Bürgerliches Fünferticket unter linksgrünem Druck

Die Bürgerlichen wollen mit einem gemeinsamen Ticket ihre Mehrheit im Gemeinderat halten. Die Grünliberalen und die Grünen könnten ihnen die Suppe aber versalzen. Die SP muss sich indes kaum um ihre zwei Sitze sorgen.

Bleibt der Gemeinderat klar bürgerlich dominiert? Am 11. März wird in Münchenstein Klarheit herrschen. Foto: ZVG
Bleibt der Gemeinderat klar bürgerlich dominiert? Am 11. März wird in Münchenstein Klarheit herrschen. Foto: ZVG

Lukas Hausendorf

Keine unnötigen Experimente» – das wünschen sich die bürgerlich etablierten Kräfte Münchensteins für die kommenden Gemeindewahlen vom 11. März. Vor vier Jahren erlebten sie noch ihr blaues Wunder, als die beiden Kandidaten des (bürgerlichen) Komitees Pro Münchenstein, das zuvor schon den Wechsel zum Majorzsystem initiierte, aus dem Stand heraus in den Gemeinderat gewählt wurden. Das kostete die SP und die FDP einen Sitz. Das soll sich nicht wiederholen.

Das Komitee, das nur noch mit Jürg Bühler antritt, sitzt an den heurigen Wahlen im Boot mit SVP, CVP und der FDP, die den Sitz des abtretenden Stephan Naef beerben will. Die bedingungslose gegenseitige Unterstützung soll die bürgerliche Phalanx sichern. Man strebt Kontinuität an, was aber nur bedingt möglich ist. Während die Wiederwahl der Bisherigen von SVP, CVP und dem Komitee so gut wie sicher ist, haben die Freisinnigen keine bisherigen Gemeinderäte mehr im Rennen. Mit der Ortsparteipräsidentin und Schulrätin Christine Pezzetta und Gemeindekommissionspräsidentin Heidi Frei stellen die Liberalen aber zwei kommunalpolitisch verdiente und bestens vernetzte Kandidatinnen.

Zusammen mit den bisherigen René Nuesch (SVP) und Giorgio Lüthi (CVP), der vom abtretenden Walter Banga (FDP) das Gemeindepräsidium übernehmen möchte, soll die finanzielle Konsolidierung der Gemeinde weitergeführt werden. Der Steuerfuss soll in der nächsten Legislaturperiode auf höchstens 59 Prozent gehalten werden, das habe höchste Priorität. «Die Standortattraktivität darf sich gegenüber den Nachbargemeinden nicht verschlechtern», sagt Pezzetta. Dazu gehörten auch gesunde Finanzen. Um hier den Spielraum der Gemeinde zu verbessern, sieht der aktuelle Finanzplan für die Periode 2012 bis 2016 bereits eine Kürzung der Nettoinvestitionen um acht Millionen auf 18 Millionen Franken gegenüber dem aktuellen Investitionsprogramm vor. So bleibt gemäss der aktuellen Prognose mindesten das Eigenkapital der Gemeinde weitgehend unangetastet.

Gestalten oder verwalten

«Die Gemeinde darf sich nicht zu Tode sparen», warnt dagegen der Präsident der Grünen, Anton Bischofberger. Seine Partei hofft, mit Schulrat Hans-Peter Gugger wieder in den Gemeinderat einziehen zu können. Vor acht Jahren schaffte ihr damaliger Gemeinderat Edi Gysin die Wiederwahl nicht. Seither ist die bürgerliche Dominanz in der Münchensteiner Exekutive noch stärker geworden und die Fiskalpolitik restriktiver – von der Steuersenkung abgesehen.

Den Sitz, den das Komitee Pro Münchenstein vor vier Jahren der SP abgejagt hat, ist aber keineswegs fest in den Händen der Mitteparteien. Die Sozialdemokraten hoffen darum, dass ihn die Grünen erobern können. Für das linke Lager ist nämlich klar: Die Konsolidierungsphase ist jetzt zu Ende. «Dass an Investitionen gespart wird, ist ein sehr kurzfristiges Denken», so SP-Co-Präsident Dieter Rehmann. Dass in der jüngeren Vergangenheit die Priorität beim Schuldenabbau lag, sei richtig, jetzt müsse man aber wieder überlegen, wie man Münchenstein attraktiver machen könne.

 Etwa im Bereich Vorschulerziehung und Tagesstätten sieht die Partei Nachholbedarf. Die Bürgerlichen finden dagegen, die Wirtschaftsförderung sei bisher zu stark vernachlässigt worden. Chancen, diesbezüglich an Attraktivität zu gewinnen, ortet man auf dem Dreispitzareal, wo das Quartierplanverfahren bereits abgeschlossen ist.

Einwohnerratsdebatte reloaded?

Mit der erstmaligen Kandidatur von Daniel Altermatt, der sich nach 25 Jahren aktiven aber parteilosen Politisierens im Dorf den Grünliberalen angeschlossen hat, steht auch eine neuerliche Debatte über die Einführung eines Einwohnerrats ins Haus. Altermatt setzte das Thema schon 2004 auf die politische Agenda, das Volk sprach sich 2006 aber knapp dagegen aus. Jetzt findet Altermatt erneut: «Münchenstein braucht einen Einwohnerrat.» Das glaubt auch die SP. Man ist sich einig, dass mangelhaft vorbereitete Vorlagen wie das Parkier- oder das neue Personalreglement mit einem Gemeindeparlament vermeidbar gewesen wären. Zudem sei ein Einwohnerrat repräsentativer als die Gemeindeversammlung, die anfällig für «Betroffenheitspolitik» sei.

Experimente sind möglich

Dass das klassisch bürgerliche Fünferticket vom Volk bestätigt wird, ist sehr wohl möglich. Gefahr droht aber sowohl vom grünliberalen Altermatt, der auch in den bürgerlichen Kreisen Sympathien haben dürfte, wie auch von den Grünen, welche intakte Chancen haben, den Wackelsitz zu erobern. Diese dürfen sich dabei auf die Unterstützung der SP verlassen, die kaum einen Grund hat, daran zu zweifeln, neben dem bisherigen Lukas Lauper auch den Newcomer Felix Bossel ins Amt hieven zu können. 

Der junge Unternehmer ist bislang der einzige, der für seine Wahlkampagne regen Gebrauch von sozialen Onlinemedien macht. Das linke Lager ist auf jeden Fall zuversichtlich, die bürgerliche Dominanz im Gemeinderat schwächen zu können. Sollte das gelingen, denkt man bereits laut darüber nach, gegen Giorgio Lüthi (CVP) für das Gemeindepräsidium anzutreten.

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