Die Macht der digitalen Medien
Die Ausstellung «Schweizer Medienkunst» im Haus der elektronischen Künste widmet sich den Schwierigkeiten des digitalen Zeitalters und zeigt, welche Kontrolle die virtuelle Welt über uns hat.
In den Räumlichkeiten vom Haus der elektronischen Künste HeK werden aktuell die Werke der ersten Preisträger der Pax Art Awards 2018 – dem einzigen Preis für digitale Kunst in der Schweiz – ausgestellt. Der mit 30000 Franken dotierte Hauptpreis ging an die !Mediengruppe Bitnik aus Zürich, die beiden mit 15000 Franken dotierten Förderpreise erhielten Fragmentin und Lauren Huret, beide aus Lausanne. Alle drei Preisträger setzen sich in ihren Werken kritisch mit der Beziehung zwischen Mensch und Maschine sowie den Chancen und Risiken moderner Technologien auseinander.
Wie entscheidet künstliche Intelligenz?
«Postal Machine Decision» heisst die Installation der !Mediengruppe Bitnik, die den Besucher gleich zu Beginn der Ausstellung ins Thema einführt. In einem Experiment versendeten die Künstler Pakete, die sie jeweils mit zwei Adressen versahen. Die Postmaschinen mussten in der Folge selbst entscheiden, welche Adresse sie verwenden wollten. Die Installation zeigt, wo die Pakete schliesslich gelandet sind und welchen Weg sie bis dahin zurückgelegt haben. Die automatisierten Poststellen waren offenbar komplett überfordert, denn die Päckchen wurden immer wieder hin und zurückgeschickt, bis am Ende – trotz all der modernen Technik – ein Mensch entscheiden musste, wohin das Paket gesendet werden soll.
Gleich neben der Postmaschinen-installation herrscht ein wirres Durcheinander von Stimmen. «Alexiety», so heisst diese lärmige Installation, befasst sich mit intelligenten Assistenten wie Siri oder Alexa. Diese sprachgesteuerten Systeme können auf Befehl zum Beispiel Musik abspielen, das Licht dimmen oder einen Begriff im Internet suchen. Was sich für die einen nach dem perfekten Butler anhört, ist für Datenschützer ein Albtraum: Denn die Geräte zeichnen auch im Standby-Modus sämtliche Gespräche und Geräusche im Raum auf.
Mit dieser Schwierigkeit spielt die Künstlergruppe in «Alexiety». Mit einem Song versuchen die Künstler, die persönlichen Assistenten an ihr Limit zu bringen. Immer und immer wieder werden dazu die Systeme angesprochen und mit philosophischen Fragen konfrontiert. Die häufigste Antwort von Alexa und Co. bleibt ernüchternd: «Entschuldigung, ich habe Sie wohl nicht ganz verstanden», reden die Stimmen in der Installation durcheinander. Ein Gerät entscheidet sich am Ende passenderweise dazu, «Under Pressure» der Rockband Queen zu spielen – ob das Lied wohl den Gemütszustand des digitalen Assistenten widerspiegelt?
Wer kontrolliert wen?
Auf dem weiteren Weg durch die Ausstellung begegnet man dem jungen Künstlerkollektiv Fragmentin, die in einer ihrer Installationen hinterfragen, welche Kontrolle populäre Medien über uns haben. Und die Besucherinnen und Besucher können dies gleich an sich selbst testen: Ihre Virtual-Reality-Installation «2199» fordert die Benutzer dazu auf, bestimmte Anweisungen zu befolgen. Die Benutzer sehen dabei nichts und bewegen sich genau nach den Befehlen des Systems. Durch die Fremdsteuerung entsteht so eine unfreiwillige Choreografie, die den Zuschauern die Macht der Medien über ihre Anwender vor Augen führen soll.
Der letzte Teil der Ausstellung widmet sich den Werken von Lauren Huret, die sich besonders mit den sozialen Auswirkungen des Internets beschäftigt. So zeigt die junge Künstlerin in ihrem Videowerk «Praying for my Haters» die schrecklichen Arbeitsbedingungen sogenannter Content-Moderatorinnen in Manila auf, die das Internet tagtäglich für einen Hungerlohn von gewalttätigen Inhalten säubern. Ein Fakt, der den meisten Internetnutzern nicht bekannt sein dürfte.
Die Ausstellung im HeK regt zum kritischen Hinterfragen unserer digitalen Gewohnheiten und ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft an. Und am Ende des Rundgangs stellt sich unweigerlich die Frage: Haben wir die Kontrolle über die digitalen Medien oder sind es längst sie, die die Kontrolle über uns gewonnen haben? Die Ausstellung läuft noch bis zum 21. April.
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