Ärger auf dem Walzwerk

Die Besitzerin des Walzwerk-Areals hat ambitionierte Zukunftspläne. Diese sorgen für Verunsicherung und Groll bei den Gewerbetreibenden.

Schlechte Stimmung: Viele Gewerbetreibende stehen den Plänen der Besitzerin ablehnend gegenüber und fürchten um ihre Zukunft.  Foto: WOB Archiv
Schlechte Stimmung: Viele Gewerbetreibende stehen den Plänen der Besitzerin ablehnend gegenüber und fürchten um ihre Zukunft. Foto: WOB Archiv

Die Zukunft des bekannten und beliebten Areals an der Grenze zwischen Münchenstein und Arlesheim gibt wieder zu reden: Gewerbetreibende üben Kritik an den Plänen der Besitzerin, der Zürcher Investmentfirma SF Urban Properties AG (SFUP). Diese passten «in ihrer Grossspurigkeit nicht zur Region und schon gar nicht zum Walzwerk-Areal», so eine Stimme, die gegenüber dem «Wochenblatt» anonym bleiben möchte. Aus Angst vor negativen Konsequenzen möchte keiner der Betroffenen seinen Namen in der Zeitung lesen. Kritik werde nicht gerne gehört, heisst es sogar. Die Stimmung unter den Mietern des Areals sei aber gereizt, wie von verschiedenen Quellen zu hören ist. Insbesondere Handwerksbetriebe befürchten, dass sie nicht mehr ins Konzept des zukünftigen Walzwerk-Areals passen, da dieses «in erster Linie auf Kommerz ausgerichtet ist.» Kleinere und mittlere Handwerksbetriebe hätten da keinen Platz. Das Walzwerk-Areal, wie es in der näheren Umgebung für seinen etwas alternativen Charakter geschätzt wird, werde «es in dieser Art nicht mehr geben». Die Besitzerin werbe mit Veranstaltungen wie dem «Bazar de Noel» oder dem Oldtimer-Festival, «als ob diese auf ihrem Mist gewachsen seien».


Mietpreise wurden erhöht
In den Äusserungen schwingt Groll, aber auch berechtigte Angst um die Zukunft mit: Die Preise pro Quadratmeter seien mit den neuen Verträgen erhöht worden, was angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation problematisch sei und Existenzen bedrohe. Zudem müssten Betriebe ihren Platz einschränken – wohl um Freiraum für andere, «vielleicht lukrativere» Betriebe zu machen. «Die SFUP will möglichst viel Gewinn aus dem Areal ziehen», so die Vermutung. Befürchtet wird ein «Schickimicki-Freizeitpark» für Gutverdienende: In unmittelbarer Nachbarschaft entsteht eine Wohnüberbauung – das Areal solle «wohl als Spielplatz» für die dort lebenden Menschen dienen.


