Wie die Mumie von Anton Bruckner heimlich nach Aesch kam

In Aesch betrieb der Anthropologe Bruno Kaufmann während Jahrzehnten ein Forschungsinstitut, in dem er Skelette und Mumien untersuchte. Darunter befanden sich nach seiner Überzeugung auch einige Berühmtheiten.

Berühmte Tote: Sehr anschaulich berichtete der Anthropologe Bruno Kaufmann von seiner Arbeit am Anthropologischen Institut in Aesch.  Foto: Thomas Immoos
Berühmte Tote: Sehr anschaulich berichtete der Anthropologe Bruno Kaufmann von seiner Arbeit am Anthropologischen Institut in Aesch. Foto: Thomas Immoos

Aus Wien erhielt Bruno Kaufmann Ende der 1970er-Jahre mehrere Schädel aus einem Massengrab in Wien. Er sollte untersuchen, ob sich darunter jener des 1791 verstorbenen Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart befand. An seinem Anthropologischen Institut in Aesch identifizierte der Anthropologe daraufhin einen der Schädel als mit grosser Wahrscheinlichkeit als jener Mozarts.

Allerdings folgte die Fachwelt diesem Befund nicht, da das Gebiss des Schädels komplett war, man aber wusste, dass Mozart kurz vor seinem Tod vier Zähne verloren hatte. Kaufmann ist trotzdem überzeugt, Mozart untersucht zu haben. «In früheren Zeiten war es üblich, Gebisse von Schädeln zu vervollständigen», so Kaufmann.

Der Leichnam im Kofferraum

Auch der mumifizierte Leichnam des Komponisten Anton Bruckner wurde klammheimlich nach Aesch transportiert. Die Mumie sollte von Pilzbefall befreit, gereinigt und wieder neu eingekleidet werden, um weiterhin in der Stiftskirche St. Florian bei Linz ruhen zu können. Bruckner hatte vor seinem Tod (1896) verfügt, sein Leichnam sei einzubalsamieren. Um das Ganze geheim zu halten, transportierte Kaufmann Bruckners Mumie in seinem Auto. Am österreichischen Zoll verlor er Stunden, sodass er noch ein Hotel suchen musste – und eine abschliessbare Garage: «Denn niemand sollte sehen können, was ich im Fond meines Autos transportierte», erinnert sich Kaufmann.

Diese und weitere Erlebnisse erzählte Bruno Kaufmann am Dienstagnachmittag an einer Veranstaltung des Seniorenrats Aesch-Pfeffingen. In seinem Referat «Berühmte Tote in Aesch» schilderte er sehr anschaulich die Tätigkeit seines Instituts, das er während Jahren in Aesch geführt hatte. Noch heute ist der Anthropologe der Einwohner- und der Bürgergemeinde Aesch dankbar, dass sie jährliche Beiträge von je 5000 Franken an die Mietkosten geleistet haben. Sein Haupteinkommen bestritt Kaufmann als Anthropologe im Auftrag mehrerer Kantone sowie als Dozent an der Uni Basel.

Der Schwarze Ritter aus dem Rheintal

Kaufmann plädiert für einen pietätvollen Umgang mit den Skeletten. «Heute geht man mit dem Tod und sterblichen Überresten von Menschen etwas zu leger um», stellt der Anthropologe fest. Für internationales Aufsehen sorgte auch die Untersuchung der Mumie von Schepenese aus der Stiftsbibliothek

St. Gallen oder einer Mumie aus der Basler Barfüsserkirche. Diese war besonders interessant, weil damit nachgewiesen wurde, dass nicht nur im Alten Ägypten oder in Südamerika Leichen mumifiziert wurden, sondern auch in der Schweiz. Ebenfalls nach Aesch kam die Mumie des Schwarzen Ritters aus dem St. Galler Rheintal. Diese schillernde Adelsfigur aus der frühen Neuzeit, Johann Philipp von Hohensax (1550– 1596), war im Ausland sehr erfolgreich gewesen, bevor er in seine Ostschweizer Heimat zurückkehrte. Dort wurde er offenbar stranguliert – was erst 400 Jahre später durch die Untersuchungen Kaufmanns festgestellt wurde.

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