Weltliteratur inmitten der Aescher Reben

Am 15. und 16. August spielt die Theatercompany Tete und Töne in der Klus «Die schwarze Spinne» von Gotthelf als szenische Lesung unter freiem Himmel, ergänzt durch Texte aus Federspiels «Typhoid Mary».

Intensive Proben: Es lesen hier Sophie Eglin und Gerrit Neuhaus.  Foto: Thomas Brunnschweiler
Intensive Proben: Es lesen hier Sophie Eglin und Gerrit Neuhaus. Foto: Thomas Brunnschweiler

Montagnachmittag in der Alten Metzg in Sissach. Die sechs Spielerinnen und Spieler sind mitten in der zweiten Probe. Es gibt Solostimmen, dann erklingt der Text wieder unisono. An jedem Satz wird gefeilt. Die klare, deutliche Aussprache fällt auf. Trotzdem interveniert Regisseur Kaspar Geiger immer wieder, korrigiert Tonfall, Dynamik, Gestik und Mimik. Man springt von Gotthelf zu Federspiel und zurück. Die Probe ist intensiv. Und schon in zehn Tagen ist Premiere in Aesch.


Ein Stück Weltliteratur als Impuls
Thomas Mann bewunderte Jeremias Gotthelfs «Die schwarze Spinne» «wie kaum ein zweites Stück Weltliteratur». In der Novelle mit zwei Rahmenhandlungen verschreiben sich Bauern dem Teufel, um über Nacht ein grosses Werk zu vollbringen. Die grausige Geschichte ist getragen von einer archaisch-düsteren christlichen Moral, bei der es nur Gut und Böse gibt. Deshalb ist die Novelle in letzter Zeit auch ins Schussfeld von literarischen Debatten gerückt; vor allem Leserinnen stossen sich an der Darstellung von Christine als zweite Eva. Man kann «Die schwarze Spinne» aber auch als Beispiel des Auseinanderbrechens der Gesellschaftsordnung lesen, die wegen einer Epidemie zerfällt. Plötzlich herrschen nur noch Egoismus und soziale Abgrenzung. War früher das Gegenmittel gegen die Pest Fasten, Beten und Innehalten, so ist es bei Corona Distanzhalten, Handhygiene oder Masken im öffentlichen Verkehr.


Was macht eine Pandemie mit uns?
In der «Ballade von der Typhoid Mary» ist die weibliche Hauptfigur anders gezeichnet. Die als «Typhoid Mary» bekannt gewordene Mary
Mallon wanderte 1883 mit 14 Jahren in die Vereinigten Staaten ein, wo sie die erste Person war, die als nicht erkrankte Trägerin von Typhus identifiziert wurde. Vorher steckte sie als Köchin aber sehr viele Menschen an, die an der Krankheit starben. Da sie nichts von ihrer Krankheit wusste, als Köchin ausgebeutet und missbraucht, am Schluss gar zur Verbrecherin gemacht wurde, ist auch Mary ein Opfer von Ungleichheit und Machtstrukturen.
Welches sind die Zusammenhänge zwischen der Pandemie, den gesellschaftlichen und den wirtschaftlichen Ungleichheiten sowie der Ausgrenzung von Aussenseiterinnen? Das ist das Thema der szenischen Lesung in Regie von Kaspar Geiger. Olivia Steimel (Akkordeon) und Karolina Öhman (Cello) sorgen für die musikalische Atmosphäre. Weitere Informationen gibt es unter: www.texteundtoene.ch.

 «Die schwarze Spinne», Klus 117, Aesch, Samstag, 15. August, 20.30 Uhr und Sonntag, 16. August, 17 Uhr. tickets@texteundtoene.ch, Telefon 077 511 35 61 oder Abendkasse.

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