Ein halbes Jahrhundert Schnitzelbank

Seit 1969 zieht Hanspeter Hauser als Schnitzelbänkler durch die Aescher Beizen. Für ihn, die Schnupfnase, ist es ein Vergnügen, die Leute mit seinen Versen zum Lachen zu bringen.

Hanspeter Hauser alias Schnupfnase: Sein Schnitzelbankname war auch sein Spitzname aus seiner Schulzeit, lange bevor er begonnen hat, regelmässig Schnupftabak zu konsumieren.  Foto: Thomas Kramer
Hanspeter Hauser alias Schnupfnase: Sein Schnitzelbankname war auch sein Spitzname aus seiner Schulzeit, lange bevor er begonnen hat, regelmässig Schnupftabak zu konsumieren. Foto: Thomas Kramer

Ein Blick in die dicken Bundesordner von Hanspeter Hauser ist eindrücklich. Hunderte von Versen und Pointen hat er in fünfzig langen Schnitzelbankjahren niedergeschrieben. Er blättert sich durch sein Bänklerleben, sein wacher Geist schweift über die Seiten, da sticht ihm eine Zeile ins Auge. Sofort geht sein Kopf nach oben, er beginnt zu rezitieren, Vers um Vers, alles frei heraus, in dem Moment ist er ganz eins mit seiner Schnitzelbankpoesie. Ist unter allen Reimen auch ein Jahrhundert-Vers dabei? Hauser verneint, den alles überstrahlenden Vers gebe es nicht. «Als Schnitzelbänkler greife ich die Aktualitäten auf, weshalb sie ein rasches Verfalldatum haben», erklärt Hauser, der damals in der Realschule dank seinem «sehr guten Deutschlehrer» das Dichten und Reimen schätzen gelernt hat.

Lokalkolorit als Markenzeichen

Fortan hat die Verskunst den Aescher nie mehr losgelassen. In der Rekrutenschule stellte er einen Schnitzelbankabend auf die Beine, mit 27 Jahren dann die fasnächtliche Schnitzelbank-Premiere: Mit Trommel und Clochard-Kostüm, auf der Zunge die Melodie der Standpauke – ein damals populärer und stilprägender Basler Bank – stand er erstmals vor Publikum: «Jupeidi und jupeida» singt er seither, jahrein, jahraus.

Zu Beginn noch unter wechselnden Namen, ist er seit 1975 als Schnupfnase unterwegs. Später kamen das grün-orange leuchtende Kostüm und die passende Larve hinzu, ebenso die grosse Pauke. Sein eigentliches Markenzeichen ist aber ein anderes. Es ist das Lokalkolorit seiner Verse, mit denen er seit je ausschliesslich das Aescher Dorfleben aufs Korn nimmt. «Über den Papst und über die Zürcher reimen, das kann doch jeder», sagt Hauser und gibt zu bedenken, dass es früher einfacher gewesen sei, Lokalthemen zu finden. Vor 40, 50 Jahren war Aesch überschaubar, jeder kannte jeden, und es habe sie noch gegeben, die Dorforiginale wie das Chräbsbach Anni. «Heute bin ich wohl das Original», lacht er. Seine Themen findet er heute im Wochenblatt, an der Gemeindeversammlung oder ganz einfach auf der Strasse, «Ich habe mein Ohr immer ganz nah am Volk.» So entstehen im Laufe eines Jahres Dutzende Zweizeiler. Diese kann er nicht nur als Schnupfnase, sondern auch als Texter für den «AetschBaetsch», die offizielle Aescher Fasnachtszeitung, verwerten, wobei er die Fülle des Materials neu kombiniert, es ausbaut und in überraschende Zusammenhänge bringt.

Gerade darin liegt das Geheimnis der Pointe, erklärt er. «Man darf keine Geschichte zusammenreimen, die absehbar endet, sondern man muss den Zuhörer in die Irre führen und am Ende mit einer unerwarteten Wendung die Geschichte auflösen und sie in einem neuen Licht erscheinen lassen – so hat man den Lacher auf Nummer sicher!» Natürlich soll hier nichts verraten werden, aber der Durchstich am Pfeffingerring, die Aescher Spielplätze oder auch das Aus der Dorfdrogerie werden drankommen. Und natürlich darf ein Vers über die Gemeindepräsidentin Marianne Hollinger und auf die abtretende Regierungsrätin Sabine Pegoraro nicht fehlen; ebenso wenig fehlen wird der obligatorische Metzger-Hofmann-Vers – den hat er vor Jahrzehnten einmal wegen des Schweinefleisch-Anteils in dessen Wienerli hochgenommen. Die Metzgerei gibts schon lange nicht mehr, aber die Schnupfnase und seinem obligaten Metzger-Vers ist geblieben.

Kein «Opfer» war je verschnupft

Auch wenn die Schnitzelbank-Kunst in den Bereich der Satire gehört – und Satire darf bekanntlich alles –, setzt sich Hauser klare Grenzen. «Unter die Gürtellinie gehe ich nicht. Und ich stelle niemanden bloss.» Auch wenn in der Vergangenheit der eine oder andere scharfe Reim dabei war, noch nie war ein auf die Schippe genommenes «Opfer» wegen seiner Schnitzelbänke gröber verschnupft.

Im Laufe der Zeit erweiterte er übrigens sein Repertoire mit einer publikumswirksamen Mitmachnummer. Am Ende seines Schnitzelbank-Auftritts verpackt er die Verse zu einer jeweils aktuellen Hitmelodie, die alle mitsingen können und für garantierte Stimmung sorgen. Ebenfalls hinzugekommen ist das Schnupfnäsli, sein Enkel. Im zehnten Jahr nun präsentieren die beiden heute die Verse im Dialog. «Es ist meinem Enkel zu verdanken, dass ich bis heute weitergemacht habe», glaubt Hanspeter Hauser.

Der legendäre Schorsch vom Hafebeggi 2 ging mit 75 in Schnitzelbankpension, wenn die Schnupfnase am nächsten Montag wieder auf Beizentour geht, ist er bereits 76! Auf die Auftritte in der «Mühle» und im «Jura» freut er sich am meisten. «Hier freut sich das Publikum auf einen Schnitzelbank und hört einem zu.» Genauso wie am ausverkauften «Pfäffigerli», wo die Schnupfnase ebenso nicht fehlen darf.

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