Von unsterblicher Liebe
In einer brillanten Aufführung präsentierte die 11. Klasse der Rudolf Steiner Schule Birseck das Musical «Liebe stirbt nie». Das jährliche Musical hat für die Schüler einen kaum zu überschätzenden Stellenwert.
Thomas Brunnschweiler
Noch in der vierten Aufführung am letzten Samstag war die Aula gerammelt voll. Das 2010 in London uraufgeführte, musikalisch anspruchsvolle Musical «Love Never Dies» von Andrew Lloyd Webber führt ins Jahr 1907. Das Phantom hat auf der Vergnügungsinsel Coney Island in seinem Theater «Phantasma» eine Bleibe gefunden, unterstützt von Meg und deren Mutter, Madame Giry. Meg, die das Phantom abgöttisch liebt, tut alles, um das Theater zu unterstützen. Aber das Phantom liebt nur Christine Daaé, die mit dem trunk- und spielsüchtigen Raoul verheiratet ist. Als Mr. Y lädt das Phantom Christine zum Singen nach Coney Island ein. Die Rivalität zwischen Meg und Christine und die zwischen Raoul und dem Phantom spitzen sich zu. Als Christine, getroffen von Megs Kugel, stirbt, erfährt Sohn Gustave, wer sein wahrer Vater ist.
Hervorragende Ensembleleistung
Marie-Louise Lienhard, die am Anfang von Georg Darvas unterstützt wurde, ist es gelungen, eine stimmige Inszenierung dieses Liebesdramas auf eine Bühne zu bringen, die raumgreifend die Hälfte der Aula nutzt. Das mit den Schülerinnen und Schülern kreierte Bühnenbild war in Farbe und Qualität ebenso überzeugend wie die auf die Jahrhundertwende abgestimmten Kostüme. Obwohl die musikalische Dramatik von «Love Never Dies» nicht an jene von «The Phantom of the Opera» heranreicht, wirkte doch die Fortsetzung lebendiger und war mit den Varieté-Einlagen attraktiv.
Erstaunlich war nicht nur das gesangliche Niveau, sondern auch die fast akzentlose Aussprache des Englischen. Einige Rollen waren – um die Einheit der Klasse zu betonen – mehrfach besetzt. Dshamilia Kalt, Iris Wüthrich und Jana Rosana überzeugten gesanglich als Christine, Lara Hörler und Irina Merz auch tänzerisch als Meg und Jonas Ferro, Micha Gasser und Manuel Schär teilten sich die Rolle des Phantoms. Leyla Arfaï und Fiona Beglinger gaben überzeugend Christines Sohn Gustave. Herauszuheben ist die mimische Leistung von Laurent Ullrich, der sich als gebrochener Raoul mit dem Phantom in die Haare gerät. Auch die Rollen der drei Hüter der Schwelle, Squelch, Fleck und Gangle, waren adäquat besetzt, und schliesslich spielte Johanna Kestler die gestrenge Madame Giry und Pablo Delgado mimte den Stage Manager.
Vorurteile widerlegt
Johannes Greiner, der das Musikensemble am Klavier leitete, arbeitet seit 2005 mit Marie-Louise Lienhard und Georg Darvas zusammen. «Love Never Dies» ist die 12. Produktion an der Rudolf Steiner Schule. «Hier hat sich einiges verändert», sagt Greiner, «vor 20 Jahren hätten solche Aufführungen noch zu Kontroversen geführt». Frau Lienhard verrät: «Manche Kinder wollen nur wegen des Musicals an diese Schule.» Auf jeden Fall widerlegt das jährliche Musical das Vorurteil, Anthroposophen würden abgehobenes, blutleeres und realitätsfernes Theater machen.