Mit Wolldecke an die Gmeini?

Die ins Freie verlegte Aescher Gemeindeversammlung sorgt für Misstöne. Das Traktandum «Dom» solle nochmals verschoben werden, fordern Kritiker.

Mit Regenjacke und warmen Kleidern: Bereits an der Aescher Gemeindeversammlung im Juni auf dem Löhrenacker wurde es kühl. Foto: WOB Archiv / Tobias Gfeller
Mit Regenjacke und warmen Kleidern: Bereits an der Aescher Gemeindeversammlung im Juni auf dem Löhrenacker wurde es kühl. Foto: WOB Archiv / Tobias Gfeller

Der Aescher Gemeinderat verschob die ursprünglich auf den 3. Dezember angesetzte Gemeindeversammlung auf den Nachmittag des 12. Dezembers. Die Versammlung soll aufgrund der Corona-Pandemie nicht in der Mehrzweckhalle, sondern wie schon im Juni auf dem Kunstrasenfeld stattfinden. «Wir erwarten aufgrund der Abstimmung über den Dom besonders viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Um grösstmöglichen Schutz bieten zu können, wollen wir die Gemeindeversammlung unter freiem Himmel durchführen», erklärt Gemeindepräsidentin Eveline Sprecher (SP). Neben dem Traktandum «Dom» steht auch das Budget 2021 auf der Traktandenliste. Sprecher ist sich bewusst, dass eine Gemeindeversammlung im Freien Mitte Dezember eine Herausforderung darstellt. «Aber man weiss, dass es kalt werden könnte, und kann sich dementsprechend kleiden. Für einmal nicht chic, dafür in Skihosen.» Wolldecken würden von der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Den warmen Tee muss man aber selber mitbringen. Der Gemeinderat lässt sich aber eine wetterbedingte Option für eine Verschiebung auf Sonntag offen. «Wir werden frühzeitig über die Gemeindehomepage, auf Plakaten und im Wochenblatt informieren», verspricht Gemeindepräsidentin Sprecher.

Im Baselbieter Landrat steht kurz nach der neu angesetzten Aescher Gemeindeversammlung die finale Diskussion an, ob aufgrund der Pandemie über Traktanden von Gemeindeversammlungen auch an der Urne abgestimmt werden kann. Doch darauf will der Gemeinderat nicht warten.

Als Gründe für die Durchführung der Winter-Landsgemeinde nennt Sprecher das Ziel, bis 1. Januar ein genehmigtes Budget und Klarheit zum «Dom»-Projekt zu haben: «Der Gemeinderat ist der Meinung, dass genau jetzt der Zeitpunkt richtig ist, eben solche Entscheide zu fällen.» Damit könne Vereinen in Aesch der langersehnte Platz für Aktivitäten wieder zur Verfügung gestellt werden. «Zudem könnte Aesch der aktuell stark gebeutelten Wirtschaft Aufträge erteilen und so einen Teil dazu beitragen, dass gerade jetzt Arbeit generiert wird.»


Halb Aesch zum Corona-Test?
Die Verschiebung nach draussen und überhaupt die Durchführung der Gemeindeversammlung sorgt für Kritik. Die Präsidenten der Ortsparteien SP, CVP, SVP und Grüne, Jan Kirchmayr, Christian Helfenstein, Ueli Siegenthaler und Marco Agostini, drücken in einem gemeinsamen Leserbrief in dieser Zeitung ihr Unverständnis aus. Sie hätten viele Zuschriften besorgter Aescherinnen und Aescher erhalten. Landrat Jan Kirchmayr kann nicht nachvollziehen, dass Gemeindeversammlungen mit möglicherweise mehreren hundert Personen durchgeführt werden sollen, wenn andere Veranstaltungen gleicher Grösse untersagt sind.

Er wisse von mehreren Personen, die Angst hätten, in der aktuellen Situation an die Gemeindeversammlung zu kommen. «Da frage ich mich schon, wie demokratisch eine solche Gmeini überhaupt noch ist.» Kirchmayr regt an, das Traktandum «Dom» zu verschieben oder den Landratsentscheid abzuwarten, ob womöglich an der Urne darüber abgestimmt werden kann. «Man könnte die Gemeindeversammlung auch auf das Budget reduzieren, damit dieses durch ist. Dafür kämen viel weniger Leute.» Aber auch das Budget könne gemäss Gesetz warten, erinnert Kirchmayr. Ein Vergleich mit den Gemeindeversammlungen im Juni und September tauge nicht, da die Fallzahlen damals viel tiefer und die Temperaturen höher waren. Der SP-Landrat befürchtet, dass sich viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer erkälten könnten. «Und dann muss halb Aesch zum Corona-Test. Das kann es ja auch nicht sein.»


«Falsches Signal»
Für SVP-Präsident Ueli Siegenthaler ist klar: «Die Durchführung der Gmeini – ob drinnen oder draussen – ist nicht richtig.» Er befürchtet, dass viele Leute aufgrund der Pandemie von einer Teilnahme ausgeschlossen werden. «Und das ist zu einem gewissen Grad schon undemokratisch.» Auch Christian Helfenstein, Präsident der CVP Aesch-Pfeffingen und Mitglied der Gemeindekommission, ist skeptisch. Er hätte es vorgezogen, mit dem Dom-Traktandum auf den Landratsentscheid zu warten oder es gleich auf die Gemeindeversammlung im März zu verschieben. «Es ist ein falsches Signal, wenn man den Leuten sagt, sie sollen niemanden treffen, dann aber eine Gemeindeversammlung durchführt.»

Ein kleiner Hoffnungsschimmer dürfte den Gegnern der Winter-Versammlung bleiben: Die Gemeinde beobachte die Situation laufend, so Sprecher. «Erfolgen seitens Bund oder Kanton neue Vorgaben, wird der Gemeinderat diese berücksichtigen.»

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