Grosse Ehre für die vergessenen «Metalli-Lotterhäuser»

Der Baselbieter Heimatschutz zeichnet die beiden Metalli-Häuser an der Dornacherstrasse aus und ehrt damit auch die ­Hartnäckigkeit der ­Bewohnenden und das Einlenken der Bürger­gemeinde Aesch.

Auszeichnung für gute Baukultur: (v.l.n.r.) Doris Huggel, Daniel Gelzer, Natalia Wespi, Hansjörg Stalder, Eveline Sprecher, Matthias Preiswerk und Ruedi Riesen. Foto: Tobias Gfeller
Auszeichnung für gute Baukultur: (v.l.n.r.) Doris Huggel, Daniel Gelzer, Natalia Wespi, Hansjörg Stalder, Eveline Sprecher, Matthias Preiswerk und Ruedi Riesen. Foto: Tobias Gfeller

Eigentlich war es abgemachte Sache, dass die beiden Wohnhäuser an der Dornacherstrasse 163, 165, 167 und 169 in Neu-Aesch abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. Der Quartierplan dafür bestand bereits. Dem widersetzten sich aber die Bewohnenden der Häuser über Jahre hinweg hartnäckig. Sie wollten die einstigen Arbeiterhäuser der Schweizerischen Metallwerke AG erhalten. Zuerst schätzten sie den günstigen Mietzins, später realisierten sie, dass hier historisch bedeutsame Bausubstanz vorliegt.

Die beiden 1908 erbauten Häuser mit je sechs 3-Zimmer-Wohnungen sind die letzten architektonischen Zeugen der baulichen Erstentwicklung von Neu-Aesch. Auf dem Radar hatte man die beiden Häuser in Aesch während Jahrzehnten nicht. In den Aescher Heimatkunden kommen die Häuser nur am Rande vor. In der Sammlung historischer Fotografien «… damals in Aesch» werden sie erst gar nicht erwähnt.

Nach zwei Besitzerwechseln gehören die Häuser heute der Bürgergemeinde Aesch. In zähen Verhandlungen, in die auch der Baselbieter Heimatschutz als privater Verein eingebunden war, einigten sich die Bewohnenden und die Bürgergemeinde auf den Erhalt der Häuser. Gemäss Vereinbarung übernimmt die Basler Genossenschaft «Mietshäuser-­Syndikat» die Häuser im Baurecht. Die Bewohnenden sind der Genossenschaft beigetreten und planen einen eigenen Hausverein innerhalb der Genossenschaft. In der Vereinbarung steht auch, dass die Häuser auf Kosten der Bewohnenden saniert werden müssen.

Klare Botschaft vom Heimatschutz

Der Baselbieter Heimatschutz würdigt nun die historische Bedeutung der Bausubstanz sowie die Hartnäckigkeit der Bewohnenden und das Einlenken der Bürgergemeinde mit der Auszeichnung für gute Baukultur 2022. Am Mittwoch vergangener Woche übergab Heimatschutz-Präsident Ruedi Riesen je eine Urkunde an das Mietshäuser Syndikat und die Bürgergemeinde Aesch. Mit der Auszeichnung sei auch eine Botschaft verbunden, machte Heimatschutz-Vorstandsmitglied Hansjörg Stalder in seiner Laudatio klar. «Häuser sind keine Wegwerfartikel!» Ökologie und der Erhalt von Bausubstanz seien kein Widerspruch, im Gegenteil.

Grundlage für das Einlenken der Bürgergemeinde war ein architekturhistorisches Gutachten der Pfeffinger Kunsthistorikerin Doris Huggel, das gerade auch die gut erhaltenen Innenräume mitsamt ursprünglicher Einrichtungen und Details, die verwendeten Materialien und die währschafte und solide Bauweise würdigt. Von aussen betrachtet wirken die Häuser aber stark sanierungsbedürftig. Das Gutachten wurde je zur Hälfte von den Bewohnenden und vom Heimatschutz finanziert. Bürgergemeinde-Präsident Matthias Preiswerk gab zu, dass die Entscheidung lange Zeit schwierig war, weil der Bürgerrat Sicherheitsbedenken aufgrund der in die Jahre gekommenen Häuser hatte.

Gemäss der beauftragten Architektin Natalia Wespi wird die Sanierung in zwei Phasen geplant. Wichtig sei, dass die Häuser nicht «übersaniert» werden und ihren Charakter behalten. Neben dem Substanzerhalt werde in einer ersten Phase eine energetische Sanierung in Angriff genommen.

Gemeinderat wünscht sich Quartierverein Neu-Aesch

Für den Erhalt der Häuser machte sich auch die Einwohnergemeinde stark. ­Gemeindepräsidentin Eveline Sprecher (SP) stellte klar, dass Neu und Alt sehr gut nebeneinander Platz haben. Sprecher findet mehr Gefallen am Begriff «Metalli-Lotterhäuser» als am Begriff «Neu-Aesch».

Um dem vom Aescher Zentrum geografisch und gedanklich weit abgeschlagenen Quartier an der Birs mehr Bedeutung zu verleihen und den Anwohnenden mehr Gehör zu verschaffen, wünscht sich der Gemeinderat die Gründung eines Quartiervereins Neu-Aesch. Die Einwohnergemeinde leistet dafür eine Anschubfinanzierung in der Höhe von 10000 Franken, kündigte Eveline Sprecher an.

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