Klappern statt Glockenläuten: Ruft bald der Storch zum Gottesdienst?

Letzte Woche wurde auf dem Kirchturm der reformierten Kirche ein Storchenpaar gesichtet. Damit die Vögel sich einnisten, bleiben die Kirchglocken vorerst still.

Begehrte Kirchenbesucher: Dieser Storch flog das Nest auf dem Kirchturm im Jahr 2014 an, nistete sich allerdings nicht ein. Foto: ZVG
Begehrte Kirchenbesucher: Dieser Storch flog das Nest auf dem Kirchturm im Jahr 2014 an, nistete sich allerdings nicht ein. Foto: ZVG

Am Samstagabend und Sonntagmorgen ist es in Aesch ungewohnt ruhig, denn die Glocken der reformierten Kirche läuten – zum Ärger einiger Kirchgänger – weder den Sonntag noch den Gottesdienst ein. Grund dafür sind die grossen, schwarz-weiss gefiederten Vögel, die man in Aesch unbedingt zum Brüten bringen möchte. Seit 2013 ziert ein Storchennest – ein sogenannter Horst – den Kirchturm der reformierten Kirche.

18000 Franken hat der Storchenhorst, der ausschliesslich durch Spendengelder finanziert wurde, damals gekostet. 5000 davon stiftete der Swisslos-Fonds, der Rest wurde von Kirchen- und Storchenfreunden gespendet. «Der Ausbau des Horts war etwas teurer als an anderen Orten, da wir einen inwendigen Aufgang in den Turm integriert haben. Dies erlaubt es uns, während des ganzen Jahrs zum Nest zu gelangen», erklärt Pfarrer Adrian Diethelm. Dass der Hort immer zugänglich ist, vereinfacht auch das Beringen der Vögel, die auf dem Turm nisten. Wäre dieser Zugang nicht vorhanden, müsste ein spezieller Kran bestellt werden, um auf den Turm zu gelangen – ein grosser Aufwand, der ausserdem ziemlich teuer wäre.

Keine Storchenbabys seit 2013

Bei der Planung des Nistplatzes wurde nichts dem Zufall überlassen. Der neue Wohnort für die Störche wurde in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Storch Schweiz – die sich für die Verbesserung des Lebensraumes des Storches einsetzt – designt und ausgestattet. Eigentlich sei die Lage des Horsts ideal, meint Pfarrer Diethelm: «Der Nistplatz steht auf einer guten Höhe, ist einfach anzufliegen und liegt ganz nahe der Aescher Felder, auf denen die Störche tagsüber auf Nahrungssuche gehen können.»

Trotzdem will es mit dem gefiederten Besuch nicht klappen, obwohl die Kirchglocken schon in den Jahren zuvor nicht läuteten. Einige Störche begutachteten den Horst in der Hauptanflugzeit zwischen Februar und April zwar immer mal wieder und landeten auch darauf, wie das Storchen-Protokoll der Kirche beweist. Zu einer Brut kam es aber in den vergangenen sechs Jahren nicht. «Störche haben einen eigenen Willen», sagt Bruno Gardelli, Leiter Region Nordwestschweiz von Storch Schweiz. Der Tierpfleger, der 40 Jahre lang die Vögel im Zoo Basel betreute, ist ein ausgewiesener Storchenexperte. Für ihn ist klar: Der Hort in Aesch erfüllt alle Kriterien eines idealen Nistplatzes. Ob die Vögel dann aber tatsächlich auch darauf nisten, sei oftmals reiner Zufall. Die Aescher müssten sich daher auch nicht grämen, meint Gardelli: In Allschwil sei seit Jahren kein Brutpaar mehr auf der Kirche gesehen worden und in Oberwil niste nun auch kein Paar mehr, nachdem der Platz regelmässig genutzt worden war.

Aber ob unter diesen Voraussetzungen das Abstellen der Kirchenglocken denn auch wirklich etwas nützt? Gardelli meint, es sei ein guter Versuch, die Tiere anzulocken. Und auch Pfarrer Diethelm glaubt, dass die Ruhe den Vögeln entspricht: «Mit innerer Überzeugung stehe ich hinter der Entscheidung, die Glocken abzustellen. Wenn die Störche eines Tages tatsächlich bleiben, so ist dies eine Riesenfreude für Gross und Klein.» Nun bleibt zu hoffen, dass es dieses Jahr endlich klappt. Vor wenigen Tagen wurde tatsächlich ein Paar auf dem Horst gesichtet. Sollten die Vögel mit dem Nisten beginnen, so würden die Glocken wahrscheinlich bis zum Ende der Brutzeit im Juli still bleiben. Die Storchenbabys wären dann aber sicher auch für diejenigen Kirchgängerinnen und -gänger ein Trost, die das Glockenläuten vermissen.

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