Racing-Stars aus Aesch: mit über 40 Stundenkilometern ins Ziel

Petra Woiton hält in Aesch vier Trabrennpferde. Die Spitzensportler brauchen richtiges Training und viel Pflege, damit sie ihre Bestleistung erbringen können.

Gewannen den Preis des Kantons St. Gallen: Der Traber Kiss Forever H. C. mit Stephanie Theiler.  Foto: ZVG
Gewannen den Preis des Kantons St. Gallen: Der Traber Kiss Forever H. C. mit Stephanie Theiler. Foto: ZVG

Gemütlich spaziert uns der ein Meter siebzig grosse Kiss Forever H. C. entgegen. In seiner Mähne hängen Dreckklumpen – er muss sich gerade erst auf der Weide gewälzt haben. Zu dem siebenjährigen Wallach gesellt sich sein Freund Blackhawk, beide Pferde beobachten uns interessiert. Die Pferde von Petra Woiton aus Aesch geniessen ganzjährig Auslauf in einer Vierergruppe. Für nasse Tage gibt es auf den Wiesen Zeltunterstände, in der Nacht werden die Pferde in ihren Stall – ein altes Gewächshaus – gebracht. «Es ist einfach, aber die Pferde haben genug Platz und fühlen sich wohl», sagt Woiton beim Betreten des Stallgebäudes. Hier hat die Pferdetrainerin äusserst grosszügige Boxen für ihre Pferde eingerichtet.

Ein Deutscher, ein Franzose, ein Italiener und der Schwede Kiss Forever leben in dem kleinen Stall in der Nähe des Löhrenackers. Damit sind natürlich die Pferde gemeint – Traber, um genau zu sein. Eine Pferderasse, die explizit für Trabrennen gezüchtet wird. Dass die Pferde alle aus verschiedenen Ländern stammen, sei purer Zufall, sagt Woiton: «Gute Pferde zu finden ist schwierig. Wenn wir eines entdecken, importieren wir es auch aus dem Ausland in die Schweiz.» Traber mit entsprechendem Potenzial sind teuer – die Preise starten etwa im Preisrahmen eines Kleinwagens und sind gegen oben offen. Eine Garantie, dass ein Pferd beim Kauf wirklich gesund ist und die gewünschte Leistung bringt, gibt es nicht. «Pferdekauf ist Vertrauenssache», erklärt Petra Woiton.

In einer regulären Saison starten die Pferde bis zu 16-mal an einem Rennen, dieses Jahr sind viele Rennen wegen Corona jedoch abgesagt worden. Um so mehr habe sie sich auf das Rennen in Dielsdorf gefreut, wo sich Kiss Forever den ersten Platz und 3000 Franken Preisgeld «ertrabte», sagt Woiton. «Im Winter gehen wir sonst auch immer nach St. Moritz zu den Rennen im Schnee. Das muss dieses Jahr aber ebenfalls abgesagt werden.» Dort wäre der Wallach vor einem Wagen – dem sogenannten Sulky – mit Schlittenkufen gelaufen.


Mit 15 Jahren ist Schluss
Die Rennen finden entweder auf einer Sandbahn, auf Gras oder eben im Schnee statt. Zwischen 1600 und 3000 Meter sprinten die Pferde – dabei teilweise mit einem Tempo von bis zu 47 Stundenkilometern. Nur beim Start sind wenige Galoppsprünge erlaubt, danach folgt die Disqualifikation, sollte das Pferd noch einmal in den Galopp fallen. Hinten im Sulky fährt der Fahrer, der das Pferd anheizt. «Gemäss Reglement dürfen die Fahrer drei Mal in einem Rennen die Peitsche verwenden. Sie ist aber sowieso nicht das wichtigste Instrument. Viel wichtiger ist, dass sich die Motivation des Fahrers auf das Pferd überträgt, beispielsweise indem man dem Pferd zuruft», ist Woiton überzeugt. Nach jedem Rennen werden die Pferde auf Doping untersucht und ein implantierter Chip ausgelesen. «Damit wird sichergestellt, dass tatsächlich das angemeldete Pferd startet», erklärt Petra Woiton. Auch muss angegeben werden, ob das Pferd mit oder ohne Hufeisen startet. Das sei wichtig für die Wetteinsätze, denn ohne Eisen kann ein Pferd etwas schneller laufen. Und diese Information sei wiederum für die Wetter wichtig. Bei Kiss Forever beispielsweise erhielten die Wettenden pro 1 Franken Einsatz 11.40 Franken. «Nicht schlecht, oder?», lacht Woiton.

Viele Pferde beginnen mit zwei Jahren auf der Rennbahn zu laufen, mit spätestens 15 Jahren ist ihre Karriere beendet und sie werden als Freizeitpferd verkauft. «Traber sind ausgeglichen und freundlich. Sie sind gut als Reitpferde einsetzbar», ergänzt die Pferdetrainerin.


Alle vier Wochen Osteopathie
Hochleistungssportler wie Kiss Forever brauchen neben dem Training auch entspannende Behandlungen. Während der Saison werden die Pferde alle vier Wochen von Pferdeosteopathin Stephanie Theiler besucht. Theiler startet selbst an Trabrennen und hat in Dielsdorf mit Kiss Forever den Sieg eingefahren. «Es ist wichtig, dass die Muskeln der Pferde immer wieder gelöst werden. Ein gutes Training kann nur dann erfolgreich sein, wenn das Pferd keine Schmerzen, Verspannungen und Blockaden hat», mahnt Woiton.

Vor den Rennen gibt es für die Traber entspannte Spazierfahrten in und um Aesch. «Man kennt uns in der Umgebung schon», lacht die Pferdetrainerin. Sollte die Zeit einmal nicht reichen, steht im Stall ein Pferdelaufband zur Verfügung, auf dem sich die Pferde bewegen können. Fürs Training fährt Petra Woiton mit ihren Pferden regelmässig auf das Schänzli in Basel oder nach Avenches. Ein erfolgreiches Rennpferd muss schliesslich in Form bleiben.

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