Literarischer Hoffnungsträger

Mit seinem Debüt «Fliehende Lichter» hat Lu Bonauer aus Aesch einen vielversprechenden literarischen Start hingelegt. Der Autor liess sich bis zu seinem ersten Buch viel Zeit. Das Warten hat sich gelohnt.

«Fliehende Lichter»: Lu Bonauer aus Aesch debütiert mit sieben Erzählungen, die es in sich haben.  Foto: Thomas Brunnschweiler
«Fliehende Lichter»: Lu Bonauer aus Aesch debütiert mit sieben Erzählungen, die es in sich haben. Foto: Thomas Brunnschweiler

Thomas Brunnschweiler

Lu Bonauer ist mit seinen Texten schon 2002 aufgefallen. Er gewann damals im März den Monatstext des Literaturhauses Zürich. Zweimal war er Gewinner des OpenNet an den Solothurner Literaturtagen; und sowohl 2008 wie auch 2016 wurde er vom Fachausschuss Literatur BS/BL mit einem Werkbeitrag gefördert.
Kein unbeschriebenes Blatt also. Der 1973 in Liestal geborene Lu Bonauer schrieb zwar für mehrere Anthologien, blieb aber einer grösseren Öffentlichkeit unbekannt. Er studierte Architektur an der Höheren Technischen Lehranstalt in Biel und Medien/Publizistik in Zürich. Nach verschiedenen beruflichen Stationen und längeren Aufenthalten in Südamerika ist er im Bereich Medien- und Öffentlichkeitsarbeit für verschiedene Architekturbüros tätig. Als er zum Kommode-Verlag kam, brachte er eine grosse Schachtel mit unveröffentlichten Texten mit.

Flucht als Hauptthema

Hauptthema der sieben Erzählungen in «Fliehende Lichter» ist die Flucht. «Die längeren Aufenthalte in Südamerika lassen mich zwei Bewegungen sehen», sagt Bonauer, «die Flucht in den Wohlstand und die Flucht aus der Komfortzone.» Obwohl er sich etwa in Kolumbien mit der Gesellschaft verbinden wollte, stiess er immer wieder auf Unverständnis. «Ich blieb immer der reiche Westler.» Diese Spannung von Nähe und Ferne, Aufbruch und Ankommen, Heimat und Fremde, Identität und Selbstentzweiung prägt Bonauers literarisches Schaffen, auf dessen Qualität das Migros Kulturprozent aufmerksam wurde. Es liess dem Autor für ein Romanprojekt ein Mentorat der Schriftstellerin Ruth Schweikert angedeihen. In «Fliehende Lichter» geht es um Figuren in der Ersten und Dritten Welt, die um ihre Identität und Existenz ringen. Ein Angestellter einer Softwarefirma wagt die Flucht mit einer Unbekannten und stösst plötzlich auf die Realität des Flüchtlingselends. Eine Frau mit himmelblauen Schuhen und einem Faible für das Unsichtbare huscht durch das Leben des Erzählers und hinterlässt nur ihre Stimme. Bonauers Erzählungen leben von existenzieller Einfühlung und sprachlicher Präzision, nicht von äusserer Spannung, spektakulären Ereignissen, Cliffhängern oder Pointen. Die sprachlichen Bilder sind originell, aber nie ausgeklügelt.

Unverwechselbarer Sound

Bonauers bildstarke Sprache verfremdet die Realität mit teilweise surrealen Elementen zur Wahrheit. Hier ruft sich der magische Realismus eines García Márquez in Erinnerung. Die eng getaktete Sprache bildet einen unverwechselbaren Rhythmus. «Der Sound meiner Texte ist mir wichtig», sagt Bonauer. Er beherrscht die Kunst des Auslassens, des Andeutens, des schwebend Ambivalenten, des Beiläufigen und scheinbar Unbedeutenden. Er beschreibt nicht, sondern verwandelt alles in Erzählung. Wo ein Protagonist die «lange Weile» erlebt, macht Bonauer sie miterlebbar, ohne zu langweilen. Wenn es bei ihm heisst, die Dinge «glitzerten silbrig und scharf und zugleich weich und verschwommen», gilt dies auch für seine Texte. Hier blitzt auf, was wir in der Schweiz oft schmerzhaft vermissen: grosse Literatur. Wir dürfen auf Lu Bonauers ersten Roman gespannt sein.


Lu Bonauer: Fliehende Lichter. Erzählungen. Kommode-Verlag, Zürich 2017.
207 S., Fr. 22.90.

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