Technologie der Zukunft in Arlesheim

Der erste kommerziell nutzbare und schnellste Quantencomputer der Schweiz wurde vor einer Woche bei Uptown Basel in Betrieb genommen. Weitere ­Projekte stehen bereits in den Startlöchern.

Das Band ist durchgeschnitten: Die Teams von Quantum Basel, Uptown Basel und IonQ feiern die Inbetriebnahme des Quantencomputers, der im Hintergrund zu sehen ist. Foto: Quantum Basel

Wenn Uptown Basel einlädt, dann kommen die Menschen. Hunderte geladene Gäste wohnten dem offiziellen Inaugurationsakt am vergangenen Donnerstag bei. Die Show war gross, die Keynote-Speaker hochkarätig – neben Grussbotschaften aus den USA und von Nationalräten aus dem Bundeshaus überbrachte auch Regierungsrat Thomi Jourdan Glückwünsche aus Liestal.

Gefeiert wurde die Inbetriebnahme des ersten kommerziell nutzbaren Quantencomputers der Schweiz. Aufgebaut wurde er vor Ort in Arlesheim von einem Team des amerikanischen Unternehmens IonQ. Der Quantencomputer in Arlesheim ist der erste, der von IonQ ausserhalb der USA realisiert wurde. Gleichzeitig hat das Unternehmen sein erstes europäisches Innovationszentrum in ­Uptown Basel eingerichtet.

Verantwortlich für den Coup zeichnen Uptown-Basel-Investor Thomas Staehelin, der für das Areal in Arlesheim rund eine halbe Milliarde Franken aufbringt, Arealentwickler und Architekt Hans-Jörg Fankhauser sowie Damir Bogdan. Letzterer ist CEO von Quantum Basel, einer Tochterfirma von Uptown Basel.

Gemeinsam wollen sie das Industrieareal im Arlesheimer Schoren zu einem Hotspot für Technologieunternehmen entwickeln.

Der fortschrittlichste Quantencomputer der Schweiz ist von aussen ziemlich unspektakulär: ein grosser schwarzer Kasten, Lüftungsschlitze, blinkende Lichtlein. Nicht sichtbar ist sein Herzstück; ein fünf Millimeter kleiner Chip. Dieser verfügt über 36 sogenannte Qubits. Damit könne der Quantencomputer Milliarden von Möglichkeiten gleichzeitig berechnen, erklärt Damir Bogdan. Ein Quantencomputer löst Rechenschritte parallel; im Gegensatz dazu rechnet der normale Computer immer nur Schritt für Schritt. Bodgan zeigt das Beispiel eines Labyrinths: Hier findet der Quantencomputer deutlich schneller den Ausgang, weil er alle Optionen gleichzeitig berechnen kann. Dabei verbrauche er sogar deutlich weniger Strom als etwa ein Supercomputer.

40 Millionen für den «Meilenstein»

Quantum Basel will Unternehmen – und besonders Start-ups – ermöglichen, Quantencomputing und künstliche Intelligenz für ihre Problemstellungen zu nutzen. Eingesetzt werden soll der Quantencomputer unter anderem im Bereich Life Science, im Finanzsektor oder in der Logistik. Der Computerhersteller IonQ hat bereits Projekte mit Unternehmen wie Airbus oder Astra­Zeneca lanciert.

Die Technologie der Zukunft hat ihren Preis: 40 Millionen hat der Quantencomputer gekostet – dabei sei alleine der Chip 10 Millionen wert, sagt Arealentwickler Fankhauser auf Anfrage.

Mit dem Aufbau eines physischen Quantencomputers hat Uptown Basel einen Meilenstein erreicht. Doch das Unternehmen gönnt sich keine Pause: Die Spezialisten von IonQ beginnen bereits mit dem Aufbau eines zweiten, schnelleren Quantencomputers im Arlesheimer Tal. Ausserdem wird ein Rechenzentrum mit einem Supercomputer errichtet, der über 500 der leistungsfähigsten Prozessoren der Firma Nvidia verfügen soll.

Quantencomputer zieht internationale Talente an

Wenn Quantum Basel wie angekündigt weiterhin so stark in den Ausbau von Quantencomputing und künstlicher Intelligenz investiert, zieht das zahlreiche internationale Fachkräfte in die Birs­stadt. Das wird auch die Region prägen.

«Unser Ziel ist es, Talente nach Arlesheim zu bringen. Wir rechnen mit etwa 2000 bis 3000 Mitarbeitenden, die hierherziehen werden», sagt Arealentwickler Hans-Jörg Fankhauser gegenüber dem Wochenblatt. Es würden allerdings längst nicht alle Talente vor Ort arbeiten. Uptown Basel hat mit QAI Ventures soeben eine Aussenstelle im Umfeld der Universität von Calgary (Kanada) eröffnet und arbeitet daran, eine Aussenstelle in Tokio aufzubauen. Danach soll ­zeitnah eine Aussenstelle in Singapur folgen. Das Ziel sei es, direkt vor Ort an den Universitäten Fachkräfte anzusprechen und auf Uptown Basel aufmerksam zu machen. «Wir machen das, weil es un­sere Ausbildungsorganisationen leider verschlafen haben, entsprechende Ausbildungsprogramme und Studienrichtungen aufzubauen. Wir haben es kommen sehen, dass es entsprechende Talente braucht, um grosse, interessante Firmen anzusiedeln», sagt Fankhauser. Entsprechend habe Uptown Basel für die letzten drei Jahre auch eine Professur an der Fachhochschule Nordwestschweiz finanziert. «Heute ist der Run auf die Menschen, die etwas von Quantencomputing, KI und maschinellem Lernen verstehen, unvorstellbar riesig geworden. Darum müssen wir mit grossem finanziellem Aufwand bereits an wichtigen Universitäten im Ausland Fachkräfte ansprechen», so Fankhauser weiter.

Uptown Basel ermutige diese Talente unter anderem dazu, ein Start-up zu gründen. Dafür erhielten die Experten eine Anschubfinanzierung und Zugang zur neusten Technologie. Fankhauser rechnet damit, dass sich ein Teil dieser Fachkräfte in der Region ansiedeln wird. «Die Birsstadt hat dafür eine hervorragende Ausgangslage», ist er überzeugt. Dennoch, die Preise für Wohnraum würden wohl weiter steigen. Wahrscheinlich steige auch der Druck auf die Einfamilienhäuser. «Gut verdienende Talente möchten ein eigenes Haus, sobald sie in die Familiengründung kommen.» Die Immobilienpreise würden zwar steigen, Preise wie in Zürich erachtet der Architekt aber als sehr unwahrscheinlich.

Abgekapselte «Expat-Kolonien» seien ebenfalls keine Gefahr: «Die Leute, die heute schon da sind, interessieren sich sehr stark für unsere Region und nehmen aktiv am kulturellen Leben teil.»

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