Die Kunst des Alterns

Am letzten Samstag fand im katholischen Pfarreiheim Aesch der 13. Seniorentag des Seniorenrats Aesch-Pfeffingen statt. Professor Andreas Brenner nahm das Publikum auf eine Reise durch die Kunst des Alterns mit.

«Alle wollen alt werden, aber niemand will alt sein»: Andreas Brenner, Lehrbeauftragter im Fach Philosophie an der Uni Basel, erläuterte in seinem Referat, dass Altwerden seit dem 17. Jahrhundert stetig abgewertet wurde.  Foto: Thomas Brunnschweil
«Alle wollen alt werden, aber niemand will alt sein»: Andreas Brenner, Lehrbeauftragter im Fach Philosophie an der Uni Basel, erläuterte in seinem Referat, dass Altwerden seit dem 17. Jahrhundert stetig abgewertet wurde. Foto: Thomas Brunnschweiler

Rund 140 Personen hatten sich im Pfarreiheimsaal eingefunden. Toni Bärlocher, Präsident des Seniorenrats, stellte den Referenten vor. Professor Andreas Brenner ist im Fach Philosophie Lehrbeauftragter der Uni Basel und Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Er erklärte, der biologische Alterungsprozess, den man nicht lernen müsse, gehöre zur Natur, der soziale zur Kultur. «Zur Kultur gehört etwa auch, dass Sie sich hier zu diesem Anlass eingefunden haben», sagte Brenner. «Wir wollen selbstbestimmt leben und müssen lernen, nicht auf die Einflüsterungen der Beschleunigungskultur zu hören.» Danach kam er auf die Philosophie zu sprechen. Kinder seien die besten Philosophen, weil sie pausenlos die Warum-Frage stellten. Am Anfang der Philosophie stünden das Staunen und das Befragen der Welt. Alte Menschen seien gut beraten, den Mut und die Unerschrockenheit aufzubringen, eigene Wünsche zu formulieren und sich von hergebrachten Vorstellungen und äusseren Zwängen zu befreien. Auch sollten sie alles hinterfragen. Der Weg zu solch echtem Selbstbewusstsein sei schwierig, da wir uns stets mit anderen verglichen. Das Hochschaukeln scheinbar eigener Wünsche führe direkt ins Unglück. Dies sei «die Falle des modernen Menschen».


Von der Abwertung des Alters …

Schon seit dem 17. Jahrhundert gebe es eine Abwertung des Alters. Brenner brachte es auf den Punkt: «Alle wollen alt werden, aber niemand will alt sein.» Es gebe in unserer Gesellschaft eine Altersverleugnung bei entsprechendem Jugendkult. Dagegen müsse man Tugenden kultivieren, die schon die alten
Römer Cicero und Seneca angemahnt hätten: die «Reife zum Tode», die Gelassenheit und die Erkenntnis, dass es Altersweisheit gebe, die aus den Lebenserfahrungen gespeist sei. In allen Kulturen sei das Alter derjenige Lebensabschnitt, in dem man nichts mehr müsse. Darum sei der Begriff «Überalterung» eine Beleidigung aller alten Menschen. Nach einer kurzen Pause stellte sich auch Gemeindepräsidentin Marianne Hollinger ein und überbrachte die Grüsse und den Dank des Gemeinderats.


… zur Kunst des Alterns

Das Kurzreferat und die Diskussion zum Satz «Man ist so alt, wie man sich fühlt» war höchst aufschlussreich, da es dem Publikum schwerfiel, eine positive Altersdefinition zu finden. Brenner erläuterte, gerade das «man» im Satz sei gefährlich. Es mache den Sprechenden unangreifbar und grenze alle aus, die diesem scheinbar normativen Satz nicht folgen können. Der Satz sei nicht begründet und behaupte, jünger sei besser als älter. Gerade dynamische Alte griffen zu diesem Satz, um zu sagen: Ich bin noch nicht alt. Dies führe bei anderen zu Selbstvorwürfen und zur schambehafteten Verweigerung fremder Hilfe. Es gelte, die Kunst des Alterns wieder zu entdecken. Es dürfe nicht sein, dass wir im Alter zu allen Gebresten noch beschämt würden. Beim Apéro dieses gehaltvollen Seniorentags ging die Diskussion angeregt weiter.

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