Hehl aus seiner Position pro Einwohnerrat. «Käme es zu einem Stichentscheid, würde ich zugunsten der Volksabstimmung votieren», sagt er.
The Next Generation mobilisiert
Auf Lüthis Seite steht der Rest der Parteienlandschaft. SP, Grüne, Grünliberale und BDP sind praktisch geschlossen für den Systemwechsel, der in ihren Augen auch eine Abkehr von der Betroffenheitspolitik ermöglichen würde, auf die die Gemeindeversammlung so anfällig ist. Die Grünen versprechen sich davon auch eine höhere Professionalisierung und effizientere Entscheidungsmechanismen. Die Mehrheitsverhältnisse an der heutigen Gemeindeversammlung daraus abzuleiten, wäre so unzuverlässig wie Kaffeesatzlesen. Im traditionell eher bürgerlichen Münchenstein müsste man davon ausgehen, dass das Nein-Lager die Oberhand hat. Wenn aber, wie Lüthi prophezeit, 420 Leute ins Kuspo kommen, könnte das auch das Verdienst der Befürworter sein. Das überparteiliche Jungpolitikerbündnis «The Next Generation» mobilisiert seit Wochen auf Facebook für sein Anliegen. Trotzdem ist das Duo Koller/Winzap gut beraten, die Unterschriftsbögen für eine Initiative pro Einwohnerrat heute Abend schon in der Hinterhand zu haben.
Wut über blaue Parkplätze
Retrospektiv nur eine Randnotiz der Gemeindeversammlung wird Arnold Amachers Antrag zu einer «Parkierzone Dorf» sein, verknüpft mit der Sistierung der blauen Markierung der Parkplätze beim Friedhof. Diese wurden nämlich vor wenigen Wochen ohne Ankündigung ummarkiert. Ohne Schaffung einer blauen Zone und einer entsprechenden Anwohnerparkkarte wurden 45 Parkplätze aus dem Verkehr gezogen. «Ein bürgerfeindliches Vorgehen des Gemeinderats», findet Amacher. Mit seinem Unmut steht er im Dorf nicht alleine da. Lüthi verteidigt die Massnahme. Es habe wiederholt Reklamationen gegeben, dass an Beerdigungen nicht genügend Parkplätze zur Verfügung stünden. Gleiche Beschwerden habe es auch von der Gastronomie im Dorf gegeben, erklärt er. Und da die Parkplätze der Gemeinde gehören, dürfe der Gemeinderat diese bewirtschaften. Vor dem Hintergrund der laufenden Bevölkerungsbefragung zur Ausweitung der Parkierzonen in der Gemeinde könnte hinter der Verknappung der weissen Parkplätze im Dorf auch taktisches Kalkül stecken. Bei erhöhtem Leidensdruck, werden sich die Bürger eine Anwohnerparkkarte wünschen und der Ausdehnung der blauen Zone an einer der folgenden Gemeindeversammlungen zustimmen. Ein geschicktes Spiel mit der Betroffenheitsdemokratie.