Vom Petersdom in Rom zur Pfarrei St. Josef in Aesch

Benno Ammann (1904-1986) war ein gefeierter Komponist und Dirigent und leitete einige Jahre den Cäcilienchor in Aesch. Rund 70 Jahre später begab sich Dirigent David Rossel auf Spurensuche.

Hat aufwendige Recherchen betrieben: Dirigent David Rossel. Foto: Archiv / Nicole Nars-Zimmer

Hat aufwendige Recherchen betrieben: Dirigent David Rossel. Foto: Archiv / Nicole Nars-Zimmer

Künstlerischer Geist: Der Komponist und Dirigent Benno Ammann stiess mit seiner Arbeitsweise während seiner Zeit in Aesch nicht immer auf Zustimmung. Foto: zvg

Künstlerischer Geist: Der Komponist und Dirigent Benno Ammann stiess mit seiner Arbeitsweise während seiner Zeit in Aesch nicht immer auf Zustimmung. Foto: zvg

Nach dem Tod verstaubt ihr Schaffen häufig in einer Schublade: So erging es vielen erfolgreichen Komponistinnen und Komponisten der Neuzeit. Dieses Schicksal drohte auch dem in Gersau geborenen Benno Ammann, obwohl er ein fulminantes Gesamtwerk hinterlassen hat, das von klassisch-romantischen Kompositionen bis hin zu elektronischen Stücken reicht. Doch Anfang 2021 brachten die Basler Madrigalisten – einer der renommiertesten Chöre der Schweiz – neues Licht in Ammanns Lebenswerk. Sie nahmen sich des Werks «Missa Defensor Pacis», der Messe «Verteidiger des Friedens» an, die Ammann im Auftrag von Papst Pius XII. komponiert hatte. Der Anlass war die Heiligsprechung von Nikolaus von Flüe im Jahr 1947 im Petersdom. Das Besondere daran? Ammann war der erste Ausländer, dem die Ehre eines solchen vatikanischen Kompositionsauftrages zuteil wurde. Das stiess auf Widerstand, und auch die Aufführung hatte es in sich: Das zwölfstimmige Werk klang für damalige Verhältnisse recht modern und musste vom Papst unter anderem wegen seiner für den Anlass überlangen Dauer von rund einer Stunde unterbrochen werden.

Die Neuaufführung und Veröffentlichung durch die Basler Madrigalisten stiess bei David Rossel auf offene Ohren und weckte seine Neugier. Der Komponist und Arrangeur leitet mehrere Chöre, darunter die Männerstimmen Basel und den Cäcilienchor Aesch. In ebendiesem Aescher Kirchenchor wirkte auch Ammann von 1951 bis 1959 als Dirigent. Rossel, der dieses Amt seit 2013 ausübt, stiess bei seinen Nachforschungen auf einige interessante Geschichten und Streitigkeiten aus Ammanns Aescher Zeit.

Grosse Erfolge, grosse Unstimmigkeiten

Der damalige Pfarrer Isidor Ottinger war ein alter Schulfreund Ammanns. Diese Freundschaft war wohl ausschlaggebend dafür, dass Ammann 1951 von den Musikhauptstädten Europas ins periphere Aesch zog. Ungewöhnlich war jedoch, dass er nur wenige Monate nach der ersten Probe eine längere Freistellung erhielt, um an seinen Kompositionen zu arbeiten. Das schien sich gelohnt zu haben, denn Ammann kehrte mit der fulminanten Festmesse «Christus Dominus» zurück, die der Cäcilienchor 1953 in der Kirche St. Josef uraufführte. Ammanns Arbeitsweise stiess bei den Mitgliedern jedoch nicht immer auf Zustimmung. Es sei unmöglich gewesen, mit ihm zu verhandeln, und er sei immer eigenwillig gewesen. Zudem hätte er bei den Proben stets darauf gedrängt, früher aufzuhören, um «rechtzeitig nach Hause zu ­kommen».

Auf solche und ähnliche Klagen stiess Rossel in den Vereinschroniken des Cäcilienchors. Ammann reagierte auf die Vorwürfe mit einem Dispensgesuch wegen «starker beruflicher Beanspruchung» und mit der weiteren Begründung, sich vermehrt auf sein eigenes Schaffen konzentrieren zu wollen. Doch schon kurz nach seinem Abgang fand der Vereinsvorstand in seinem Jahresbericht 1959 versöhnliche Worte: «Seine Künstlernatur machte es ihm schwer, bei uns erfolgreich zu wirken. Wir danken ihm für seine Arbeit mit uns und wünschen ihm als Komponist noch viele grosse Erfolge.»

Bei seinen Recherchen konnte Rossel auch auf zwei Zeitzeugen zurückgreifen, die heute noch im Cäcilienchor mitsingen. Sein Studium der Musikwissenschaft und Geschichte dürfte beim Entziffern der handgeschriebenen Protokolle und Dokumente sicherlich auch nicht geschadet haben: «Das war teilweise schon aufwendig und kam sehr auf die Handschrift der jeweiligen Protokollführenden an», meint Rossel schmunzelnd.

Das Highlight in der Aufarbeitung von Benno Ammanns Wirken in Aesch ereignete sich im Mai dieses Jahres. Im Rahmen der Vereidigungsfeier der Schweizergarde durfte der Cäcilienchor unter der Leitung Rossels im Petersdom auftreten. An jenem Ort also, wo Ammanns Kompositionen vor über 75 Jahren für Aufruhr sorgten. Der Kreis schloss sich endgültig, als am 14. Juni, dem 120.  Geburtstag Ammanns, die Klänge seines Aescher Hauptwerks «Missa Christus Dominus» in einer grossen Aufführung an den Ort ihrer Entstehung in die Kirche St. Josef zurückkehrten.

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