Die umtriebige Schwägerin van Goghs

Im Rahmen der Reihe «Gempen liest» stellte Simone Meier ihren ­Historienroman «Die Entflammten» vor.

Lesen leidenschaftlich gern: (v. l.) Autorin Simone Meier, Simone Gosteli (Präsidentin Kulturverein Gempen) und Simone Cairoli (Vizepräsidentin Kulturverein Gempen). Foto: Tobias Gfeller

«Ich hatte nie vor, einen historischen Roman zu schreiben. Jetzt habe ich es gemacht.» Schriftstellerin und Kulturjournalistin Simone Meier hatte die rund 25 Besucherinnen und Besucher im Saal der Sonnhalde rasch für sich gewonnen. Gespannt lauschten sie den Erklärungen von Simone Meier zu ihrem neusten Werk «Die Entflammten». Im Historienroman dreht sich alles um die Schwägerin von Kunstmaler Vincent van Gogh.

Zu seinen Lebzeiten kannte fast niemand den heute weltberühmten Kunstmaler aus den Niederlanden. Nach seinem Tod war es Schwägerin Johanna van Gogh-Bonger, die seine Bilder ausstellte und so weltbekannt und begehrt machte. Nachdem «Jo» auch ihren Ehemann Theo van Gogh verlor, stand sie mit dem gemeinsamen Baby und den Hunderten Bildern alleine da.

Simone Meier wurde 2020 und 2022 zur «Kulturjournalistin des Jahres» gewählt und wohnt mit ihrer Partnerin in Zürich. In «Die Entflammten» zeichnet sie das Leben und Schaffen von Johanna nach und mischt dabei geschickt Realität und Fiktion. Der Roman ist eine Würdigung für die lange Zeit wenig beachtete, ja sogar bewusst aus der Geschichte gestrichene Frau, die mit ihrem Geschäftssinn im damals für Frauen oftmals schwierigen Umfeld ihren Schwager zu einem der wichtigsten Kunstmaler der Weltgeschichte gemacht hat.

Meier hat für die Recherche gegen 3000 Seiten gelesen

Meier las in Gempen zwei Passagen vor. Davor und dazwischen berichtete sie von ihren monatelangen Recherchen und den eigenen Gedanken. Sie habe immer mehr gespürt, dass Johanna und sie persönlich viel verbinde. «Ich hatte das Gefühl, ich begegne einer Seelenverwandten. Wir haben zum Beispiel die gleichen Bücher gelesen. Bei mir waren diese natürlich schon älter, bei ihr neu erschienen.» Für ihre Recherche habe sie bis zu 3000 Seiten gelesen. Allein eine Woche lang befasste sie sich mit der Krankheit Syphilis, an der Johannas Ehemann Theo gestorben war. In den Erzählungen ist die innere Verbindung zwischen Simone Meier und Johanna van Gogh-Bonger permanent zu spüren. Auch zu spüren ist die Begeisterung und das Interesse von Simone Meier, die die Schriftstellerin und Kulturjournalistin für die Thematik entwickelt hat.

Die Geschichte spielt in Frankreich und den Niederlanden um 1900. Meier beschreibt die Szenerien und Figuren detailreich und spannend. Die Vermischung von Realität und Fiktion wird bei der Integration der Figur Gina offensichtlich, die hundert Jahre später auf das Leben von Johanna aufmerksam wird. Die beiden Figuren verschmelzen im Roman ineinander. Daraus entstanden zwei Familiengeschichten im Zeichen der Kunst.

Meier verriet in Gempen, dass sie lernen musste, wie man als Schriftstellerin mit historischem Material umgehen muss, um es mit den eigenen Worten lebendig zu erzählen. «Ich musste für mich lernen, was ich echt übernehmen und was ich selber fiktiv dazu erfinden will.»

Gempen zum Lesen animieren

Nach dem offiziellen Teil wurde beim Apéro engagiert weiterdiskutiert. Dass trotz der am gleichen Tag stattfindenden Eröffnung der Buch Basel der Saal in der Sonnhalde gut besetzt war, darf der Vorstand des Kulturvereins Gempen als Erfolg verbuchen.

Meiers Lesung war Teil vier in der Reihe «Gempen liest». Damit wollen Vereinspräsidentin Simone Gosteli und ihr Team die Bevölkerung in Gempen zum Lesen animieren. Es sei jeweils schwierig, abschätzen zu können, welche Bücher und Autorinnen und ­Autoren auf Interesse stossen.

Als Franz Hohler in Gempen las, war der Andrang noch grösser. «Wir möchten natürlich Autorinnen und Autoren, die eine gewisse Bekanntheit haben. Wir müssen aber immer auch schauen, dass wir den Anlass stemmen können. Wir sind ein kleiner Verein», gibt Simone ­Gosteli zu bedenken. Am vergangenen Freitag ist dies dem Kulturverein Gempen mit Simone Meier erneut hervorragend gelungen.

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