Der Hausschauspieler
Der 32-jährige Basler Jonas Gygax ist der erste Hausschauspieler am Neuen Theater. Er gehört daher zu einem virtuellen Ensemble, das erst entstehen soll. Das Wochenblatt hat ihn im Foyer getroffen.
Es gibt unerwünschte Hausmäuse, gefährliche Haushunde und Hausfreunde, vor denen man sich in Acht nehmen muss. Hausschauspieler gehören nicht zu dieser verdächtigen Gruppe. Sie sind am Theater erwünscht, weil sie Teil des stehenden Ensembles sind und für Kontinuität sorgen. Der schlanke, eher zurückhaltende Jonas Gygax ist der erste und einzige Hausmime am Neuen Theater. Er hat eine 40-Prozent-Stelle und wird nicht nur spielen, sondern sich auch anderweitig – gleichsam multifunktional – einbringen. Geplant ist, dieses Pilotprojekt zu einem mehrköpfigen Ensemble auszubauen. Die Idee für ein festes Ensemble stammt von Jonas Darvas, dem künstlerischen Leiter des Theaters. Darvas und Gygax haben sich 2016 kennen gelernt. Seit 2018 hat sich die Zusammenarbeit kontinuierlich intensiviert. Zuletzt brillierte Gygax im Stück «Die fahrende Brücke» von Noëmi Steffen.
Nach dem Gymnasium absolvierte Jonas Gygax die Schauspielschule und schloss 2010 mit dem Master of Arts in Theater, Vertiefung Schauspiel, an der Zürcher Hochschule der Künste ab. Anfangs hatte er noch Stückverträge an verschiedenen Schauspielhäusern: Schauspielhaus Zürich, Theater am Neumarkt, Luzerner Theater und Theater St.Gallen. Als Freischaffender wirkte er auch bei Freie Szene-Inszenierungen bei CapriConnection, Theater Hora, Matterhorn Produktionen und anderen mit. Er interpretierte auch Rollen in Kurzfilmen. Am Fernsehen war er in Rollen im Film «Aus dem Schatten – Eine Zeit der Hoffnung» (2019) und in der Staffel 3 der Krimiserie «Wilder» zu sehen. Auch im Audiobereich, Performances und in Soloauftritten hat Gygax Erfahrungen gesammelt.
Vom Leben im Geist zur physischen Realität
Jonas Gygax liebäugelte schon bereits zwischen 16 und 18 Jahren mit dem Beruf des Schauspielers. Eine Initialzündung war das Stück «Frühlingserwachen» am Gymnasium Münchenstein. «Spielen ist aufregend und deckt eine Sehnsucht ab, auf der Bühne zu stehen und in einem anderen Zustand zu sein», sagt Gygax. Er hatte am Gymnasium als Schwerpunkt Latein, war literarisch begeistert und sprach schon früh ein gutes Hochdeutsch. «Der Wechsel an die Schauspielschule war ein instinktiver Entschluss.»
«Früher lebte ich stark im Geist und vernachlässigte die physische und auch sportliche Betätigung», so Gygax, «an der Schauspielschule änderte sich dies. Die Ausbildung ist sportiv, körperlich herausfordernd und fordert Agilität.» Gygax hält es für einen Irrtum, dass Schauspielerinnen und Schauspieler sich selbst verlassen und sich hinter der Rolle verstecken können. «Im Gegenteil: Man ist sehr verletzlich und exponiert auf der Bühne. Ich bin eher ein introvertierter, zurückhaltender Mensch. Daher hilft mir mein Beruf auch bei meiner persönlichen Entwicklung.» Eine Herausforderung sieht Gygax darin, einmal ins Rollenfach des Bösewichts zu wechseln. «Jetzt Teil eines Teams und einer Institution zu sein, ist schön. Das habe ich noch nicht erlebt.» Ein Handicap stellt das Pendeln zwischen dem Wohnort Zürich und Dornach dar. Doch die Kleinräumigkeit der Schweiz macht auch dies möglich.
«Jonas Gygax erklärt die Welt», eine Live-Radio-Show, Neues Theater, Do, 21.4., und Fr, 22.4.; jeweils 19.30 Uhr. www.neuestheater.ch