Gemeinden mahnen zu Sorgfalt
Die nun bereits wieder geäusserte Kritik mag Aussenstehende überraschen: Denn das Walzwerk-Areal geriet in den vergangenen zwei Jahren immer wieder in die Schlagzeilen, nachdem bekannt worden war, dass die neue Besitzerin, die das 40 000 Quadratmeter grosse Areal für 54 Millionen Franken gekauft hatte, eine finanziell lukrative Wohnüberbauung auf dem Areal plante. Dieses Vorhaben stiess aber bei den Standortgemeinden Arlesheim und Münchenstein auf wenig Gegenliebe. Zudem hatte die Münchensteiner wie die Arlesheimer Gemeindeversammlung vor dem Verkauf einen Zonenplan verabschiedet und das Areal der Gewerbezone zugewiesen.
Nutzungsmischungen mit Dienstleistungen, Gewerbe, Freizeit und Gastronomie dürfen auf dem Areal also realisiert werden, nicht aber reine Wohnüberbauungen, zumindest nicht in den nächsten Jahren. Sollte eine solche doch wieder zur Debatte stehen, wäre eine Zustimmung durch die Gemeindeversammlungen zwingend. Die Investmentfirma sah daraufhin von ihren Plänen ab und stellte den Gemeindevertretern einen neuen Plan vor, der eine gemischte Nutzung vorsieht und die «Lebendigkeit des Areals bewahren soll», hiess es da von Seite der Zürcher Firma. Zur neuen Kritik der Gewerbetreibenden sagt die Münchensteiner Präsidentin Jeanne Locher (SP): «Die Gemeinden haben sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Gewerbebetriebe und Arbeitsplätze auf dem Areal erhalten bleiben sollen.» Es gelte, dem Areal bei allen denkbaren Weiterentwicklungen Sorge zu tragen. «Auf die Mietzinspolitik kann die Gemeinde aber keinen Einfluss nehmen.» Zur Kritik an den Umgestaltungsplänen sagt der Arlesheimer Gemeindepräsident Markus Eigenmann (FDP): «Bei der Realisierung von Um- und Neubauten im Rahmen der gültigen Zonenvorschriften hat die Gemeinde nur marginale Mitwirkungsmöglichkeiten.» Das Walzwerk-Areal sei in seinem heutigen Nutzungsmix einzigartig und für die Bevölkerung sehr attraktiv. Er fügt aber hinzu: «Jedes Areal muss sich jedoch mit der Zeit weiterentwickeln, sonst wird es zum Museum und verstaubt.» Bei der Arealentwicklung gelte es, «die Stärke zu bewahren und geschickt mit neuen Elementen zu ergänzen.»


Die SFUP nimmt Stellung
Bei der SF Urban Properties AG ist Martina Vogel für die Weiterentwicklung des Areals zuständig. Gegenüber dem «Wochenblatt» sagt sie: «Wir suchen das Gespräch mit bestehenden und künftigen Mietern, damit wir deren Absichten frühzeitig kennen lernen.» In diesen Gesprächen zeige man auf, «wie wichtig eine attraktive Nutzung und ein vielseitiges Angebot bleiben.» Einige Gebäude müssten aber aus bautechnischen Gründen saniert, andere «ineffizient genutzte Flächen neu organisiert» werden. Weiter würden sich gewisse freie Flächen neu bebauen lassen. Dies werde zusätzliche, «interessante Mieter» für das Areal begeistern. Synergien erhofft man sich auch durch die neuen Überbauungen, die in der Nachbarschaft des Areals entstehen, «woraus sich eine zusätzliche Nachfrage nach Dienstleistungen ergibt». Auch bei der SFUP weiss man, dass nicht alle Mieterinnen und Mieter auf dem Areal von den Plänen begeistert sind. Einzelne Mieter hätten mitgeteilt, dass «sie sich auf dem Walzwerk nicht mehr weiterentwickeln wollen. Mit Bedauern müssen wir solche Entscheide akzeptieren.»

Weitere Artikel zu «Münchenstein», die sie interessieren könnten

Münchenstein18.09.2024

Vom Dorf zur Kleinstadt: 13 Anekdoten zur Geschichte Münchensteins

Das neue Buch «M wie Münchenstein» ist eine Reise durch die Dorf­geschichte in Text und Bild. Herausgeberin ist die Kulturkommission der Bürgergemeinde. Der…
Münchenstein11.09.2024

Wegen möglicher Gesetzesänderung: Quartierplan-Revision auf Eis gelegt

Obwohl der Quartierplan Zollweiden aus dem Jahr 1980 stammt, wird dessen Revision sistiert. Trotz früherem Widerstand sind nicht die Anwohner Grund für diesen…
Münchenstein04.09.2024

Einblick in die neue Fischtreppe mit der Virtual-Reality-Brille

Die Bauarbeiten am ­Birskraftwerk Neuewelt befinden sich in der ­finalen Phase. Am ­Samstag hat die Bauherrschaft Anwohner auf die Baustelle eingeladen.