Ein «belastender Vertrauensverlust»
Die Schulleitung der Sek Aesch hat sensible Schülerdaten per Mail an rund 100 Mitarbeitende verschickt. Nun nehmen der Schulrat und der Datenschutzbeauftragte Stellung zum Vorfall.
«Aescher Schulleitung droht ein Disziplinarverfahren» titelte der Verein «Starke Schule beider Basel» (SSbB) vor zwei Wochen auf seiner Website. Einen Monat zuvor wurde der SSbB Informationen von einer Gruppe anonymer Eltern zugespielt, die sich auf eine E-Mail der Schulleitung der Sekundarschule Aesch beziehen. Offenbar hat ein Schulleitungsmitglied per E-Mail Dokumente, die sensible Schülerdaten enthalten, an alle Lehrpersonen der Sekundarschule Aesch verschickt. Nebst Berichten zu psychologischen Abklärungen einzelner Schülerinnen und Schüler enthielt die Mail eine Liste mit den Namen von 67 Jugendlichen, die im aktuellen Schuljahr spezielle Förderung erhalten.
Die Eltern kritisierten in der Folge, dass Informationen sowohl von der Kinder- und Jugendpsychiatrie Baselland als auch von Primarschulen an die Sekundarschule weitergeleitet wurden – und das ohne Zustimmung der Eltern. Der Fall wurde von verschiedenen Medien aufgegriffen.
Inzwischen wurde von der Aufsichtsstelle Datenschutz (ASD) des Kantons Baselland eine «Sachverhaltsabklärung» eingeleitet. Die Untersuchung erfolge in solchen Fällen in zwei Schritten, erklärt Datenschützer Markus Brönnimann: Zuerst werde ermittelt, ob es einen akuten Handlungsbedarf gebe. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Mailadressen von einem Server gestohlen würden und eine akute Sicherheitslücke bestehe, die unmittelbar geschlossen werden müsste. In einem zweiten Schritt werde dann geklärt, ob es sich bei dem Vorfall um einen Einzelfall oder um systematisches Versagen handele, bei dem Massnahmen notwendig wären.
«In diesem Fall nicht zulässig»
Im Fall Aesch sei eine Mail verschickt worden – und diese Mail könne nachträglich nicht mehr zurückgenommen werden. Es handle sich hier also nicht um einen Vorfall, der kurzfristige Massnahmen erforderlich mache, führt Brönnimann aus. Die Schulleitung müsse zu dem Vorfall eine Stellungnahme abgeben. Grundsätzlich sei es so, dass Lehrpersonen Informationen über ihre Schüler brauchen, um ihren Beruf ausüben zu können, erklärt Brönnimann. In diesem Fall habe die Lehrperson der Klasse A aber auch Informationen über Schüler einer anderen Klasse erhalten, die nicht benötigt wurden. Dass die Mail an die ganze Lehrerschaft verschickt wurde, «erscheint in diesem Fall nicht zulässig».
Behauptungen sind «ehrverletzend und falsch»
Als Reaktion auf die Medienberichte hat der Schulrat – die oberste leitende Behörde der Sekundarschule – zu Beginn des Schuljahres einen Brief an die Eltern verschickt. Dieser liegt dem Wochenblatt vor. Der Schulrat schreibt darin, dass er die Anschuldigungen und Befürchtungen der Eltern sehr ernst nehme und unverzüglich den Datenschutzbeauftragten um eine Stellungnahme gebeten habe. Den Resultaten der verschiedenen Untersuchungen wolle er jedoch nicht vorgreifen. «Wir möchten Ihnen aber heute versichern, dass diese Behauptungen nach unserer ersten Prüfung ehrverletzend und falsch sind», führt der Schulrat aus.
Während des Schuljahreswechsels müsse es einen Datenaustausch geben und dieser laufe über die Schulleitung.
Alle involvierten Personen unterlägen strengen Geheimhaltungsregeln, schreibt der Schulrat weiter. Noch sei unklar, wie die Informationen an Aussenstehende weitergeleitet wurden. Der Schulrat spricht hier von einem «Vertrauensbruch, der durch nichts zu entschuldigen ist».
Schulrat umgangen
Dass sich die Gruppe anonymer Eltern mit ihrem Anliegen nicht direkt bei der Schulleitung, dem ASD oder dem Schulrat gemeldet habe, stösst beim Schulrat indes auf Unverständnis. «Leider sind infolge des gewählten Vorgehens vertrauliche Daten einer grossen Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Das Resultat dieser Kampagne ist ein unnötiger, belastender Vertrauensverlust», schreibt Schulratsmitglied Rolf Coray auf Anfrage vom Wochenblatt. Die Schulleitung hingegen war für das Wochenblatt trotz mehrfacher Versuche nicht zu erreichen.
Jürg Wiedemann von der Starken Schule beider Basel sagt zum Vorfall in Aesch: «Man muss blauäugig sein, um zu denken, dass bei einem Mail mit rund 100 Personen im Verteiler solche Informationen nicht durchsickern.» Er hat Verständnis für die Eltern. Generell herrsche im Schulbereich viel Angst – sowohl bei den Eltern als auch bei Lehrpersonen selbst, wenn es um Kritik an einer Schule geht. Auch ist er sich sicher, dass ein Publikmachen der Angelegenheit richtig gewesen sei; denn die Schulleitung habe auf ihre Anfragen nicht reagiert. Das hätte den notwendigen Druck erzeugt, die Datenschutzrichtlinien künftig einzuhalten.
Empfängerkreis bewusst wählen
Der «Fall Aesch» ist nicht der erste, mit dem sich die Aufsichtsstelle Datenschutz auseinandersetzen muss. Damit Schulen auf der sicheren Seite sind, empfiehlt Brönnimann, darauf zu achten, dass gerade auch sensible Daten ausschliesslich den Personen zur Verfügung stehen, die diese für ihren Berufsauftrag auch wirklich benötigen.
Brönnimann stellt auch fest, dass die zunehmende Digitalisierung die Schulen immer wieder vor grössere Herausforderungen stellt. Zusammen mit der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion prüfe die ASD nun parallel, ob und wie das Risiko solcher Vorfälle reduziert werden könnte.