Lässt sich ein Mehrfachmörder verstehen?

Am kommenden Montag tritt der Bacchanal Chor Aesch in David Greigs Schauspiel «Die Ereignisse» auf. Für den Chor ist die mobile Produktion mit dem Theater Basel eine spezielle Herausforderung.

Hat den Bacchanal Chor gut im Griff: Stephen Delaney, musikalischer Leiter am Theater Basel. Foto: Thomas Brunnschweiler
Hat den Bacchanal Chor gut im Griff: Stephen Delaney, musikalischer Leiter am Theater Basel. Foto: Thomas Brunnschweiler

Thomas Brunnschweiler

Ungewohnte Töne erklingen, Konsonantenkaskaden, Läufe. Die junge Chorleiterin Annie Dufresne aus Kanada lässt die Sängerinnen und Sänger einsingen. Es ist ein Probenmontag in der Musikaula der Sekundarschule Aesch. Bis zur Aufführung dauert es noch genau vier Wochen. Vereinspräsident Andreas Greuter informiert, dass Stephen Delaney, der musikalische Leiter am Theater Basel, noch im Stau stecke.

Wie genau das Stück abläuft, wissen die Anwesenden noch nicht. Aber der rote Faden ist ihnen bereits bekannt. Es geht um einen Chor, deren Leiterin Claire Fletcher einen Mann verstehen will, der mehrere Chormitglieder getötet hat. Anlass zu diesem Stück waren für den schottischen Dramatiker David Greig die rechtsextremistischen Anschläge von Anders Breivik in Norwegen. Im Stück werden die Grundfesten der Gemeindearbeit der liberalen Theologin Claire erschüttert. Die Ereignisse zu verstehen, wird zu ihrer Obsession, und das Publikum wird in diesen Verstehensprozess einbezogen. Inszeniert wird das Stück von Daniela Kranz. Inga Eickemeier spielt Claire und Elias Eilinghoff den Attentäter sowie andere Figuren. Das Besondere an diesem erfolgreichen Drama, das der Guardian 2013 zum Theaterereignis des Jahres kürte, ist die wechselnde Integration von Laienchören. So kann das Stück immer wieder neu in einer anderen Gemeinde verortet werden und erhält dadurch einen aktuellen Bezug.

Brandaktuelles Thema

Unterdessen ist Stephen Delaney eingetroffen, stellt sich ans Klavier und übt die Lieder ein: das norwegische Kaffeelied, das «Soul», «Gavrilo Princip», «Bonkers» von Dizzee Rascal und am Ende das bewegende «Wir sind hier» von John Browne, der die Musik zum Stück arrangierte. Der australische Pianist Delaney, der das Opernstudio des Theaters Basel leitet und Greigs «Die Ereignisse» musikalisch schon in Wien geleitet hat, sagt: «Wir spielen immer mit Laienchören. Es ist wichtig, auf die Leute zuzugehen, sie einzubeziehen.» Delaney hat positive Erfahrungen gemacht. «Die Menschen sind berührt von der Geschichte von Claire, aber das Stück gibt keine Antworten, obwohl es eine Versöhnung gibt.» Seit den Anschlägen in Paris gebe es beim Publikum einen stärkeren Zugang zur Thematik. Claire Fletcher versuche, einen Massenmörder zu verstehen, ihm selbst falle das Verständnis schwer.

Andreas Greuter erklärt, wie es zur Zusammenarbeit mit Basel kam. «Das Theater Basel hat uns angefragt», sagt er, «Andreas Beck, der Theaterdirektor, ermutigte uns selbst.» Es habe erst kritische Stimmen gegeben, ob das Ganze zu schaffen sei. Die Herausforderung habe in den teilweise fremden Rhythmen bestanden. Die Generalprobe findet am Tag der Aufführung statt. Erst dann wissen Sängerinnen und Sänger, wie das Stück ausgeht.

Theater Basel und Bacchanal Chor: «Die Ereignisse», Schauspiel von Daniel Greig, Neumattschulhaus Aula S1, Montag, 23. Mai, 20 Uhr. Vorverkauf: Theater Basel/werner@leuvoegtli.ch

Weitere Artikel zu «Aesch/Pfeffingen», die sie interessieren könnten

Aesch/Pfeffingen13.11.2024

Haben die Infokästen ausgedient?

Aesch hat fünf seiner sieben Infokästen im Dorf demontiert. Dagegen regt sich Widerstand in der Bevölkerung. Die Aussicht auf Erfolg ist gering.
Aesch/Pfeffingen13.11.2024

Hundeprüfung: Kraft, Geschwindigkeit und Gehorsam

Die Kantonspolizeien Basel-Landschaft und Basel-Stadt führten auf dem Löhrenacker in Aesch die jährliche Hundeprüfung durch. Für die Hundeführer ging es dabei…
Aesch/Pfeffingen06.11.2024

IGeA: Das Warten hat ein Ende

Nach acht Jahren findet die Aescher Industrie- und Gewerbeausstellung IGeA wieder statt. Das ist geplant.