Kampf für anthroposophische Bauten

Jennifer Mc Gowan kämpft seit Jahren für Natur und Architektur rund ums Goetheanum. Obwohl ein brisantes Gutachten des Bundes ihr recht gibt, hatte sie bislang vor den Gerichten keinen Erfolg.

Bemühen sich um Erhalt: Alte anthroposophische Häuser in Arlesheim sollen einem Neubauprojekt weichen. Jennifer Mc Gowan (l.) und Ueli Steiger wehren sich dagegen. Foto: Kenneth Nars

Wenige Minuten nach dem negativen Entscheid des Kantonsgerichts lächelt Jennifer Mc Gowan bereits wieder. Unterkriegen lässt sie sich nicht. Die Arlesheimerin denkt bereits weiter – sie will ihre Bemühungen weiterführen. Die Ärztin zog 2016 beruflich nach Arlesheim. Sie habe dadurch begonnen, sich für die anthroposophische Architektur zu interessieren, und bald den einmaligen Ensemblecharakter der Wohnkolonie des Goethe­a­nums entdeckt. Mc Gowans Umzug nach Arlesheim fiel in eine Zeit, in der neue Bauprojekte am Fusse des Goetheanums entstanden.

Im Dorf regte sich Widerstand gegen die Pläne. Die Initiative Natur- und Kulturraum Dornach-Arlesheim (IDA) wehrte sich gemeinsam mit dem WWF und der Fondation Franz Weber gegen die Zerstörung eines Naturschutzgebiets durch das Bauprojekt «La Colline». Der Verein setzte sich für das geschützte Feuchtgebiet Schwinbach-Aue mit seinen Quellen ein. Jennifer Mc Gowan avancierte zum Gesicht der Organisation.

Im Fall von «La Colline» blieb der Widerstand erfolglos – die Überbauung mit 29 Wohnungen und 16 Reiheneinfamilienhäusern ist mittlerweile fertiggestellt. Die Umweltverbände kritisieren, die Quellen des Naturschutzgebiets seien nun versiegt. Vor Kantonsgericht hängig ist hingegen das 60 Wohnungen umfassende Bauprojekt «Schwinbach Süd», das Implenia realisieren möchte.

Zusätzlich zum Naturschutz begann Mc Gowan sich für den Erhalt des Goetheanum-Ensembles einzusetzen, das sich über die Kantonsgrenze hinaus auch auf die Gemeinde Arlesheim erstreckt. Unter anderem erhob sie Einsprache gegen den Abriss vom Haus Kaelin und zusammen mit rund 100 weiteren Anwohnern Einsprache gegen das Bauprojekt «Schwinbach Süd» – weil die Natur-, Denkmal- und Ortsbildschutzinteressen nicht abgewogen seien, wie sie sagt.

Vor Bundesgericht hängig ist derzeit die Frage, ob das Haus Kaelin – eine der ikonischen Bauten der Anthroposophie – abgerissen werden darf oder nicht. Neben diesem baurechtlichen Verfahren hat Mc Gowan beim Baselbieter Regierungsrat eine Schutzwürdigkeitsprüfung für den Arlesheimer Teil des Goetheanum-Ensembles beantragt. Sie beruft sich dabei auf ein Bundesgutachten.

Kantonsgericht attestiert kein Beschwerderecht

Das Kantonsgericht stützte am Mittwochvormittag aber den Nichteintretens­entscheid des Regierungsrats, wonach Mc Gowan als Nachbarin nicht antragsberechtigt sei. Nur die Standortgemeinde, die kantonale Denkmalpflege oder die Eigentümerschaft des Objekts selbst könne abklären lassen, ob Gebäude schutzwürdig seien oder nicht, sagte Vizepräsident Daniel Ivanov. Und auch Kantonsrichter Christof Enderle sagte: «Es ist letztlich eine Aufgabe des Staates, ob Gebäude unter Schutz gestellt werden sollen. In diesem Prozess sind nicht die Nachbarn entscheidend.» Derweil tat Kantonsrichter Hans Furer seine Empathie für das anthroposophische Schaffen kund, welches die Region geprägt habe. «Es müsste Weltkulturerbe sein. Aber es ist es nicht», sagte er. Der Regierungsratsentscheid sei aber so klar, meinte Furer, dass er nicht verstehe, wie man diese Beschwerde einreichen könne. «Ob es bloss darum geht, Zeit zu gewinnen?»

Bund spricht von «Gesamtkunstwerk»

Mc Gowan lässt sich davon nicht beirren. Zuversicht schöpft sie durch ein Gutachten, das der Bund 2022 vornahm. Aufgrund ihrer Beschwerde zum Haus ­Kaelin reisten die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) und die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (EDK) nach Arlesheim, um sich ein Bild zu machen.

Im Gutachten kommen die Kommissionen zum Schluss, dass das Gesamtkunstwerk Goetheanum ein weltweit einzigartiges und deshalb international bedeutendes baukulturelles Zeugnis der anthroposophischen Architektur sei. Und weiter: «Die Kommissionen empfehlen, für das Gesamtkunstwerk Goetheanum ein gemeinde- bzw. kantonsübergreifendes Schutzkonzept zu erarbeiten, das den langfristigen Erhalt des Goetheanums mitsamt der anthroposophischen Kolonie auf dem Gemeindegebiet von Arlesheim und Dornach sichert.»

Seit Vorliegen des Gutachtens habe sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren nichts in diese Richtung bewegt, sagt Mc Gowan. Sie fürchtet, das Weltkulturerbe auf Arlesheimer Boden könne aufgrund der hängigen Bauprojekte bald schon irreversibel beeinträchtigt werden.

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