Polarluft macht Winzerträume zunichte
Der Frühlingsfrost in der Nacht auf den 20. April bedeutet für die Traubenernte 2017 praktisch einen Totalausfall. Auch Stein- und Kernobst sind massiv betroffen. Ein Augenschein in der Aescher Klus.
Monika Fanti, die 2,5 Hektaren Rebland bewirtschaftet und jährlich zwischen 12000 bis 16000 Liter Wein produziert, kann ihre Erschütterung am Montag nicht verbergen. «Der Frost bedeutet den Totalausfall des Jahrgangs 2017», sagt sie, «und die Folgeschäden bei den neuen Rebstöcken sind noch nicht absehbar.» Richtig werde sie den Ausfall erst 2019 zu spüren beginnen, da bis dahin noch der 15er und 16er Jahrgang verkauft werden könne. «Der Keller ist gefüllt, entscheidend wird sein, wie die Ernte 2018 wird.» Trotz der Frostschäden müssen aber die Reben gepflegt werden. «Das erfordert Sorgfalt und viel Fachwissen», so Monika Fanti. Auch Ulrich Bänninger vom Weingut Tschäpperli trifft das Ereignis hart. «Wir waren fürs Heizen nicht eingerichtet», erklärt er, «um 3 Uhr nachts herrschten -2 Grad Celsius, um 6.30 Uhr bereits -3,9 Grad. Ich hoffte noch auf Bewölkung, aber um 12 Uhr mittags war der Totalschaden sichtbar.» Bänninger, der auch Rebchef in der Klus und kantonaler Berater für Rebbau ist, sieht den Kälteeinbruch in einem grösseren Zusammenhang. «Bei einer 10-Jahreskalkulation wird ein Jahr mit Totalausfall miteinberechnet. Seit dem Hageljahr 1988 blieben wir weitgehend verschont.»
Letzte Woche hat es die ganze Schweiz hart getroffen. «Von der Bündner Herrschaft bis zum Bielersee beträgt der Ernteausfall 80 bis 100 Prozent.» Auch das Wallis sei massiv betroffen; einzig das Genferseegebiet und das Tessin seien von solch tiefen Temperaturen verschont geblieben. Nur schon das Birseck stelle mit rund 30 Hektaren einen Drittel der Rebbaufläche Basellands; dies entspreche einem Weinwert von über 2 Millionen Franken.
Folgen der Klimaerwärmung
Dass die Vegetation um drei Wochen voraus war, erwies sich als tückisch, denn die meisten Triebe, die das sogenannte Wollstadium schon überschritten hatten, erfroren. Ob es noch Nebenaugen und schlafende Augen gibt, die noch austreiben, wird sich erst in zwei bis drei Wochen zeigen. Selbst eine kleine Resternte kann den Jahrgang 2017 nicht retten. Auch für Michael Huber vom Quergut in Arlesheim war die denkwürdige Nacht auf den 20. April ein Schock. «Es ist schon eine Katastrophe», sagt er, «aber für mich dauerte das Gefühl nur ein paar Stunden an, weil ich sowieso nichts hätte machen können.» Gegen Polarluft und Bise würden auch Heizkerzen wenig bis nichts helfen, erklärt er. Sowohl Monika Fanti als auch Ulrich Bänninger und Michael Huber sind überzeugt, dass die Klimaveränderung den Winzern noch mächtig zu schaffen machen wird. Ein weiterer Stressfaktor für die Reben sei derzeit die Trockenheit.
Zuversicht trotz allem
Die Winzer betonen, dass es wichtig sei, das negative Ereignis nicht überzubewerten. Die Keller sind mit zwei guten Jahrgängen noch gefüllt und die Produzenten tun alles, die Kunden mit Wein zu versorgen und gut zu informieren. «Die Kundschaft kann uns jetzt am besten helfen, wenn sie uns treu bleibt», sagt Monika Fanti. Am nächsten Wochenende findet der Tag der offenen Weinkeller statt. Wer sich mit den Winzern solidarisch erklären möchte, besucht am besten diesen Anlass.