Eisenbahnkatastrophe im Panorama

Laurent Ullrich hat den Unglückstag von 1891 in Münchenstein in einem begehbaren Panorama festgehalten. Das Riesengemälde ausgeführt haben Schülerinnen und Schüler der Rudolf Steiner Schule.

Historienmaler: Laurent Ullrich, der Initiant des Panoramas, sitzt mitten in der Tragödie, die 1891 stattfand.  Foto: Brunnschweiler
Historienmaler: Laurent Ullrich, der Initiant des Panoramas, sitzt mitten in der Tragödie, die 1891 stattfand. Foto: Brunnschweiler

Thomas Brunnschweiler

Wenn man das Panorama, das derzeit in der Rudolf Steiner Schule Birseck zu besichtigen ist, betritt, befällt einen ein seltsames Gefühl. Festgehalten ist auf dem Rundbild ein Moment des Grauens, der Hilflosigkeit, der Schaulust und des Mitgefühls. Als Zuschauer, der alles in einem 360-Grad-Blickwinkel betrachten kann, wähnt man sich mitten in der Birs. Plötzlich ist man Zeitzeuge, zurückversetzt um 123 Jahre. Da liegen die beiden Lokomotiven, begraben von der Brücke von Gustave Eiffel, dort wird ein Verletzter betreut. Menschen werden geborgen, ein Paar umarmt sich in hilfloser Trauer, Bewohner starren wortlos auf das Unglück.

Ein vergessenes Medium
Mit dem ersten Rundgemälde von Robert Barker 1788 nahm die «Panoramania» ihren Lauf. Das Panorama war das Google Earth des 18. Jahrhunderts, dann der Vorgänger des Kinos. Gezeigt wurden Schlachten und andere historische Ereignisse, wie etwa den Übertritt der Bourbaki-Armee in die Schweiz oder gar die Kreuzigung Jesu. Diese Panoramen machten dem Volk grosse Ereignisse und ferne Länder zugänglich. Laurent Ullrich, der die Rudolf Steiner Schule Birseck besucht, kam Anfang 2013 auf die Idee, seine Maturarbeit dem Thema «Panorama» zu widmen. Er hielt Ausschau nach einem wichtigen historischen Ereignis in der Region und stiess dabei zwangsläufig auf das Unglück der Jura-Simplon-Bahn vom 14. Juni 1891, das mit insgesamt 72 Toten noch immer die grösste Eisenbahn-Katastrophe der Schweiz ist.

Eindrückliche Gemeinschaftsarbeit
Zunächst vertiefte sich Ullrich in die Quellen, einerseits in die Literatur über das Panorama, andererseits in die Materialien zum Unglück. Langsam nahm die Idee für ein konkretes Panorama Gestalt an. Die Zeichenlehrerin Martina Meyer übernahm die künstlerische Leitung. Die Schülerinnen und Schüler Anna Ebner, Milena Kugler, Rabea Langer, Rosanna Löw, Giulia Rosania, Pia Zibulski, Ilmarin Fradley, Johan Nötiger, Simon Schaller und auch Laurent Ullrich setzten die Vorgaben mit Ölfarbe um und bemalten die insgesamt 40 m2 grosse Leinwand. Auch Schüler anderer Klassen beteiligten sich am Kunstwerk. Laurent Ullrich musste sich auch um die Finanzen und die Logistik kümmern. Er fand verschiedene Gönnerinnen und Gönner.

Das Kulturbüro GGG-Kulturkick unterstützte das Projekt ebenso wie die Elektra Birseck Münchenstein, die ein Atelier und die Räumlichkeit zur Präsentation an der Vernissage zur Verfügung stellte. Am 14. Dezember 2013 wurde das Panorama der Öffentlichkeit vorgestellt. Vorübergehend ist es jetzt an der Rudolf Steiner Schule. «Wir sind aber in Münchenstein im Gespräch über eine dauerhafte Unterbringung», sagt Ullrich. Der initiative Schüler wollte die Existenz von Panoramen ins Gedächtnis zurückrufen, aber auch die Erinnerung an jenes schreckliche Unglück auffrischen, das in den Medien bis nach Übersee wahrgenommen wurde. Beides ist ihm gelungen. Der Besuch des Panoramas empfiehlt sich. Ullrich ist an manchen Tagen anwesend und gibt eine Einführung.

Besichtigung: Rudolf Steiner Schule Birseck, vis-à-vis Bahnhof Aesch; bis 24. Februar (ausgenommen 19./20. 2.), jeweils 8–17 Uhr; am Freitagnachmittag sowie dienstags und donnerstags von 15.30 bis 16.30 Uhr mit Führung von Laurent Ullrich.

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