Generationenübergreifend: Wohnen als Schlüsselthema der Politik
Letzten Donnerstag diskutierte im «Brüel» die CVP Aesch/Pfeffingen im grossen Rahmen über das Thema «Wohnen im Alter» und im Speziellen über das Mehrgenerationen-Wohnen.
Tobias Gfeller
Die Zahlen des Mehrgenerationenhauses «Giessserei» in Winterthur sind eindrücklich: 150 Wohnungen, über 200 Erwachsene, über 80 Kinder. Eindrücklich ist auch der Blick von oben auf die beiden länglichen Wohnblöcke und den Freiraum dazwischen. Senioren neben vielköpfigen Familien, junge Singles neben Witwen.
Der Begriff «eindrücklich» ist für einmal nicht übertrieben. Die Idee des Mehrgenerationenwohnens wird beim Winterthurer Bau zur Realität. Für Aussenstehende sind die Erzählungen von Jürg Altwegg, Projektleiter der «Giesserei», total spannend – zugleich aber auch respekteinflössend. Dementsprechend findet ein älterer Herr während der anschliessenden Podiumsdiskussion deutliche Worte: «Die Alten wollen doch noch für sich selber sein.»
Pflegeheim als letzte Variante
Die gut besuchte Veranstaltung der CVP Aesch/Pfeffingen stand unter dem vielsagenden Motto «WG 2.0». Doch wie diese moderne Wohngemeinschaft aussehen soll, darauf mochten sich die drei Referenten nicht festlegen. «Wir müssen flexible Lösungen finden. Die Bauten sollen sich den Menschen anpassen und nicht umgekehrt», fand Gabriele Marty, Leiterin der Abteilung Alter und Gesundheit in der Gesundheitsdirektion des Kantons Baselland. Diese Flexibilität nannte sie als eine der drei wichtigen Stichworte der Alterspolitik des Kantons.
Dass das Thema Wohnen im Alter immer wichtiger wird, darüber waren sich sowohl die Referenten wie auch das Publikum einig. «Jetzt muss gebaut werden», forderte Ulrich Otto, Leiter Kompetenzzentrum Generationen an der Fachhochschule St. Gallen. «Diese Investitionen sind Sozialinvestitionen, und wenn diese jetzt nicht geschehen, zahlen wir dafür in 10 bis 15 Jahren die Rechnung drauf. Für den Professor ist «Wohnen das Schlüsselthema für den demografischen Wandel und das Schlüsselfeld der Politik».
Gabriele Marty sieht ähnlich dem Ausland Pflegeheime nur noch für schwere Pflegefälle. «Rund 34 Prozent der über 85-Jährigen sind pflegebedürftig. Das heisst aber nicht direkt, dass sie auch ins Alters- und Pflegeheim müssen.» Der Kanton möchte mit seinem entworfenen Leitbild und den daraus resultierenden Massnahmen erreichen, dass Senioren die für sie geeignete Wohnform wählen können.
Auch für Aesch ein wichtiges Thema
Auch für die Gemeinde Aesch ist das Thema Wohnen im Alter sehr zentral und im Fokus verschiedener politischer Interessensgruppen. Mehrere Projekte werden mittels Quartierplänen entwickelt. Dementsprechend interessiert zeigte sich auch Gemeindepräsidentin Marianne Hollinger (FDP) im Publikum. Das Altersleitbild der Gemeinde sehe ebenfalls vor, dass Senioren möglichst lange zu Hause bleiben könnten und der Gang ins Alters- und Pflegeheim der letztmögliche sein sollte. Sie zeigte sich neugierig betreffend der Ideen von Ulrich Otto, wie es denn möglich sei, dass weniger Pflegebetten gebraucht werden. «Darüber könnten wir gleich noch einmal einen Abend diskutieren. Wichtig ist jetzt vor allem, dass sich die Gesellschaft parat macht für den demografischen Wandel», antwortete dieser vielsagend.