Zwei Lausbuben und ein legendärer Trämler
Die zweite Lesung der Reihe «Us em alte Arlese» lockte am Sonntag erneut viele Besucherinnen und Besucher an. Besonders eine Liste begeisterte das Publikum.
Es ist eine Kombination aus Sicherinnern und Nichtvergessen: aus Sicherinnern an Zeiten, die man selbst noch erlebt hat, und Nichtvergessen, was weit vor den heute noch lebenden Generationen war. Die Vergangenheit sei wichtig, gerade auch für die Zukunft, meinte Stephan Kink, alt Bürgergemeindepräsident und Initiator der Reihe «Us em alte Arlese». Am vergangenen Sonntag fand im Kultursaal Setzwerk deren zweite Lesung statt. Wie schon vor einem Jahr stiess auch die zweite Veranstaltung auf grosses Interesse.
Journalist Heiner Leuthard führte als Moderator durch das Programm, Bürgergemeindepräsidentin Veronika Käch und Kabarettist Daniel Buser lasen die Texte vor. Wie schon bei der ersten Durchführung wechselten sie zwischen den Jahrhunderten, bekannten Arlesheimer Persönlichkeiten und Anekdoten. Sie taten dies so lebendig, dass man als Zuhörerin und Zuhörer die beschriebenen Bilder vor dem geistigen Auge sehen konnte. Eine wichtige Quelle sind die Erzählungen von August Sumpf. Ende des 19. Jahrhunderts beschrieb er als Kind das Treiben im Dorf. Besonders Eindruck schien ihm der Metzger zu machen. «Dä, wo so mächtig flueche ka», schrieb er seine Erinnerung nieder.
Für ihr Buch «Arlesheim – Menschen in ihrer Heimat» sprach Sibylle Augsburger mit zwei Seniorinnen der Stiftung Obesunne. Diese berichteten unter anderem, dass sie vor der Eröffnung des Schwimmbads im Birskanal das Schwimmen gelernt hatten. Als in den 1960er-Jahren das Schwimmbad als erste solche Badeanstalt eröffnet wurde, kamen Gäste von weit über Arlesheim her. Das Schwarz-Weiss-Foto der damals neuen Attraktion löste bei so manchen im Saal schöne Erinnerungen aus.
«Ich habe ihm Du gesagt»
Veronika Käch und Daniel Buser streuten zweimal eine Liste mit alten Begriffen und Ausdrücken mit der heutigen Übersetzung ein, was im Publikum immer wieder für ein «Ah jo!» sorgte. Im Gespräch mit Heiner Leuthard erzählte Bruno Baumann (87) aus seiner Kindheit, als er mit Hans Vogt für allerlei Lausbubenstreiche beim Badhof verantwortlich gewesen war. Während des Zweiten Weltkriegs war das Militär im Badhof stationiert. Sogar General Guisan war zu Besuch. «Er nahm mich auf den Arm. Ich habe ihm Du gesagt», schmunzelte Baumann.
Ein «Luuscheib» war auch der junge Emil Heller, der wegen seiner Streiche in der Uniform des Musikvereins von dessen Vorstand rausgeworfen wurde. Als er versprach, künftig seine Streiche nicht mehr in der Uniform zu machen, wurde er wieder aufgenommen. Heller wurde später Bürger- und Gemeinderat und wurde entsprechend bekannt, was die Erzählungen vom «Luuscheib» natürlich noch spannender machte. Ein bekanntes Gesicht war auch Trämler-Legende Georg Langenbach, der wie kein Zweiter bei der Abfahrt der Birseckbahn beschwingt auf das unterste Trittbrett des hintersten Wagens aufspringen konnte. Seine jüngste Tochter erzählte im Gespräch mit Heiner Leuthard, dass ihr Vater bei schönem Wetter auch mal die Bahn stoppte, um ein Foto eines Blumenfelds zu machen.
Schätzen, was war und ist
Den Verantwortlichen von «Us em alte Arlese» ist es auch dieses Mal gelungen, unterhaltsam und spannend zwischen den Epochen und den erzählerischen Stilformen hin- und herzuwechseln. «Ich wusste nicht, was mich erwartet. Ich fand es grossartig», schwärmte nach dem Schlussapplaus Toni Meier. «Ich wohne noch nicht lange in Arlesheim. Aber genau wegen dieses dörflichen Charakters, der immer noch spürbar ist, habe ich mich schnell zu Hause gefühlt.» Er schätze nach diesem Nachmittag noch viel mehr, was heute noch vom alten Arlesheim vorhanden ist.
Wie sehr es schmerzen kann, wenn Liebgewonnenes verschwindet, spürte man beim alten Restaurant Elsässer, dessen Gebäude längst abgerissen und durch einen Bau der Basellandschaftlichen Kantonalbank ersetzt wurde. Besucherin Madelaine Fluri erfuhr viel Neues, obwohl sie seit über mehr als 30 Jahren in Arlesheim wohnt. «Die alten Begriffe und Ausdrücke fand ich toll. Einzelne kenne ich noch, benütze sie aber nicht mehr. Das war eine Inspiration, das zu ändern.»