Hollywood-Stuntfrau aus Aesch: «Ich habe gross gedacht»

Petra Sprecher arbeitet in Hollywood als Stuntfrau und doubelt Stars – zum Beispiel in «Pirates of the Caribbean». In «Cascadeuses» spielt sich die gebürtige Aescherin selbst. Die Doku hat soeben den Schweizer Filmpreis erhalten.

Leben in Hollywood: Petra Sprecher mit Brad Pitt an der Wrap-Party zu «Ad Astra». Foto: zVg
Leben in Hollywood: Petra Sprecher mit Brad Pitt an der Wrap-Party zu «Ad Astra». Foto: zVg

Stuntpersonen sind in der Regel gesichtslos. Wie war das, als Sie sich in «Cascadeuses» zum ersten Mal gross auf der Leinwand sahen?
Petra Sprecher: Komisch (lacht.) Obwohl ich den fertigen Film erstmals auf einem kleinen Bildschirm sah: Die Regisseurin kam extra nach Los Angeles, um ihn mir vorzuführen. Da fiel ich fast vom Stuhl. Normalerweise sieht man uns auch nach wochenlangem Training nur ein paar Sekunden im Film. Und jetzt war es eine halbe Stunde! Ich bin über das Ergebnis sehr glücklich.

Obwohl der Dokumentarfilm ja schlimme Sachen zeigt: Stürze, Unfälle ...
Diese Härte war mir gar nicht so bewusst, als ich Stuntfrau wurde. Als Zahnärztin schaut man den Leuten in den Mund, okay. Aber es gibt bei jedem Beruf halt Sachen, im Guten wie im Schlechten, mit denen man nicht rechnet. Mein erstes «Stunttraining» war im Jugendzirkus Basilisk, da hatten wir immer Matten. Im Film landet man wirklich auf dem Steinboden. Und das immer wieder.

Hatten Sie von klein auf eine Schwäche fürs Kino?
Im Gegenteil. Mein Vater ist ein Filmfanatiker, ich war abends dagegen immer im Training mit dem Zirkus oder bei Freunden. Erstmals im Kino war ich mit 16 Jahren.

Das heisst, Sie sind nicht sonderlich beeindruckt, wenn Sie neben Brad Pitt oder Johnny Depp auftreten?
In der ersten Minute bin ich schon so: Wow, das ist ja Tom Cruise! Aber je weniger ich daran denke, desto besser kann ich arbeiten.

Hätten Sie auch anderswo als in Los Angeles Stuntfrau werden können?
Mittlerweile gibt es in den USA und Kanada Standorte, an denen mehr grosse Filme gedreht werden als in L.A., einfach weil die Stadt so teuer ist. Aber vor 20 Jahren gab es nur Los Angeles. Ich hätte zwar auch in Europa bleiben können, aber damals war ich mit dem Cirque du Soleil auf US-Tour und hatte schon eine Arbeitsbewilligung. Ich habe gross gedacht.

Erzählen Sie mir etwas über Stunts. Was machen Sie am liebsten?
Am liebsten bin ich in der Luft. Schon als Kind habe ich in der Grün 80 die Zirkuskinder am Trapez bewundert. Ich fühle mich wohl in der Höhe. Aber wenn man schlecht gesichert wird, ist das immer auch ein Risiko. Darum will ich in teuren Filmen mitspielen, dort ist das Material am besten.

Was ist am gefährlichsten?
Stürze auf Treppen, vom Pferd – und Autos: Wenn man angefahren wird, ist das unglaublich heikel. Man trägt dabei zwar einen Schutz wie beim Motorradfahren, aber man sollte in der Karriere nur wenige «car hits» machen, weil sie das Hirn schädigen können. Ich habe schon zwei hinter mir, beim ersten Mal habe ich Oprah Winfrey gedoubelt.

Was würden Sie gerne ausprobieren?
Etwas mit Feuer, das habe ich noch nie gemacht. Oder selbst ein Stunt-Auto fahren, das würde mich reizen. Und natürlich das Schauspielen, dafür war ich bis jetzt noch nicht bereit.
Im Dokumentarfilm sagen Sie, dass Sie nie eine graue Maus sein wollten.
Das war ich noch nie. Aber als Schauspielerin muss man das sehr oft verkörpern. In der Rolle als Krankenschwester zum Beispiel hat man kaum blaue Fingernägel.

Eine Berufskollegin im Film sagt, dass Stuntfrauen oft Opferrollen spielen. Stört Sie das?
Nein, ich will einfach arbeiten. Es ist nur ein Job. Wenn eine Frau aber selbst häusliche Gewalt erlebt und das dann auch noch bei der Arbeit spielen soll, dann ist das schwierig, das verstehe ich. In L.A. teilen im Training auch die Frauen aus. Das ist manchmal ganz lustig, aber eigentlich will ich niemandem wehtun.

Haben Sie Vorbilder?
An der Zirkusschule hatte ich klare, physische Ziele: So und so sollte meine Nummer werden. Aber als schwarze Frau, die Deutsch spricht, habe ich hier eigentlich gar keine Vorbilder. Ich will meinen Akzent auch nicht verstecken, ich bin Schweizerin forever.

Ist Ihre Hautfarbe in den USA ein grösseres Thema als in der Schweiz?
Absolut. Als Kind wurde ich in Basel immer gut behandelt, nur die Haare waren ein Problem, weil kein Coiffeur damit umgehen konnte. In den USA gelte ich zwar als hellhäutig, trotzdem dürfte ich niemals eine weisse Schauspielerin doubeln. Never!

Für eine Spezialvorstellung von «Cascadeuses» im Stadtkino waren Sie zuletzt vor zwei Wochen in Basel. Vermissen Sie die alte Heimat?
Ich habe zwei tolle jüngere Brüder, beide haben kleine Kinder. Ich komme regelmässig nach Basel, damit ich sie sehen kann. Aber ich glaube schon, dass ich in L.A. bleibe, auch wenn ich mir vielleicht eine Alphütte kaufen werde. Oder eine Wohnung in St. Moritz, wenn ich dann mal reich bin (lacht)!

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