Die Mutmacherin

2021 erhält sie die Dia­gnose Hirnmetastasen. Das Ende? Nicht für Michèle Bowley. Sie startet noch einmal durch. In einem Buch schildert sie ihr Leben mit dem Krebs – und gibt anderen Tipps für den Umgang mit einer tödlichen Krankheit.

«Ich habe mein Leben fürs Arbeiten gelebt»: Michèle Bowley hat immer das gemacht, was sie erfüllt. Foto: Fabia Maieroni
«Ich habe mein Leben fürs Arbeiten gelebt»: Michèle Bowley hat immer das gemacht, was sie erfüllt. Foto: Fabia Maieroni

Vor drei Jahren ändert sich Michèle Bowleys Leben auf einen Schlag. Sie erkrankt an Brustkrebs. Die Behandlung verläuft gut, bis sie ein Jahr später plötzlich starke neue Symptome entwickelt. Die Diagnose: Hirnmetastasen. Die Prognose: nur noch wenige Monate Lebenszeit. Ein Schock? Nicht für Michèle Bowley. «Es war einfach okay», sagt die 57-Jährige heute. Sie nimmt die Diagnose ruhig auf, erhält eine Ganzhirnbestrahlung. «Ich habe vorwärtsgeschaut und mich auf die kommenden Monate gefreut.» Bowley gibt noch einmal Vollgas, geniesst ihr Leben, verschenkt viel von ihrem Geld, plant ihre eigene Trauerfeier – die Urne hat sie bereits mit 26 Jahren vor einer Reise nach Südamerika selbst getöpfert. Der Song «My Way» soll an ihrer Beisetzung gespielt, ihre Asche über dem Rhein verstreut werden.

Daneben arbeitet Bowley weiter. Die studierte Gesundheitspsychologin schreibt in kurzer Zeit eine Autobiografie, die anderen Mut machen will, das Leben voll auszukosten. Sie führt ein Video­tagebuch, wird von einem Filmteam begleitet und geht mit ihrer Krankheit an die Öffentlichkeit.

Bowley ist bereit. Und dann bleibt der Tod aus. Die Hirnmetastasen sind in den bildgebenden Verfahren plötzlich nicht mehr sichtbar. «Ich war überrascht, dass ich neu anfangen kann.» Die Achterbahn des Lebens nimmt wieder Fahrt auf. Zeit, um noch einmal alles zu erleben, was man schon lange aufgeschoben hat? Nein, sagt Bowley: «Ich habe keine Bucketlist!» Die Psychologin hat die ganze Welt bereist. Sie habe immer das gemacht, was sie erfüllte, sagt sie. Auch beruflich: «Ich habe mein Leben fürs Arbeiten gelebt.»

In der Region bekannt geworden ist die in Aesch aufgewachsene Bowley unter anderem als Fachstellenleiterin Tabakprävention der Lungenliga beider Basel und als Geschäftsleiterin des Vereins «Gsünder Basel». Zuletzt arbeitete sie als selbstständige Gesundheitspsychologin. Bowley schöpft Kraft aus dem Geben: «Ich möchte etwas für die Gemeinschaft machen. Ich finde Schenken etwas Schönes.» Mit der Krankheit habe sie aber auch gelernt, Hilfe anzunehmen und sich dessen mehr bewusst zu werden, wer sie sei. «Heute ist mir so egal, was die Leute von mir denken!»

Die Achterbahn des Lebens

Als das Leben ihr eine zweite Chance gibt, zieht bei Michèle Bowley Hund Chico ein. Er hält sie auf Trab, bringt Leben in ihre Wohnung. Auch ihr Ex-Mann kümmert sich um Bowley – ihre Beziehung sei seit der Diagnose wieder enger geworden.

Die lebensfrohe Bowley begleitet weiterhin Menschen in schwierigen Situationen. «Lebe dein Leben jetzt! Finde heraus, was dich glücklich macht, und lebe achtsam!», sagt sie ermutigend – ganz die Psychologin eben. Michèle Bowley liebt ihren Beruf, liebt das Leben, liebt die Menschen. Sie gibt mit vollem Herzen. Auch jetzt noch, als sie langsam schwächer wird.

Vor kurzem sind die Metastasen zurückgekommen. Die Achterbahn des Lebens hat ihren Kurs gewechselt. Ob sie jetzt doch noch etwas Bestimmtes erleben will? «Ja, vielleicht eine feine Zimtschnecke essen», sagt sie strahlend.

Heute Abend hält die Lebenskünstlerin eine Lesung in der Gemeindebibliothek in Aesch. Es könnte ihre letzte sein, sagt sie. Für Michèle Bowley wäre das in Ordnung. Sie ist bereit, loszulassen.

«Volle Pulle Leben. Lebe deins – jetzt». Lesung mit Michèle Bowley. Heute Donnerstag, 24. August, 19 Uhr in der Gemeindebibliothek Aesch. Türöffnung: 18.30 Uhr. Eintritt: 10 Franken, Jugendliche bis 20 Jahre kostenlos.

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