«Arleser durch und durch»
Nach 40 Jahren im Bürgerrat – davon 16 als Präsident – endete am 30. Juni das Engagement von Stephan Kink bei der Bürgergemeinde Arlesheim. Ein Blick zurück und nach vorn.
«Mit einem weinenden und einem lachendenden Auge», antwortet Stephan Kink auf die Frage, mit welchen Gefühlen seine Zeit bei der Bürgergemeinde endet. Weinend, weil er die Arbeit als Bürgerratspräsident immer noch gerne gemacht hat. Wehmut sei gegen Ende schon aufgekommen. Das lachende Auge freut sich auf weniger Verantwortung und mehr Zeit für die Familie, Hobbys und Ferien. Die Verantwortung und der Druck seien als Bürgerratspräsident gross. «Es gab Zeiten, da habe ich den Stress und den Ärger schon mit nach Hause und ins Bett genommen.» Unvergessliche Banntage, kulturelle Veranstaltungen und die Kontakte zur Bevölkerung hätten die negativen Seiten des Amts aber weit übertroffen. Das Mitprägen des Dorflebens hat Stephan Kink sehr viel gegeben.
Zu den negativen Seiten am Amt zählt der 72‑Jährige die Diskussionen mit der Einwohnergemeinde um die finanzielle Beteiligung an den Kosten für den Wald. Oft habe es an Verständnis und Willen gefehlt, der Bürgergemeinde unter die Arme zu greifen, obwohl der Wald längst zu einem unersetzlichen Naherholungsgebiet geworden sei. Erst die Vorgabe durch den Kanton konnte an der Bereitschaft der Einwohnergemeinde konkret etwas bewirken, erinnert sich Kink. Dass die Bürgergemeinde Arlesheim aufgrund der knappen finanziellen Ressourcen in ihren Handlungen eingeschränkt ist, habe er stets mit Engagement und Einsatz wettzumachen versucht.
Professionelle Archivierung
Stephan Kink war immer wichtig, dass die Bürgergemeinde politisch und konfessionell neutral auftrat. Gerade bei Einbürgerungen, einer der Kernaufgaben der Bürgergemeinde, dürften Politik und Religion bei den Entscheiden keine Rolle spielen. «Für uns zählte stets nur der Mensch. Erfüllte er die Eigenschaften, wurde eingebürgert, sonst nicht.» Auch aufgrund der Zunahme bei den Einbürgerungen habe die Arbeit für den Bürgerrat in den vergangenen 40 Jahren deutlich zugenommen. Auch administrativ werde vom Gesetzgeber immer mehr verlangt. «Und wer sagt, dass mit der Digitalisierung alles einfach wird, liegt falsch.»
Denn gemäss Gesetz müssen Unterlagen der Bürgergemeinde archiviert werden. Auf Initiative von Kink wird das Archiv der Bürgergemeinde aktuell unter professioneller Anleitung in Ordnung gebracht. In den Unterlagen habe es wichtige und schöne Zeitzeugen der Geschichte von Arlesheim, schwärmt Kink. Die Vergangenheit des Dorfes müsse man wertschätzen und in den Köpfen und auf Papier bewahren. Auch deshalb hat die Bürgergemeinde das Projekt «Alt Arlese» lanciert. Die erste Lesung über das frühere Arlesheim im vergangenen März stiess mit 300 Besucherinnen und Besuchern auf grosses Interesse.
Ärger über Egoismus im Wald
Kink kam über den Wald zur Bürgergemeinde. Als Forstwart brachte er wichtiges Fachwissen ein. Bereits nach zwei Jahren im Bürgerrat wurde er Waldchef und zum Vizepräsidenten gewählt. Die Liebe zum Wald ist bis heute ungebrochen. «Mein Herz hing immer am Wald», sagt er mit strahlenden Augen. Dass der Druck aus der Bevölkerung auf den Wald immer mehr zunimmt, macht dem langjährigen Bürgerratspräsidenten zu schaffen. Es seien oft nur wenige, die viel kaputtmachen würden. Kink spricht von Rücksichtslosigkeit, wenn Biker und Jogger nachts mit der Stirnlampe im Wald unterwegs sind, obwohl die Tiere dann Ruhe bräuchten. Dass eine überdurchschnittlich grosse Fläche des Arlesheimer Waldes als Naturschutzgebiet gilt und wichtige Biodiversitätsflächen vorhanden sind, ist vor allem Kink zu verdanken. Dem ehemaligen Präsidenten der CVP Arlesheim liegen solche Themen am Herzen. Mit der Gründung der Forstbetriebsgemeinschaft Arlesheim-Münchenstein wurden unter Federführung von Stephan Kink wichtige Weichen für den Wald der Zukunft gestellt.
Finanziell sei dieser für die Bürgergemeinde infolge der eingebrochenen Holzpreise finanziell längst eine Belastung. Umso wichtiger sei die finanzielle Unterstützung der Einwohnergemeinde, um die Belastung durch den Nutzen als Freizeitoase der Menschen stemmen zu können.
Sorgen um die Identität von Arlesheim
Stephan Kink bleibt weiterhin verantwortlich für das Pulverhüsli und das Programm von «Alt Arlesheim». Der 72‑Jährige versteht, dass sich eine Gemeinde verändern muss. Das Wachstum der letzten Jahrzehnte schmerze ihn aber. «Viele wissen gar nicht mehr, was Arlesheim ausmacht und wie Arlesheim früher war. Das Wichtigste für viele Neuzuzüger sind doch die tiefen Steuern. Ich mache mir schon Sorgen, dass Arlesheim seinen Charakter und seine Identität verliert.» Er selber sei «Arleser durch und durch».
Stephan Kink freut sich darauf, in Zukunft in «seinem Arlesheim» als normaler Einwohner und Bürger unterwegs zu sein, Banntage und andere Feste zu geniessen, ohne dabei die Lokomotive spielen zu müssen. «Es war eine schöne Zeit. Aber ich freue mich auch auf die Zeit danach.»