Ein einzig Volk von Brüdern?

Im Kultur- und Sportzentrum Bruckfeld feierte Münchenstein seine nicht so offizielle Bundesfeier. Als Festredner sprach der neue Gemeindepräsident, Giorgio Lüthi.

Gehört zu einer 1.-August-Feier einfach dazu: Auch im Kuspo wurde der Schweizerpsalm mit Inbrunst gesungen.  Foto: Lukas Hausendorf
Gehört zu einer 1.-August-Feier einfach dazu: Auch im Kuspo wurde der Schweizerpsalm mit Inbrunst gesungen. Foto: Lukas Hausendorf

Lukas Hausendorf

Am 1. August feiert sich die Schweiz gerne so, wie sie sich auf ihren Postkarten inszeniert. Vor folkloristischen Klischees wird selten Halt gemacht – und das ist an diesem Tag auch in Ordnung. Schliesslich dient der Nationalfeiertag auch dazu, sich auf die Werte zu besinnen, die einst die Schicksalsgemeinschaft der Eidgenossen einten. Oft wird dabei auch auf Schillers Wilhelm Tell Bezug genommen, der die Legendenbildung um die Gründung der alten Eidgenossenschaft nachhaltig prägte.

An Schiller kam auch der neue Münchensteiner Gemeindepräsident, Giorgio Lüthi, an der gut besuchten Bundesfeier im Kultur- und Sportzentrum Bruckfeld nicht vorbei. Er zitierte daraus die Sätze, die der Dichter seine drei Eidgenossen auf dem Rütli schwören liess. «Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern. In keiner Not uns trennen und Gefahr. Wir wollen frei sein, wie die Väter waren. Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.» Um sogleich feststellen zu müssen, dass Dichtung und Wahrheit mindestens heute nicht mehr so nah beieinander sind. Anzeichen von Rücksichtslosigkeit machen sich in unserer Gesellschaft bemerkbar, stellte Lüthi fest und verwies auf die aktuelle Freiraumdebatte, die längst die grossen Schweizer Städte erfasst hat. Aber illegale Besetzungen, Beschädigung fremden Eigentums und die von vereinzelten Freiraumaktivisten postulierte Negierung einer staatlichen Ordnung sind nicht die einzigen Symptome einer sich breit machenden Rücksichtslosigkeit in der Gesellschaft.

 Lüthi ortet diese «auch im Strassenverkehr, beim illegalen Entsorgen von Müll oder bei Gewalttätigkeiten an Sportveranstaltungen». Rücksichtslos sind also keineswegs nur die Jungen. Lüthis Appell für einen respektvolleren Umgang, wo der Streit auch seinen Platz hat, aber verbal ausgetragen werden soll, ist denn auch ein durch und durch eidgenössisches Anliegen. Schliesslich hat sich der Bundesstaat den Wahlspruch «Einer für alle, alle für einen» gegeben.

Wenige für viele

Wenn es darum geht, die Bundesfeier zu organisieren, gilt – wahrscheinlich nicht nur in Münchenstein – wenige machen viel für die Gemeinschaft. OK-Präsidentin Christine Pezzetta wünschte sich daher ein paar Freiwillige, die die nächste Bundesfeier mitgestalten möchten. Zumal sich aus dem Organisationskomitee, dem auch vier Gemeinderäte, dem Präsidenten inklusive, angehören, einige Mitglieder zurückziehen werden.

 Es ist aber auch möglich, dass die Feier wieder ganz offiziell wird und unter die Trägerschaft von Bürgergemeinde und Einwohnergemeinde gestellt wird, wie am Rande zu erfahren war. Wie auch immer es kommen wird, ein Fortbestand der nach jahrelanger Absenz vor einem Jahr durch Private reaktivierten Bundesfeier stünde dem Dorf gut an. Nicht zuletzt, weil das Angebot auch von Jung und Alt geschätzt wird, welche die Feier in und um das Kuspo genossen.

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